Karriereleiter So gelingt der perfekte Einstieg in die Präsentation

Wenn Sie Ihr Publikum von vorne herein maximal mitreißen wollen, um es von Ihrem Standpunkt zu überzeugen, dann verzaubern Sie es mit einem gekonnten originellen Einstieg. Damit schaffen Sie sofort Aufmerksamkeit.

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Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

Mit dem Einstieg in einen tollen Vortrag ist das ja immer so eine Sache. Meistens ginge der viel besser. Aber wie bei so vielen Dingen, die man nicht studiert sondern sich nebenher angeeignet hat, haben wir uns auch beim Einstieg in eine Präsentation angewöhnt, es so zu machen, wie es unsere Lehrer, die Profs und die erfahrenen Kolleginnen immer schon vorgemacht haben. So verharren wir im Alten. Und bleiben unter unseren Möglichkeiten.

Denn beim Aufbau unseres Vortrages darf auf keinen Fall der Maßstab sein: Wie werde ich den Erwartungen der anderen gerecht? Wenn wir so denken, dann wird unser großer Auftritt eben erwartbar. Das beeindruckt keinen.

Machen wir uns immer und immer wieder klar, wozu wir uns überhaupt die Mühe machen, uns stundenlang vorzubereiten und uns dann vor Publikum dem Stress auszusetzen, von allen angestarrt zu werden: Wir wollen alle überzeugen. Wir wollen, dass alle sagen: Jaaaa! 

Hätte sich im Laufe der Jahrzehnte in Abermillionen von Vorträgen auf der ganzen Welt herausgestellt, dass wir mit dem Erwartbaren am besten überzeugen, dann sollten wir immer genau das liefern, was alle sich schon denken können. 

Aber das ist ja nicht so. Wer Erwartbares liefert, langweilt. Und wer gelangweilt ist, schweift gedanklich ab und hört nicht mehr zu. Dann kommen unsere Botschaften schlicht nicht mehr an. Wir könnten dann genauso lächelnd schweigen und die Bürokekse auf dem Konferenztisch vor uns aufessen.

Schlimm ist auch: Wer langweilt, verspielt seine Autorität. Überprüfen wir uns selber: Erinnern Sie sich an eine Situation im Leben, in der Sie gesagt haben: Der oder die war zwar langweilig, aber ich fand den und die richtig überzeugend? So! Das Prädikat „langweilig“ ist ein Makel. Wer langweilt, verspielt unnötig Reputation. Inhaltlich mag alles richtig sein, aber es zündet nicht. Es überzeugt die Leute nicht richtig. 

Wie aber verhindern wir, dass wir die anderen einlullen und damit nicht mehr überzeugen?

Die Zuhörer müssen uns 1. an den Lippen kleben und 2. das, was wir sagen, toll finden. Diese Aufteilung ist aber eigentlich klar. Wer direkt anfängt, die Anwesenden der Reihe nach zu beleidigen oder zu ohrfeigen, der wird ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit ernten, aber die Leute werden dies nicht sonderlich mögen. 

Graben wir uns also mal gedanklich rein: Wie steigen wir optimal ein? 

Ich würde es so machen. Fragen wir uns: Wie läuft ein üblicher Einstieg? Und dann versuchen wir, es anders zu machen, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer von der ersten Sekunde an zu ergattern. Nach dem Motto: Das ist ja mal was anderes. 

Also, wie läuft es üblicherweise?

„Ja, guten Tag, meine Damen und Herren, ich freue mich, dass Sie mich eingeladen haben. Erlauben Sie mir, dass ich mich erst einmal vorstelle…“ 

Und dann kommen 90 Sekunden zu „Wer bin ich?“ als der erste Aspekt Ihres Überzeugungsangriffs. Das bedeutet also, Sie glauben: Die Leute wissen nicht, wer Sie sind, und ohne das zu wissen, glauben die Ihnen kein Wort. Weil Ihnen deshalb die Autorität als Redner fehlt. Es muss erst einmal Ihre Glaubwürdigkeit aufgebaut werden. 

Stellen Sie sich vor, ein Modell läuft über den Laufsteg und muss dazu sagen: „Ich bin hier, weil ich gut aussehe.“

Nein. Wir kennen den Effekt aus den Casting-Shows im Fernsehen. Da kommt ein No Name auf die Bühne, stellt sich ans Mikrofon, fängt an zu singen und innerhalb von drei Sekunden jubelt das Publikum. Überzeugt! Da wird gerade ein Stern geboren. Völlig egal, wie der heißt, wo der herkommt oder was der für ein Abschlusszeugnis hat. 

