Karriereleiter So überzeugen Sie mit der 5-Satz-Methode

Erstmal kraftvoll die knackige These raus ballern und danach das Ganze in Ruhe begründen? Risiko! Das verführt die Zuhörer direkt zum Widerspruch. Wenn Sie die Anderen aber mit der 5-Satz-Methode durch Ihre Gedanken führen, können die Ihrem Standpunkt kaum widerstehen.

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Nicht alles, was im Interesse Ihres Publikums ist, ist im Interesse von Ihnen als Redner.

Diese Erkenntnis ist wegweisend, wenn Sie sich gerade überlegen, wie Sie als derjenige, der seine Zuhörer überzeugen will, am besten auftreten sollten. Denn deshalb reden Sie ja vor anderen. Sie wollen sie überzeugen: Sei es von Ihrem Können, Ihrem Standpunkt, Ihrem Produkt oder Ihrem Charisma. Egal, ob Sie auf dem Podium für Ihre Branche oder Partei sprechen oder einen Kunden zur Unterschrift bewegen wollen.

Wenn Sie also für sich geklärt haben, wovon Sie überzeugen wollen, sind Sie beim WIE. Alles, was nicht dazu dient, von Ihrem Anliegen zu überzeugen, kann weg. Alles, was hilft zu überzeugen, ist herzlich willkommen. Aber was ist das? Ich wiederhole:

Nicht alles, was im Interesse Ihres Publikums ist, ist im Interesse von Ihnen als Redner. Denn: Nicht alles, was das Publikum dankbar aufnimmt, überzeugt es von Ihrem Anliegen.

Mal ein Beispiel: Dass Sie die Inhaltsangabe Ihres Vortrags zu Beginn auf einer PowerPoint-Folie an die Wand werfen, das mag die Neugier des Publikums befriedigen. Und wenn Sie die Leute fragen, ob sie gerne wissen möchten, wovon sie in der nächsten halben Stunde zu hören bekommen, dann werden sicherlich die meisten Leute sagen: „Ja, klar. Ich bin neugierig. Sag!“ So gesehen machen Sie Ihr Publikum damit zwar zufrieden. Aber es geht ja darum, es zu überzeugen. Mit Inhaltsangaben reißen Sie den Spannungsbogen ein. Jeder weiß ja schon grob, was kommt.

Fragen Sie die Leute mal, ob sie gerne die Inhaltsangaben der nächsten Episode ihrer Netflix-Serie vorab durchlesen, bevor sie sie starten. Ich kenne keinen, der sich die Spannung auf diese Weise nehmen lässt. Bei Ihrem Vortrag befürchtet zwar keiner vorab einen Spoiler. Denn den Leuten geht es um Infos, nicht um Spannung. Aber hier haben wir es: Ihr Interesse ist ein anderes. Ihnen geht es darum, dass das Publikum Ihnen an den Lippen hängt. Deshalb gilt: Keine Inhaltsangaben vor Vorträgen. Sie profitieren, wenn das Publikum fragt: Worauf will der oder die hinaus?

Und so gesehen ist einleuchtend, dass es auch keine gute Idee ist, in einem Vortrag oder einem Statement direkt die eigene, in einen knackigen Hauptsatz gepackte, These als erstes rauszuposaunen. Das wäre ja wie eine Inhaltsangabe vorab. Die Frage „worauf läuft das hinaus?“ stellt sich damit nämlich gar nicht erst. Die Spannung ist weg.

Okay, eine fesselnde Dramaturgie ist umso weniger wichtig, je kürzer Sie brauchen, Ihren Standpunkt unter die Leute zu bringen. Wenn Sie Ihre Kollegen überzeugen wollen, für den Betriebsausflug dieses Jahr eine Städtereise zu planen, ist es fast egal, ob Sie sagen: „Ich bin dafür, dieses Jahr eine Städtereise zu machen. Die vergangenen fünf Jahre waren wir doch immer schon im Grünen wandern“, oder ob Sie sagen: „Die vergangenen fünf Jahre waren wir doch immer schon im Grünen wandern. Ich bin dafür, dieses Jahr eine Städtereise zu machen.“

Die Dramaturgie der Gedankenreise

Aber wenn Sie Ihr Publikum bei komplexeren Fragen mitnehmen wollen auf eine Gedankenreise, dann sollten Sie eine Dramaturgie aufbauen. Mit der 5-Satz-Methode. Auf den Punkt gebracht funktioniert die so:

1. Satz: Warum rede ich?
Hier geht es um den Anlass, also Thema.

2. Satz: Was ist gerade?
Hier schildern Sie die aktuelle Ausgangslage.

3. Satz: Was müsste sein?
Hier erklären Sie das Ziel, das aus Ihrer Sicht erreicht werden soll.

4. Satz: Wie lässt sich das erreichen?
Ihre Lösung bitte hier.

5. Schlussfolgerung
Geben Sie konkrete Handlungsanweisungen an die Zuhörer. Damit sich wirklich etwas in Ihrem Sinne tut.

Das bedeutet natürlich nicht, dass jeder Punkt wirklich nur aus einem Satz im grammatikalischen Sinne bestehen darf. Sonst wäre der perfekte Vortrag immer nur 45 Sekunden lang. Machen wir es am besten einmal konkret.

1. Satz: Warum rede ich?
Wir befinden uns in Deutschland mitten in der Mobilitätswende. Da werden auch geltende Geschwindigkeitsregelungen hinterfragt. Was ist mit den Tempolimits in der Stadt?

