Karriereleiter So gelingt der perfekte Einstieg in die Präsentation

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Wahren Sie Ihren roten Faden wie einen Schatz

Anderer typischer Einstieg: „Lassen Sie mich als erstes einmal einen Überblick geben über das, was ich Ihnen in den kommenden Minuten erzählen möchte. Als erstes: Wo stehe wir gerade mit unserem erfolgreichsten Projekt. Dann ein paar Beispiele, was wir im Anstich haben wie unser Nachwuchsförderungsaktionszeug und dann am Ende der Blick aufs nächste Jahr. Da geht es dann vor allem um die Neuausrichtung unserer Markenstrategie mit dem neuen Claim: Because we care.“ 

Und die Leute denken: Nee, gut, weiß ich Bescheid. Die Zusammenfassung hab ich drauf. Man hört förmlich das Fiepen, wenn die Luft entweicht. Verraten Sie nicht, was Sie wann erzählen werden. Ihr roter Faden ist eigentlich aus Gold. Wahren Sie ihn wie einen Schatz. Stellen Sie sich vor, Sie starten eine Thriller-Serie bei Netflix und bevor die erste Folge losgeht, kommt direkt nach dem Logo eine Inhaltsangabe, die verrät: „Und am Ende wird der Mörder erschossen.“

Also, eine gute Serie führt uns an der Hand durch die Handlung und hält unsere Neugier am Köcheln. So, dass wir am liebsten einen Sonntag lang zwei Staffeln am Stück durchgucken. 

Ihre Dramaturgie geht keinen etwas an. Die Leute sollen nicht auf die Einlösung des Angekündigten warten. Das zieht nicht genug. Nutzen Sie ihren Aufbau, um ihre Zuhörer zu überraschen und neugierig zu halten. 

Blöd ist auch, wenn Sie neben Ihrer Präsi oder ihrem Vortrag auch noch die Verantwortung aufgebrummt bekommen, parallel den Laden am Laufen zu halten. Im Stil von: „Bevor wir loslegen, noch ein paar organisatorische Geschichten. Wenn Sie zum Wachwerden noch einen Kaffee brauchen, bedienen Sie sich gleich in der Pause um 10.45 Uhr am Büffet. Und sollten Sie das dringende Gefühl verspüren, den Kaffee wieder wegzubringen: Die Toiletten finden Sie im Untergeschoss.“

Das ist zwar alles auch wichtig. Aber Sie vergeben damit die Chance des perfekten ersten Eindrucks. Der Knalleffekt im Sinne Ihrer Sache ist halb verraucht, wenn Sie erstmal die Kaffee-Frau oder der Toiletten-Mann sind. Solche Infos blenden Sie am besten vorab auf einem Präsi-Standbild ein, das im Design sichtbar nicht im Zusammenhang mit Ihrem Anliegen steht. Oder Sie bitten jemanden anderen, die Pausenzeiten und so weiter zu erklären. Gönnen Sie sich den Auftritt eines Stars. Es geht um Ihr Anliegen zu überzeugen. 

So, jetzt wissen wir, wie man am besten nicht einsteigt. Aber wie denn dann? So, dass den Leuten vor Neugier und Begeisterung der Puls hochgeht. Es lohnt sich, hier Hirnschmalz zu investieren.

Ich habe mal gelesen von einem Künstler, der ist zu Beginn seines Vortrags auf die Bühne gegangen, hat einen Edding gegriffen, hat auf einer Flipchart herumgemalt und hat nach ein/zwei Minuten so etwas gesagt wie: „Hiermit habe ich gerade einen Wert von 5000 Euro geschaffen.“ Es ging in etwa darum, wie man zu Erfolg kommt, wenn man sich traut, im Leben zu tun, wovon man träumt.

Ich selber habe zu Beginn eines Vortrags zum Thema „Radikal umdenken im Job“ ein kleines Handy-Video gezeigt von einer Spinne, die einige Tage zuvor an der Wand in meinem Büro hochgekrabbelt war. Auf die Leinwand des Tagungsraums projiziert sah die Kleine schon ganz beeindruckend aus. Dann sofort die Frage an die Leute: „Mal Hand hoch. Wer findet das Tierchen eklig? - Etwa ein Drittel. Ok. Jetzt Hand hoch: Wen lässt das Tierchen eher kalt? Über die Hälfte. - Und wer findet die Spinne eher ganz niedlich? - Auch ein paar Leute. Und jetzt meine These: Wenn es schon möglich ist, zu einer kleinen Spinne solch gegensätzliche Haltungen einzunehmen, dann muss es doch auch möglich sein, zu den verwickelten Prozessen und Aufgaben in Ihrem Unternehmen unterschiedliche Haltungen einzunehmen. Wie kriegen Sie also das Umdenken in Ihren Teams hin?“

Starten Sie mit herzzerreißenden Anekdoten: „Ich möchte Ihnen gerne von dem Moment in meinem Leben erzählen, an dem ich für immer zum Vegetarier geworden bin.“

Starten Sie mit einer Umfrage: „Man alle aufstehen. Und jetzt setzen sich bitte alle, die in den vergangenen sieben Tagen mindestens einmal gedacht haben: Ich muss was an meinem Job ändern. Und jetzt setzen sich all diejenigen, die sich sagen: „Ich will mehr Geld verdienen.“ Und so weiter. Am Ende Ihrer Fragen sitzen wahrscheinlich alle. Und haben alle mit Herzblut für sich Entscheidungen in Ihrem Sinne getroffen. Mit körperlichem Einsatz haben sie sich selber gezeigt: Ich habe Änderungsbedarf. Sie sind jetzt offen für Ihre Tipps. Das geht mit praktisch jedem anderen Thema auch.

Sorgen Sie bei Ihrem Einstieg dafür, dass die Leute sofort mit dem Bauch dabei sind. Dass Sie es wie selbstverständlich ohne langes Grübeln einleuchtend finden, was Sie da gerade erzählt oder gemacht haben.

Sie haben es nicht nötig, erstmal mit trockenen Fakten und Titeln und der eigenen Vita zu beweisen, dass Sie tief im Thema sind. Sie haben es erstmal nötig, dass Ihnen alle an den Lippen kleben. Und wenn die Menschen spüren: Das interessiert mich, dann haben Sie sie. Denn Ihr Publikum will mehr. Und das können Sie dann in Ruhe nutzen. Um Ihr Publikum glücklich zu machen. Und sich selber erfolgreich. Weil Sie überzeugen.

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