Asien Korea profitiert von schwacher Währung

Der Internationale Währungsfonds geht von einem Wirtschaftswachstum in Südkorea im nächsten Jahr von bis zu 4,5 Prozent aus. Damit würde das Land die Wirtschaftskrise als eines der ersten hinter sich lassen. Auch Konsum und Exporte ziehen deutlich an. Dennoch will die Regierung ein neues Konjunkturpaket auflegen - nur zur Sicherheit.

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Viel zu tun: Die südkoreanischen Exporte ziehen wieder an. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

SEOUL. Südkorea lässt die Wirtschaftskrise als eine der ersten Volkswirtschaften vorerst hinter sich. "Unser Konzept zur Bewältigung der Krise scheint funktioniert zu haben", sagte Jong-Won Yoon, Chef des Wirtschaftsplanungsbüros im Ministerium für Strategie und Finanzen in Seoul. Alle Daten weisen derzeit darauf hin, dass die Rückkehr zum Wachstum schneller geht als in den meisten anderen Ländern mit Ausnahme Chinas. Die Notenbank setzte ihre Wachstumsprognose für 2010 kürzlich auf 4,6 Prozent herauf und kündigte an, schon bald die Zinsen wieder zu erhöhen.

Unabhängige Schätzungen bestätigen den Optimismus der offiziellen Stellen. Der Internationale Währungsfonds hat seine Wachstumerwartung für das kommende auf 4,5 Prozent angehoben und rechnet selbst für das laufende Krisenjahr mit einem kleinen Plus - damit hätte das Land im Gegensatz zu den meisten anderen Industrieländern eine Rezession vermieden. "Südkorea gehört zu den Ländern, die sich am schnellsten und deutlichsten erholen", bestätigen die Ökonomen des Währungsfonds.

Das Samsung Research Institute (Seri) prognostiziert in seinem aktuellen Ausblick 2010 eine Rückkehr zum Wachstum von sechs Prozent in der ersten Hälfte des kommenden Jahres. "Danach wird wegen des Auslaufens verschiedener Konjunkturprogramme ein deutliches Nachgeben der Erholung zu verzeichnen sein", erwarten die Ökonomen von Seri. Südkorea ist die viertgrößte Volkswirtschaft in Asien.

Um einem möglichen zweiten Durchhänger des Wachstums entgegen zu wirken, will die Regierung in Seoul zusätzliches Geld locker machen: "Wir dürfen nicht selbstzufrieden sein und müssen vorsorglich zusätzliche Staatsausgaben implementieren", sagte Präsident Lee Myung-Bak am Donnerstag in Seoul. "Falls ein Rückschlag droht, haben wir noch reichlich Spielraum zum Nachlegen und werden ihn auch nutzen", erklärt Spitzenbürokrat Yoon. Südkorea trägt trotz riesiger Konjunkturpakete im Volumen von 40 Prozent des Bruttoinlandprodukts bisher nur eine geringe Schuldenlast.

Als Grund für die vergleichsweise gute Erholung nennt Yoon die Krisenvorsorge nach einem unerwarteten Absturz der Wirtschaft im Jahr 1997. Massenarbeitslosigkeit und eine Pleitewelle waren damals die Folge. Seitdem habe Seoul hart daran gearbeitet, die eigene Verletzlichkeit zu vermindern, so Yoon. Durch hohe Devisenreserven und Hilfsvereinbarungen mit anderen Ländern habe die Notenbank trotz Won-Verfalls Zahlungsschwierigkeiten vermieden. Der Regierung war zudem von Anfang an klar, dass nur gut ausgestattete Programme wie Kurzarbeit oder günstige Mittelstandskredite die Wirtschaft in der Exportkrise stabilisieren konnten.

Noch mehr jedoch dürfte die rasche Abwertung der Landeswährung Won den Koreanern geholfen haben. - direkt nach Ausbruch der Finanzkrise fiel die Währung um rund 40 Prozent, wovon sie seitdem nur etwa die Hälfte wieder aufgeholt hat. Der Elektrokonzern Samsung oder der Autohersteller Hyundai können ihre Waren billiger anbieten und zudem noch einen höheren Gewinn einstreichen. Hyundai gehörte beispielsweise ebenso zu den größten Profiteuren der deutschen Abwrackprämie und baut auch in Indien und China seinen Marktanteil aus. Die Gewinne der Unternehmen im südkoreanischen Börsenindex Kospi werden 2010 um 30 Prozent steigen, prophezeit die US-Bank Morgan Stanley. Südkorea sei zudem der größte Nutznießer der ungebrochenen Nachfrage aus China, sagt deren Korea-Spezialist Chanik Park.

Es ist daher fraglich, ob ein neues Konjunkturpaket überhaupt nötig wird. Der Export wird zwar nach Regierungsschätzungen in diesem Jahr um 0,1 Prozent gefallen sein, hat aber im dritten Quartal mit einem Anstieg von 5,2 Prozent wieder nach oben gedreht. Im gleichen Zeitraum wuchs die Wirtschaft insgesamt um 3,2 Prozent, wie die Zentralbank in Seoul mitteilte. "Korea ist in eine Erholungsphase eingetreten", urteilen Forscher des Korea Development Institute. Auch der Konsum komme wieder zurück.

Wenn der Trend anhält, könnte 2010 ein wirtschaftliches Erfolgsjahr für Südkorea werden: Nach Abschluss eines Freihandelsvertrags mit der EU werden beide Seiten schon bald beginnen, die Zölle zu senken. Ein ähnliches Abkommen mit den USA, das seit rund zwei Jahren auf Eis liegt, könnte ebenfalls in absehbarer Zeit in Kraft treten. Angesichts des Rückenwinds klotzt die Regierung mit ehrgeizigen Plänen, statt zu kleckern. Präsident Lee kündigte an, sein Land bis 2014 zum achtgrößten Exporteur weltweit machen zu wollen. Korea liegt bereits auf dem neunten Platz vor Großbritannien. Dazu wäre ein jährliches Exportwachstum von 12,5 Prozent nötig, was Experten für schwierig halten. "Wenn es den Lehman-Schock nicht gegeben hätte, wäre das vielleicht möglich gewesen. Doch derzeit erscheint der weitere Aufstieg nicht so wahrscheinlich, weil das Handelsniveau so stark gesunken ist", sagt Ökonom Hong.

Doch die Hoffnung der Regierung auf eine weitere Ausweitung des Außenhandels hat eine konkrete Grundlage: die jahrezehntealte Strategie, ein weltweites Freihandelsnetz aufzubauen. Während Nachbar Japan mit seinen Verhandlungen nicht richtig vorankommt, hat Korea bereits sieben wichtige Verträge abgeschlossen - unter anderem mit der EU, mit den USA und mit Indien.

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