Wenn wir uns erst einmal rechtfertigen müssen dafür, dass wir hier reden dürfen, dann läuft etwas schief. Deshalb: Sorgen Sie vor. Damit Sie entspannt den perfekten ersten Aufschlag hinlegen können, versorgen Sie vorab, wenn nötig auf anderem Weg, die Zuhörer mit den nötigen Infos über Sie. Lassen Sie die Fakten etwa vorab auf der Leinwand einblenden, bevor Sie auf die Bühne gehen. Oder noch besser: Bitten Sie den Gastgeber, ein paar Worte darüber zu verlieren, warum genau Sie die Rednerin oder der Redner der Stunde sind. Seien Sie nicht zu bescheiden: Schreiben Sie dem Gastgeber das gerne dezidiert auf. Das ist nicht eitel, das ist professionell im Sinne Ihres Anliegens. 

Allerdings lässt sich das im Alltag nicht immer so schön eintüten. Das gebe ich zu. Dann also doch erstmal eine Kurzvita vorab? Denken wir mal schräg (und damit wird es spannend): Was, wenn Sie wie der Sänger in der Show als No Name anfangen und in kürzester Zeit sich alle fragen: Wer ist das eigentlich, der mich da so mitreißt? Wäre das so schlimm?

Ich hatte diese Situation vor etwa einem Jahr. Ich hatte die Aufgabe, vor der Führungsriege eines großen deutschen Konzerns eine Keynote zum Thema Veränderungs-Management zu halten. Einem Teil des Publikums war ich ein Begriff, einem anderen Teil nicht. Locker vorab vereinbart war deshalb, dass mich der Gastgeber kurz vorstellt. Aber dann hatte der sich das offenbar spontan anders überlegt, vielleicht hatte er auch einfach vergessen, sich zwei, drei Dinge aufzuschreiben. Auf der Bühne hat er zumindest gesagt: „Marcus, stellen Sie sich doch einfach am besten selber kurz vor.“

Und dann hat er mich auf die Bühne gewunken. Jetzt musste ich schnell entscheiden: Einstieg umwerfen und mich selber erklären? Ich habe mich dann anders entschieden. Ich habe dann etwas gesagt wie: „Komme ich gleich zu“ und habe dann angefangen, wie ich es vorhatte. In der Hoffnung, die Leute merken schnell: Das ist ein Kommunikations-Fritze, der weiß, wovon er redet. Und erst nach und nach habe ich dann ein paar Infos einfließen lassen, die erklärt haben, was ich sonst so mache im Sinne von: „Wenn ich sonst Workshops zum Thema Kundenkommunikation gebe…“ oder „wenn ich mit Leuten Kameratraining mache…“ und so weiter. 

Auf diese Weise umgehen auch Sie die Selbst-Inszenierung vorab. Und haben Luft für Spannenderes.

 

Wahren Sie Ihren roten Faden wie einen Schatz

Anderer typischer Einstieg: „Lassen Sie mich als erstes einmal einen Überblick geben über das, was ich Ihnen in den kommenden Minuten erzählen möchte. Als erstes: Wo stehe wir gerade mit unserem erfolgreichsten Projekt. Dann ein paar Beispiele, was wir im Anstich haben wie unser Nachwuchsförderungsaktionszeug und dann am Ende der Blick aufs nächste Jahr. Da geht es dann vor allem um die Neuausrichtung unserer Markenstrategie mit dem neuen Claim: Because we care.“ 

Und die Leute denken: Nee, gut, weiß ich Bescheid. Die Zusammenfassung hab ich drauf. Man hört förmlich das Fiepen, wenn die Luft entweicht. Verraten Sie nicht, was Sie wann erzählen werden. Ihr roter Faden ist eigentlich aus Gold. Wahren Sie ihn wie einen Schatz. Stellen Sie sich vor, Sie starten eine Thriller-Serie bei Netflix und bevor die erste Folge losgeht, kommt direkt nach dem Logo eine Inhaltsangabe, die verrät: „Und am Ende wird der Mörder erschossen.“

Also, eine gute Serie führt uns an der Hand durch die Handlung und hält unsere Neugier am Köcheln. So, dass wir am liebsten einen Sonntag lang zwei Staffeln am Stück durchgucken. 

Ihre Dramaturgie geht keinen etwas an. Die Leute sollen nicht auf die Einlösung des Angekündigten warten. Das zieht nicht genug. Nutzen Sie ihren Aufbau, um ihre Zuhörer zu überraschen und neugierig zu halten. 