2. Satz: Was ist gerade?
Zurzeit verlieren Pendler jedes Jahr im Stau unserer Städte Tage an Lebenszeit und der CO2-Ausstoß von Autos mit Verbrennungsmotoren heizt den Klimawandel an.

3. Satz: Was müsste sein?
Wir brauchen eine praktikable Lösung, um Stau und CO2-Ausstoß in unseren Städten in den Griff zu kriegen.

4. Satz: Wie lässt sich das erreichen?
Es gilt als erwiesen: Rollt der Stadtverkehr bei Tempo 30, passen durch den geringeren Sicherheitsabstand mehr Autos auf die Straße, ohne dass es sich ballt. Außerdem wird bei geringerer Geschwindigkeit weniger gebremst und beschleunigt. Beide Effekte lassen den Verkehr besser rollen. Es gibt weniger Stau.

Der Schadstoffausstoß von Autos bei Tempo 30 sinkt zwar nicht unbedingt im Vergleich zu Tempo 50, weil nämlich viele Autofahrer in den dritten Gang runterschalten und hochtouriger fahren. Weil aber Staus reduziert werden, sinkt die Fahrzeit, was den Ausstoß von CO2 sinken lässt. Davon profitiert das Klima.

5. Satz: Schlussfolgerung
Was wir brauchen, sind mehr Tempo-30-Zonen in unseren Städten. Wenn Autofahrer erst einmal merken, dass sich die Fahrzeit dadurch sogar reduzieren lässt, wird die Akzeptanz sprunghaft steigen. Das sollten wir in groß angelegten Pilotprojekten testen.

So. Was spricht da noch gegen neue Tempolimits? Sehen Sie. Es fällt sicherlich selbst Anhängern des Leitspruchs von „Freie Fahrt für freie Bürger“ schwer, sich jetzt noch zu empören. Denn jeder ist ja dem geschmeidigen roten Faden gefolgt und musste ja mit Ihnen als Wortführer an Ihr Ziel gelangen: Ihrem Anliegen. Herzlichen Glückwunsch: Sie haben überzeugt!

Stellen Sie sich vor, Sie würden bei Ihrem Vortrag einsteigen mit den Worten „Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Tempo 30 in der Stadt.“ Das sitzt. Aber: Das Risiko wäre groß, dass viele reflexhaft denken: „Wie bitte? Nein! Auf keinen Fall.“ Denn es fehlen ja die Argumente! Formuliert aber jemand erstmal ein „Nein“ in seinem Kopf, dann kann er Ihnen nur noch zustimmen, indem er seine Meinung ändert. Dazu braucht es viel mehr Energie, als ohne eigene Meinung in Ruhe zuzuhören.

Warum aber wird dann so oft eben DOCH die These oder die Forderung als erstes rausgehauen? Antwort: Weil es leider nicht immer nur um die Überzeugungskraft des Redners geht. Gerade in Ankündigungen von Vorträgen, Diskussionsrunden und Fernsehtalkshows wird die Hauptthese des Redners gerne wie eine Parole vorab in die Welt gesendet:

„Und das sind unsere Gäste. Marcus Werner: Er sagt: Wenn wir innerorts nicht bald flächendeckend Tempo 30 einführen, dann sterben unsere Städte elendig am Verkehrsinfakt.“ Oder ähnlich zugespitzt. Nicht selten kräuseln die Gäste der Vorstellungsrunde von Talkshows dabei in Nahaufnahme die Stirn - soll heißen: So verkürzt sehe ich es nun auch wieder nicht. Denn sie ahnen: Für diese steile These müssen sie sich nun eher rechtfertigen, als elegant auf sie hinleiten zu können.

Aber es geht der Redaktion am Anfang eines Fernsehtalks ja nicht darum, es den Diskutanten in der Runde von vorneherein leicht zu machen, alle von ihren Standpunkten zu überzeugen. Es geht darum, die Zuschauer reinzuziehen und an die Sendung zu fesseln. Da muss es knallen und ein Zuschauer, der überrascht denkt: „Das darf doch wohl nicht wahr sein“, bleibt eher dran, als einer, der gesagt bekommt: „Und das sind unsere Gäste: Marcus Werner. Er wird uns gleich mal Schritt für Schritt erklären, was er von Tempo 30 in der Stadt hält.“ Ist halt so. Nicht alles, was im Interesse des Publikums ist, ist im Interesse von Ihnen als Redner.

Aber dort, wo Sie die Chance haben, Ihre These nach der 5-Schritt-Methode zu entwickeln, ohne direkt unterhaltsam die Bombe platzen lassen zu müssen, nehmen Sie sich die Zeit. Nochmal zum Mitschreiben:
Satz 1: Warum rede ich?
Satz 2: Was ist gerade?
Satz 3: Was müsste sein?
Satz 4: Wie lässt sich das erreichen?
Satz 5: Schlussfolgerung

Auch wenn Sie direkt nach der These gefragt werden. Erliegen Sie nicht der Versuchung, die Antwort schnell hinzuknallen.

Werden Sie also in einem Meeting gefragt: „Was meinst du? Wie können wir künftig unsere Mitarbeiter fortbilden?“, dann antworten Sie nicht direkt: „Wir sollten in Konferenzen einfach mal gemeinsam Wiwo-Podcasts hören.“ Die Leute würden vielleicht stutzen. Sondern führen Sie elegant in fünf Schritten dort hin. Das ist doch eine einfache Übung. Sie haben schließlich alle guten Argumente auf Ihrer Seite.

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