Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.
Vor anderen Leuten reden mit einer Präsentationssoftware. Das ist schon eine Wissenschaft für sich. Nennen wir sie Präsi-Wissenschaft. Leider wird das in den meisten Unternehmen – und auch an vielen Unis – ganz anders gesehen. Da fragt man nicht: Wie präsentiert man am erfolgreichsten? Sondern da gilt: Mach´s wie die Chefin, mach’s wie der Prof. Dann gefällt denen das.
Und so pflanzen sich kontraproduktive Unsitten über Generationen von Mitarbeitern fort. Und Generationen von Kollegen kämpfen dann in Konferenzräumen und Hörsälen weltweit hinter halb runtergelassenen Rollläden gegen den quälenden Powerpoint-Schlaf. Das ist eine ganz schöne Zeitverschwendung.
Wenn Sie erfolgreich präsentieren wollen, hilft nur eins: Durchbrechen Sie diese unheilvolle Tradition! Und machen wir uns immer wieder klar, was eine erfolgreiche Präsentation bedeutet: Sie wollen Ihr Publikum von Ihrem Anliegen überzeugen. Nur darum geht´s. Und mit Langeweile kommen Sie nicht ans Ziel.
Mit den folgenden Leitsprüchen treiben Sie Ihrer Powerpoint-Präsentation radikal die Langeweile aus.
Leitspruch Nummer 1: Du stehst im Zentrum
Powerpoint ist Ihr Hilfsmittel. Sie sind nicht der Gehilfe oder die Gehilfin von Powerpoint. Oder Keynote oder wie die Programme alle heißen. Und dass Sie im Rampenlicht stehen, hat nichts mit einem übersteigerten Selbstdarstellungsdrang zu tun. Sondern das ist einfach professionell.
Aus einem simplen Grund: Nichts überzeugt uns besser als ein Mitmensch, der gute Argumente mit Leidenschaft vorträgt.
Wäre das anders, dann könnten Bundeskanzlerinnen, Vorstandsvorsitzende und auch Sie die Botschaften, die Sie rüberbringen wollen, auch einfach aufschreiben und per Mail verschicken. Und in der Tat denken viele: Das, was aufgeschrieben wurde, hat irgendwie eine größere Überzeugungskraft als das Gesagte. Weil das da so unauslöschbar steht. Aber auch im Land vom Erfinder des Buchdrucks gilt: Schrift ist nur ein Vehikel, um das gesprochene Wort zu konservieren und zu reproduzieren. Dass Sie persönlich Ihre Botschaft vermitteln, ist so gesehen ein Luxus für die Anderen. Und für Sie: Denn persönlich verfängt einfach besser.
Viele Präsentatoren verfallen aus Lampenfieber dem Drang, die Aufmerksamkeit der Zuhörer von sich abzulenken auf die Folien, die da so schön an der Wand leuchten. Motto: „Da vorne steht alles.“ Der Effekt ist aber verheerend: Sie sind im besten Fall ab sofort nur noch der Vorleser. Damit haben Sie sich selbst jede inhaltliche Autorität genommen. Im schlimmsten Fall denkt sich Ihr Publikum sogar: „Ruhe da vorne! Wie soll ich denn so lesen?“
3 Vorüberlegungen, bevor Sie eine Präsentation anfangen
„Nicht jedes Vortragsthema eignet sich für eine Powerpoint-Präsentation“, sagt Jeannine Halene. Alternativen seien die Programme Keynote - das Apple-Pendant zu PowerPoint - und Prezi, ein unabhängiges Präsentationsprogramm. „Manchmal empfehle ich auch ein Dialogbild als Alternative“, sagt Halene. Dialogbilder sind große Poster, auf denen zum Beispiel Organisationsabläufe visualisiert sind. „Oder warum nicht auch mal ein Film?“
Es hängt entscheidend davon ab, was eigentlich den Zuhörern vermittelt werden soll, um die geeignete Form zu wählen. Auch hier ist zu überlegen, ob eine Präsentation mit wechselnden Folien und vielen Informationen darauf das Mittel der Wahl ist. „Es ist in Unternehmen so verankert, dass Vortrag gleichzeitig heißt, eine Präsentation zu erstellen, dass gar nicht mehr darüber nachgedacht wird“, sagt die Werbefachfrau.
„Es geht nicht nur um die Präsentation an sich, es geht um den Auftritt“, sagt die Expertin. Grundsätzlich steigen die Möglichkeiten einer Präsentation, wenn der Präsentator für solche Auftritte geeignet ist. Anders ausgedrückt: Bei einem schlechten Redner hilft die beste Präsentation wenig, ein begnadeter Redner kommt im Zweifel auch ganz ohne aus. „Der eine kann super gut frei vortragen, der andere muss sich an Folien festhalten“, sagt Jeannine Halene. Sie empfiehlt, entsprechende Trainings zu absolvieren, wenn man öfter Vorträge halten muss. Ein guter Redner kann mit der Darstellungsweise seines Vortrags leichter spielen und kommt mit einem Dialogbild vermutlich leichter zurecht als ein ungeübter Redner.