Blöd ist auch, wenn Sie neben Ihrer Präsi oder ihrem Vortrag auch noch die Verantwortung aufgebrummt bekommen, parallel den Laden am Laufen zu halten. Im Stil von: „Bevor wir loslegen, noch ein paar organisatorische Geschichten. Wenn Sie zum Wachwerden noch einen Kaffee brauchen, bedienen Sie sich gleich in der Pause um 10.45 Uhr am Büffet. Und sollten Sie das dringende Gefühl verspüren, den Kaffee wieder wegzubringen: Die Toiletten finden Sie im Untergeschoss.“

Das ist zwar alles auch wichtig. Aber Sie vergeben damit die Chance des perfekten ersten Eindrucks. Der Knalleffekt im Sinne Ihrer Sache ist halb verraucht, wenn Sie erstmal die Kaffee-Frau oder der Toiletten-Mann sind. Solche Infos blenden Sie am besten vorab auf einem Präsi-Standbild ein, das im Design sichtbar nicht im Zusammenhang mit Ihrem Anliegen steht. Oder Sie bitten jemanden anderen, die Pausenzeiten und so weiter zu erklären. Gönnen Sie sich den Auftritt eines Stars. Es geht um Ihr Anliegen zu überzeugen. 

So, jetzt wissen wir, wie man am besten nicht einsteigt. Aber wie denn dann? So, dass den Leuten vor Neugier und Begeisterung der Puls hochgeht. Es lohnt sich, hier Hirnschmalz zu investieren.

Ich habe mal gelesen von einem Künstler, der ist zu Beginn seines Vortrags auf die Bühne gegangen, hat einen Edding gegriffen, hat auf einer Flipchart herumgemalt und hat nach ein/zwei Minuten so etwas gesagt wie: „Hiermit habe ich gerade einen Wert von 5000 Euro geschaffen.“ Es ging in etwa darum, wie man zu Erfolg kommt, wenn man sich traut, im Leben zu tun, wovon man träumt.

Ich selber habe zu Beginn eines Vortrags zum Thema „Radikal umdenken im Job“ ein kleines Handy-Video gezeigt von einer Spinne, die einige Tage zuvor an der Wand in meinem Büro hochgekrabbelt war. Auf die Leinwand des Tagungsraums projiziert sah die Kleine schon ganz beeindruckend aus. Dann sofort die Frage an die Leute: „Mal Hand hoch. Wer findet das Tierchen eklig? - Etwa ein Drittel. Ok. Jetzt Hand hoch: Wen lässt das Tierchen eher kalt? Über die Hälfte. - Und wer findet die Spinne eher ganz niedlich? - Auch ein paar Leute. Und jetzt meine These: Wenn es schon möglich ist, zu einer kleinen Spinne solch gegensätzliche Haltungen einzunehmen, dann muss es doch auch möglich sein, zu den verwickelten Prozessen und Aufgaben in Ihrem Unternehmen unterschiedliche Haltungen einzunehmen. Wie kriegen Sie also das Umdenken in Ihren Teams hin?“

Starten Sie mit herzzerreißenden Anekdoten: „Ich möchte Ihnen gerne von dem Moment in meinem Leben erzählen, an dem ich für immer zum Vegetarier geworden bin.“

Starten Sie mit einer Umfrage: „Man alle aufstehen. Und jetzt setzen sich bitte alle, die in den vergangenen sieben Tagen mindestens einmal gedacht haben: Ich muss was an meinem Job ändern. Und jetzt setzen sich all diejenigen, die sich sagen: „Ich will mehr Geld verdienen.“ Und so weiter. Am Ende Ihrer Fragen sitzen wahrscheinlich alle. Und haben alle mit Herzblut für sich Entscheidungen in Ihrem Sinne getroffen. Mit körperlichem Einsatz haben sie sich selber gezeigt: Ich habe Änderungsbedarf. Sie sind jetzt offen für Ihre Tipps. Das geht mit praktisch jedem anderen Thema auch.

Sorgen Sie bei Ihrem Einstieg dafür, dass die Leute sofort mit dem Bauch dabei sind. Dass Sie es wie selbstverständlich ohne langes Grübeln einleuchtend finden, was Sie da gerade erzählt oder gemacht haben.

Sie haben es nicht nötig, erstmal mit trockenen Fakten und Titeln und der eigenen Vita zu beweisen, dass Sie tief im Thema sind. Sie haben es erstmal nötig, dass Ihnen alle an den Lippen kleben. Und wenn die Menschen spüren: Das interessiert mich, dann haben Sie sie. Denn Ihr Publikum will mehr. Und das können Sie dann in Ruhe nutzen. Um Ihr Publikum glücklich zu machen. Und sich selber erfolgreich. Weil Sie überzeugen.

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