Abwanderung Chinas Superreiche fliehen ins Ausland

Immer mehr Reiche verlassen ihre Heimat – und wer nicht selbst geht, bringt sein Geld illegal ins Ausland. Schuld daran sind die geringe Lebensqualität und fehlende Anlagemöglichkeiten im Reich der Mitte.

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Galaxy-Kasino in Macau Quelle: Picture Alliance/DPA

Das Galaxy-Kasino in Macau ist ein irrwitziger Ort. Wer genug Geld hat, kann hier Tage verbringen, ohne das Gelände verlassen zu müssen. Die Frauen, die dem Besucher in roten Seidengewändern dauerlächelnd den Weg weisen, sind alle über 1,80 Meter groß – Riesinnen für chinesische Verhältnisse. Es gibt über 100 Restaurants, Cafés, Friseursalons, Gucci- und Versace-Shops, Spas, ein Wellenbad, acht Kinosäle und einen Nachtclub. Den Spielern soll es an nichts fehlen, wenn sie zum Zocken auf die Insel im Mündungsdelta des Perlflusses kommen.

Und es kommen immer mehr. Rund 2800 Betten hat die Anlage im Moment (Preis: bis 2800 Euro die Nacht), doch gerade wird das Galaxy um ein Drittel seiner Fläche erweitert. Eine Million Quadratmeter soll das Gelände danach umfassen. Die Gewinne der Kasinos von Macau wachsen in ähnlich gewaltigen Dimensionen: 38 Milliarden US-Dollar waren es 2012, knapp 14 Prozent mehr als 2011. Das Glücksspielgeschäft in Macau übertrifft das von Las Vegas mittlerweile um etwa das Sechsfache.

„Und das Ende des Booms ist noch nicht erreicht“, sagt Zhonglu Zeng, Ökonom am Macau Politechnic Institute. Grund: „Die Zahl der Millionäre und deren Vermögen auf dem Festland wachsen.“ Macaus Einnahmen kommen nicht von Roulette-Tischen oder einarmigen Banditen, die man mit Cent-Beträgen füttert. 73 Prozent der Kasino-Gewinne werden in VIP-Rooms gemacht, in denen Reiche und Superreiche den Abend mit dem Kartenspiel Baccara verbringen.

Chinas Lage

Bis zu 20.000 Euro Mindesteinsatz

Bei bis zu 20.000 Euro liegt der Mindesteinsatz. Die Gäste sind fast ausschließlich reiche Chinesen vom Festland. Still ist es hier, nur ab und an durchbricht ein Aufschrei die Ruhe – dann hat einer besonders viel gewonnen oder verloren.

Was viele Chinesen an Macaus Spieltische treibt, ist jedoch weniger die Lust am Risiko, sondern nüchternes ökonomisches Kalkül. Wer hier Geld gewinnt, kann sich nämlich in Hongkong-Dollar, Euro oder US-Dollar auszahlen lassen – und schafft es so, einen Teil seines Vermögens an den strengen Kapitalverkehrskontrollen der Regierung vorbei ins Ausland zu bringen. 2011 flossen umgerechnet rund 185 Milliarden US-Dollar vom Festland durch die VIP-Rooms in Macau, schätzt Stephen Green von der Standard Chartered Bank. Wie viel Geld China über die Kasinos von Macau insgesamt verlässt, lässt sich nur mutmaßen. Sicher ist nur: China hat ein Problem mit seinen Reichen.

Reise ins Kasino

Zwischen 2000 und 2011 sind umgerechnet rund 3,8 Billionen US-Dollar illegal aus China abgeflossen, schätzt eine Studie von Global Finance Integrity, einem Thinktank mit Sitz in Washington. Allein 2011 sollen über diverse Kanäle 600 Milliarden Dollar ins Ausland gewandert sein. Da Chinesen laut Gesetz nur 50.000 Dollar im Jahr aus China ausführen dürfen, nutzen viele Reiche den Weg über die Kasinos in Macau: Ein Reiseanbieter sammelt auf dem Festland Kunden ein, die an einer „Kasino-Reise“ nach Macau interessiert sind. Die Kunden überweisen dem Anbieter einen mindestens sechsstelligen Betrag in Yuan.

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