Und das reinste Schlafmittel ist der Satz: „Sie bekommen die Präsentation natürlich auch noch einmal per E-Mail.“ Warum um Himmels Willen soll uns jetzt noch ein vernünftiger Mensch aufmerksam zuhören? Wie gesagt: SIE überzeugen mit Leidenschaft besser als jede Folie. Deshalb trauen Sie sich und ziehen Sie alle Aufmerksamkeit auf sich.
Aber wie?
Leitspruch Nummer 2: Der Sinn der Folie erschließt sich erst durch deine Worte
Suchen Sie sich festen Halt. Jetzt kommt´s. Eine gute Powerpoint-Folie lässt sich vom Publikum in drei Sekunden erfassen. Höchstens ausnahmsweise mal in fünf. Wer länger weghört, um zu lesen, der ist raus. Und das ist bitter für Sie. Denn Sie wollen ja erfolgreich sein, erfolgreich bedeutet hier überzeugend sein und am besten überzeugen Sie ganz persönlich mit dem, was Sie erzählen.
Drei Sekunden für eine Folie. Ich weiß: Für viele ist das ein Kulturschock. Die meisten Folien sind von oben bis unten vollgeschrieben mit Überschriften, „Bulletpoints“ und ergänzenden Fakten in kleinen bunten Kästen mit Pfeilen in der Ecke. Wie ein Handbuch. Um das zu erfassen und darüber nachzudenken, braucht man nicht selten gut und gerne eine oder zwei Minuten. Aber hören Sie mal bei einem spannenden Hörbuch eine Minute nicht hin. Dann verlieren Sie den roten Faden. Und genauso geht es Ihrem Publikum.
Stellen Sie die Anderen nicht vor die Entscheidung: lesen oder zuhören. Sondern entrümpeln Sie die Folien. Wie gesagt: Das, was da steht, soll nicht belegen, was sie gerade behaupten. Es soll betonen, was Sie sagen. Punkt.
Damit die Leute Ihnen an den Lippen hängen, müssen Sie – und nur Sie – die Pointen liefern. Alle Knaller, alle Aha-Effekte kommen aus Ihrem Mund. Gönnen Sie den Folien nicht einen einzigen Volltreffer. Sondern nutzen Sie Ihre Folien, um die Spannung zu steigern.
Mal ein Beispiel: Sie haben sich zu Herzen genommen, Ihre Folien in drei Sekunden erfassbar zu machen – das ist wunderbar – und nun werfen Sie vor Ihrem Publikum folgenden Text per Beamer an die Wand:
Eiscreme Sorte „Lakritz-Salzkaramell“
Umsatz: + 11,5%
Und danach sagen Sie so etwas wie: „Kinners, und ich bin besonders stolz, dass sich unser Mut ausgezahlt hat, mal mit einer ungewohnten Sorte auf den Markt zu gehen. Ich spreche von der Geschmacksrichtung Lakritz-Salzkaramell. Da haben wir, ihr seht es schon, unseren Umsatz um elfeinhalb Prozent steigern können. Das ist ein voller Erfolg.“
5 Tipps für die gelungene Präsentation
Was ist die Kernbotschaft? Zu was möchte ich mein Gegenüber bewegen? Wie bringe ich das in die Köpfe der Zielgruppe? Und mit welchem Medium?
Wenn die Entscheidung für PowerPoint gefallen ist, dann muss die Präsentation bei den Zuhörern ein Erlebnis werden, um hängenzubleiben. Das funktioniert zum Beispiel mit Medienbrüchen, dem Einbinden von aktuellen Artikeln, einem Film – all das schafft Aufmerksamkeit.
Besonders gut überlegt sein wollen Anfang und Ende der Präsentation. Am Anfang sollte man mit einem Eisbrecher arbeiten, eine Anekdote, ein aktuelles Ereignis, ein Film. Das Ende sollte ein Cliffhanger sein oder ein call to action, der die Zuhörer aktivieren soll.
Informationen verkaufen sich über Emotionen, damit erreichen Sie Zuhörer leichter als mit nackten Fakten. Also weg mit den Texten und Bulletpoints, her mit den Videos und Bildern!
Ein Extratipp der Präsentationsexpertin Jeannine Halene: Nutzen Sie die Premium-Vorlagen von Powerpoint. "Da liegt der Fokus auf dem Design", so Halene.
Tja, ein Erfolg, den Powerpoint verkündet hat. Nicht Sie. Denn als Sie gerade zum Reden angesetzt haben, da hatte Ihr Publikum den Grund zum Feiern schon längst von der Folie abgelesen.
Nutzen Sie Powerpoint stattdessen als Ihren Steigbügelhalter. Zeigen Sie etwa auf der Folie nichts anderes als fett:
26
Und sagen Sie dabei so etwas wie: „Und jetzt kommt noch eine echte PR-Sensation“.
Und die Leute denken: Was ist 26? Was ist die Sensation? Los, hau raus.
Und dann verkünden Sie die gute Nachricht: „Im vergangenen Jahr sind 26 Presse-Artikel über unsere neuen Eiscreme-Ideen erschienen. Wir sind Trendsetter. Also: Glückwunsch an das ganze Team.“
Dieser 26-Moment wird vielen Ihrer Zuhörer unter die Haut gehen. Und das motiviert.
Trauen Sie sich also: Machen Sie es spannend. Schaffen Sie Pointen. Und entrümpeln Sie dafür Ihre Folien. Um von Ihrem Anliegen zu überzeugen.