Anti-Terrorkampf Obama räumt "verheerende Fehler" ein

In einer Botschaft von seinem Urlaubsort in Hawaii hat US-Präsident Barack Obama "potenziell katastrophale" Mängel im amerikanischen Sicherheitssystem eingestanden und den eigenen Sicherheitsbehörden verheerende Fehler vorgeworfen. Es seien eindeutige Warnungen übersehen worden, der Attentäter hätte kein US-Flugzeug betreten dürfen. Nun kundschaftet das US-Militär offenbar bereits El-Kaida-Stellungen im Jemen für mögliche Angriffe aus.

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Gab in seinem Feriendomizil auf Hawaii eine Erklärung ab: US-Präsident Barack Obama. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

HB WASHINGTON/SANAA. Nach dem vereitelten Attentat mahnte Obama einen genauen Bericht an. Der Fall müsse geklärt, die Verantwortlichen "auf allen Ebenen" zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Obama am Dienstag. "Es gab eine Mischung aus menschlichem und systemischem Versagen, die zu dieser potenziell katastrophalen Sicherheitslücke beigetragen hat". Damit korrigierte der US-Präsident die Aussagen von Regierungsmitgliedern, "das System habe funktioniert". Die Geheimdienste hätten vorliegende Informationen miteinander teilen und dann zusammenstellen müssen, dann hätte es zusammen mit anderen Hinweisen ein "volleres, klareres Bild" des Verdächtigen ergeben, sagte Obama in seinem Feriendomizil auf Hawaii. Alle Warnleuchten hätten angehen müssen.

Sowohl Heimatschutzministerin Janet Napolitano als auch Obamas Pressesprecher Robert Gibbs hatten noch am Wochenende im Fernsehen behauptet, die Sicherheitsvorkehrungen hätten gegriffen. Damit erweckten sie den Eindruck, der Regierung sei die Tragweite des Falls nicht bewusst und sie wolle von ihrer Verantwortung ablenken. Napolitano hat von ihrer Aussage inzwischen wieder abrücken müssen. Als Reaktion auf die bekanntgewordenen Sicherheitsmängel werden die Maßnahmen in den USA nun überprüft. Am Donnerstag sollten dem Weißen Haus erste Erkenntnis vorgelegt werden, erklärte Obama. "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die Probleme schnell diagnostizieren."

Obamas Mitarbeiter erklärten, der Präsident habe sich entschlossen, zum zweiten Mal binnen zwei Tagen eine Erklärung zu dem Thema abzugeben, weil ihm bei der morgendlichen Lagebesprechung am Dienstag neue Informationen vorgelegt worden seien, die im Besitz der Behörden gewesen seien. Darin sei es um die Aktivitäten des Verdächtigen, seine Ideen und Pläne des Terrornetzwerks El Kaida gegangen.

Der TV-Sender CNN berichtet, der Vater des 23-jährigen nigerianischen Attentäters habe neben dem State Department auch den US-Geheimdienst CIA vor der islamistischen Radikalisierung seines Sohnes gewarnt. Der CIA habe darauf zwar einen Bericht über das Gespräch angefertigt, diesen aber nicht weitergegeben, berichtete der Sender am Dienstag.

Der republikanische Abgeordnete Peter King forderte, der Attentäter Umar Farouk Abdulmutallab solle nicht vor ein Zivilgericht gestellt wird. Stattdessen solle er sich vor einem Militärtribunal verantworten müssen. Die US-Behörden setzen den Prozessauftakt im Bundesstaat Michigan für den 8. Januar an.

Zugleich mehren sich Hinweise, dass das Attentat von langer Hand im Jemen geplant wurde. Zwei von vermutlich vier Drahtziehern sollen Ex-Häftlinge aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo gewesen sein, berichtet der TV-Sender ABC unter Berufung auf Regierungsquellen. Die aus Saudi-Arabien stammenden Ex-Guntánamo-Häftlinge "Nummer 333" und "Nummer 372" seien im November 2007 in ihr Heimatland überstellt worden. Beide hätten später Führungsrollen im Terrornetz El Kaida im Jemen übernommen.

Dagegen meinten jemenitische Sicherheitsorgane, sie hätten über Terror-Kontakte des Nigerianers keine Kenntnis gehabt. "Der Jemen hat über diese Person keine Informationen erhalten, und sie stand auch auf keiner der Terrorlisten, die den jemenitischen Behörden (von den USA) übermittelt wurden", sagte Informationsminister Hassan el Lausi in Sanaa.

Die mutmaßliche Verstrickung von Guantánamo-Häftlingen verstärkt in den USA zugleich den Widerstand gegen Obamas Pläne, das Lager auf Kuba rasch zu schließen. Einwände kommen aus dem Lager der Demokraten und der Republikaner. Nach den Plänen Obamas sollen Dutzende Guantánamo-Häftlinge aus Jemen in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Dies sei angesichts der Erfahrungen unverantwortlich, meinen Kritiker. Obama wollte das Lager ursprünglich bis Januar schließen. Ein Teil der Häftlinge soll in einem Gefängnis im Bundesstaat Illinois untergebracht werden.

Bereits zuvor hatte eine El-Kaida-Regionalorganisation aus dem Jemen die Verantwortung für das Attentat übernommen und mit neuen Terrorakten gedroht. "Ihr werdet bekommen, was ihr fürchtet", heißt es in einer Internet-Botschaft der Organisation namens "El Kaida auf der arabischen Halbinsel".

Regierungsstellen der USA und des Jemen prüfen derzeit einem Bericht zufolge offenbar infrage kommende Ziele für einen Vergeltungsschlag in dem arabischen Land. Es gehe darum, US-Präsident Obama im Falle eines entsprechenden Befehls Optionen präsentieren zu können, berichtete der Fernsehsender CNN unter Berufung auf zwei US-Vertreter. Derzeit werde versucht, Ziele mit einem direkten Bezug zu dem Anschlagsversuch zu identifizieren.

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