Ägyptische Börse Gefangen in Kairo

Fast 400 Millionen Euro haben Deutsche in Ägypten angelegt. Denn ägyptische Aktien galten bei mutigen Anlegern als heiße Favoriten. Doch jetzt sind die Aussichten kritisch. Wer vorsichtig ist, steigt aus - wenn er kann. Denn das ist jetzt nicht ganz einfach.

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Ägyptischen Aktien (EGX 30) drohen nach Wiedereröffnung des Handels weitere Rückschläge

Bis Donnerstag, 13. Januar, lief alles glänzend. Ägypten zählte unter den jungen Schwellenländern zu den Aufsteigern, ägyptische Aktien galten bei mutigen Anlegern als heiße Favoriten. Bei einem Stand von 7200 Punkten hatte der führende Aktienindex EGX (siehe Grafik) binnen sechs Monaten gerade einen soliden 20-Prozent-Anstieg absolviert. Die politischen Ereignisse jedoch machen Anlegern jetzt einen Strich durch die Rechnung. Bis Ende Januar krachte der EGX auf 5650 Punkte – mehr als 20 Prozent Verlust in zwei Wochen. Doch es kommt noch schlimmer.

Am 30. Januar wird die Börse erst einmal dichtgemacht. Wer jetzt noch ägyptische Papiere hat, ist gefangen. „Wegen der vorübergehenden Schließung der ägyptischen Börse ist unser Egyptian-Exchange-Indexzertifikat bis auf Weiteres vom Handel ausgesetzt“, sagt Nicolai Tietze, Derivate-Experte der Deutschen Bank. Neben Papieren der Deutschen (DE000DB1CEX1, DE000DB1MEA8) können Anleger auch Zertifikate der Royal Bank of Scotland (NL0000047991) oder von Goldman Sachs (DE000GS0J632) erst einmal nicht mehr verkaufen.

Direkt betroffen von Indexzertifikaten sind nur wenige Anleger. Banken sprechen von „kleinen, sechsstelligen Euro-Beträgen“, auf die es einzelne Zertifikate bringen. Ägyptische Standardaktien dagegen (etwa der Mischkonzern Orascom oder die Commercial International Bank) sind auch in Zertifikaten zum zugkräftigen Thema „Next 11“ vertreten, also in Papieren auf die jungen Aufsteiger-Staaten. Entsprechende Zertifikate sind derzeit zwar handelbar (DE000GS1N111), die Kurse aber zeigen nach unten.

Mit einem blauen Auge davongekommen sind bisher Fonds-Anleger. Der Grund: In den meisten Regionen-Fonds, die in Nordafrika oder im Nahen Osten anlegen, ist der Ägypten-Anteil überschaubar. Insgesamt sind von den 2,4 Milliarden Euro dieser Fonds etwa 390 Millionen in Ägypten angelegt. Mit rund 60 Millionen am meisten investiert haben der DWS Invest Africa (LU0329759764 ) und der Julius Baer Northern Africa (LU0303756539). Der Handel im Baer-Fonds wurde ausgesetzt. Wer kann, nutzt die nächste Gelegenheit zum Verkauf.

Sicherheit geht vor

Die Aussichten bleiben kritisch. „Je länger der rechtsfreie Zustand anhält, umso heftiger werden die Auswirkungen zu spüren sein“, warnt Gabor Sitanyi, Afrika-Experte der Fondsgesellschaft Charlemagne Capital. Zentrale Branchen wie die Touristik – sie allein macht mehr als fünf Prozent der ägyptischen Wirtschaftsleistung aus – sind jetzt schon schwer getroffen. Die Inflation dürfte weiter steigen, die Landeswährung Pfund an Wert verlieren. Internationale Investoren haben derzeit umgerechnet rund 20 Milliarden Dollar in ägyptischen Aktien und Anleihen. Wenn diese Gelder abgezogen werden, droht den Märkten ein weiterer Rückschlag.

Wann die Börse wieder geöffnet wird und zu welchen Kursen dann Aktien, Zertifikate und Fonds notieren, ist unsicher. „Sicher allerdings ist, dass die Risikoprämien für Aktien auf absehbare Zeit dramatisch gestiegen sind und das Investment-Szenario grundlegend unterminiert ist“, warnt Oliver Bell vom Schweizer Vermögensverwalter Pictet.

In der Finanzkrisen-Baisse hatten ägyptische Aktien 70 Prozent ihres Werts verloren. Angesichts der dramatischen Umwälzungen ist nicht zu erwarten, dass es mit dem bisherigen 20-Prozent-Verlust getan ist.

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