Auch Nahost-Quartett berät Hilfloser EU-Appell im Nahost-Konflikt

Es klingt etwas hilflos, was die EU-Außenminister von Israel und von der Hamas fordern: Dass beide Seiten die Waffen schweigen lassen, "sofort und dauerhaft".

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Selbst in Dubai kommt es zu stillem Protest gegen die Gewalt im Gazastreifen. Quelle: ap

HB PARIS/BERLIN. Eigentlich hatten die EU-Außenminister lediglich einen "humanitären Waffenstillstand" fordern wollen, zeitlich begrenzt und mit konkreten Bedingungen verbunden. Dieser hätte es den Betroffenen leichter gemacht, sich darauf einzulassen. Anschließend hätte man weiter verhandeln können.

Doch dazu kam es nicht: Zum einen ließen die Israelis schnell wissen, dass sie der Hamas keine Ruhepause gönnen wollten. So sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Matan Vilnai, Israel sei zu "langen Wochen des Kampfes" bereit. Und zum anderen forderte das Nahost-Quartett ebenfalls die sofortige umfassende Waffenruhe. Da hätte es seltsam ausgesehen, wenn die Europäer nur 48 Stunden gefordert hätten, wie der französische Außenminister Bernard Kouchner es vorgeschlagen hatte.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte seinen Staatsminister Günter Gloser geschickt. Aber zuvor hatte er aus dem Weihnachtsurlaub viel telefoniert, um - so seine Worte - "Wege aus der Spirale der Gewalt" zu finden. Gloser zeigte sich am Abend zufrieden mit dem Ergebnis. Es sei eine wichtige Voraussetzung, um eine dauerhafte Waffenruhe zu erreichen, sagte er - und lobte die europäische Geschlossenheit.

Möglicherweise liegt darin die eigentliche Bedeutung des Treffens. Es sieht nicht so aus, als ließe Israel sich so schnell von seiner militärischen Strategie im Gazastreifen abbringen. Allzu groß scheint der Wille, die Infrastruktur der Hamas dauerhaft zu zerstören. Doch für die gemeinsame europäische Außenpolitik, an der der französischen EU-Ratspräsidentschaft so sehr gelegen war, bedeutet es immerhin wieder einen kleinen Schritt nach vorn.

Die Zahl der bei den israelischen Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist unterdessen am Dienstag nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza auf rund 350 gestiegen. Mehr als 1 800 Menschen hätten Verletzungen erlitten. Die Zahl der Toten auf israelischer Seite liegt bei vier.

Erstmals sind am Dienstagabend zwei aus dem Gazastreifen abgefeuerte Raketen in der israelischen Wüstenstadt Beerschewa eingeschlagen. Israelische Medien berichteten, eine der Grad-Raketen habe ein leeres Gebäude getroffen, das als Kindergarten diente. Die Entfernung zwischen Beerschewa und dem Gazastreifen beträgt etwa 40 Kilometer. Zwei Menschen hätten einen Schock erlitten.

Zu Beginn des Konfliktes war die Haltung der Europäer keineswegs einheitlich. Deutschland hatte sich deutlicher hinter Israel als die meisten anderen Europäer. Kanzlerin Angela Merkel wies der Hamas ausdrücklich die alleinige Schuld an der jüngsten Eskalation zu. Man dürfe im Nahen Osten "Ursache und Wirkung nicht vertauschen". Im Gegensatz zu Steinmeier verzichtete sie auf einen Hinweis an Israel, das "Gebot der Verhältnismäßigkeit" zu beachten.

Mitte Dezember hatten Frankreich und Deutschland sich gemeinsam dafür eingesetzt, die politischen Beziehungen zu Israel zu intensivieren. Auf diese Weise erhoffte man sich eine Verbesserung der humanitären Lage in den palästinensischen Gebieten. Kritiker werfen der EU vor, Israel auf diese Weise einen "Blankoscheck" ausgestellt zu haben.

Für Frankreich war das über Nacht einberufene Außenministertreffen eine Art Abschiedsvorstellung nach einem halben Jahr Ratspräsidentschaft. Dass Europa im Nahen Osten auf diese Weise Frieden stiften wird, erscheint utopisch. Aber zumindest reden die Europäer auf der internationalen Bühne im Nahen Osten mit einer Stimme. Bislang haben sie sich dort ohnehin meist auf die USA verlassen. Und auch jetzt ruht international die Hoffnung vor allem auf dem künftigen US-Präsidenten Barack Obama.

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