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50 Milliarden Dollar Entschädigung Russland will Yukos-Urteil anfechten

Russland soll ehemaligen Aktionären des zerschlagenen russischen Ölkonzerns Yukos eine Entschädigung von 50 Milliarden US-Dollar zahlen. Moskau will sich gegen das Urteil wehren.

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Der frühere Öl-Milliardär Michail Chodorkowski wurde erst nach zehn Jahren Haft freigelassen. Quelle: dpa

Nach der aufsehenerregenden Zerschlagung des einst weltgrößten Ölkonzerns Yukos hat ein Schiedsgericht Russland zur Zahlung einer Milliarden-Entschädigung verpflichtet. Der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag sprach den früheren Mehrheitsaktionären des Unternehmens des Kreml-Gegners Michail Chodorkowski eine Rekordsumme von 50 Milliarden US-Dollar (37,2 Milliarden Euro) zu. Die Zerschlagung sei politisch motiviert gewesen, hieß es in dem am Montag bekanntgegebenen Urteil.

Die Milliarden-Entschädigung könnte Russland nach den Sanktionen im Zuge der Ukraine-Krise vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Das Finanzministerium kündigte an, die Verurteilung juristisch anzufechten. Das Gericht habe Beweismittel einseitig gewertet, erklärte das Ministerium. Auch widerspreche der Richterspruch Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser habe in dem Vorgehen gegen die Yukos-Aktionäre wegen Steuerhinterziehung keine politischen Motive und keine Menschenrechtsverletzung festgestellt. Russland werde nun vor niederländische Gerichte gehen „und erwartet dort das gerechte Ergebnis“, hieß es in der Mitteilung.

Chronologie des Falls Michail Chodorkowski

Chodorkowskis Yukos-Konzern war Anfang des Jahrtausends aufgelöst worden. Der russische Staat und Gerichte warfen dem einst reichsten russischen Ölmagnaten und mehreren seiner Geschäftspartner schwere Wirtschaftsstraftaten vor. Chodorkowski kam jahrelang in Lagerhaft und erst nach einer Begnadigung durch Präsident Wladimir Putin kurz vor Weihnachten 2013 frei.

Chodorkowski begrüßt Entscheidung

Der mittlerweile in der Schweiz lebende Kreml-Gegner begrüßte die Entscheidung des Schiedsgerichts. „Es ist fantastisch, dass den Yukos-Aktionären eine Chance auf Schadenersatz gegeben wird“, erklärte er. Zugleich verwies Chodorkowski darauf, nicht finanziell von dem Richterspruch zu profitieren.

Die Bundesregierung nahm die Entscheidung zur Kenntnis, wollte sie auf der Regierungspressekonferenz in Berlin aber nicht näher kommentieren.

Frühere Aktionäre fühlen sich durch die Zerschlagung des Ölkonzerns quasi enteignet. Ein Teil zog daher vor den internationalen Schiedsgerichtshof. Bei den Klägern handelt es sich um die Besitzer der Group Menatep Limited (GML), der zuletzt Yukos mehrheitlich gehörte. Sie hatten rund 100 Milliarden Dollar Entschädigung gefordert.

Konzern sollte in Bankrott getrieben werden

Der vorrangige Grund für die Yukos-Zerschlagung sei nicht das Eintreiben von Steuern gewesen, sondern den Konzern in den Bankrott zu treiben, hieß es in der Entscheidung der drei Richter. Es war das größte Verfahren in der Geschichte der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, die Verhandlungen erstreckten sich über fast zehn Jahre. Einen der drei Richter hatte Russland nominiert.

Beide Seiten haben das Recht, die Entscheidung vor einem ordentlichen niederländischen Gericht anzufechten. Dann würden aber nicht noch einmal die Fakten, sondern nur Verfahrensfragen geprüft. Russland werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, sagte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Der Betrag macht mehr als zehn Prozent der russischen Währungsreserven aus. 50 Milliarden Dollar hatte Russland in etwa auch für die Olympischen Winterspiele in Sotschi ausgegeben.

Die Gegenseite zeigte sich zuversichtlich, das Geld auch zu bekommen. „Wir haben keinen Anlass zu der Vermutung, dass Russland seinen internationalen Verpflichtungen nicht nachkommt“, sagte Kläger-Anwalt Emmanuel Gaillard in London. GML-Chef Tim Osborne sagte, es gebe eine Strategie, wie das Geld eingetrieben werden soll. Nähere Angaben machte er nicht.

Russland hatte die Aktiva von Yukos über mehrere Jahre bei Auktionen verkauft. Sollte Russland diese Summe zahlen müssen, wäre dies ein schwerer Schlag für die ohnehin von Rezession geplagte Wirtschaft.

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