Afghanistan Bundesregierung verurteilt Anschlag in Kabul – Außenminister Maas warnt vor Rückschritten

Nachdem bei einem Anschlag am Samstag über 50 Menschen starben, kündigen die Taliban eine dreitägige Waffenruhe an. Heiko Maas warnt vor Zugeständnissen an die Extremisten.

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Am Samstag waren unweit des Eingangs einer Schule binnen weniger Minuten eine Autobombe und zwei Minen explodiert. Quelle: AP

Die Bundesregierung hat den Anschlag vor einer Schule in der afghanischen Hauptstadt Kabul verurteilt, bei dem mehr als 50 Menschen ums Leben gekommen sind. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach am Montag in Berlin von einem Angriff, der „nicht bösartiger und nicht niederträchtiger hätte sein können“.

Das eigentliche Ziel des Angriffs auf eine Mädchenschule sei eine afghanische Gesellschaft, „in der Mädchen und Frauen Bildungschancen haben sollen, die die Terroristen und ihre Hintermänner ihnen vorenthalten wollen“.

Am Samstag waren unweit des Eingangs einer Schule binnen weniger Minuten eine Autobombe und zwei Minen explodiert. Dabei starben nach Angaben des Innenministeriums mehr als 50 Menschen, mindestens 100 wurden verletzt. Augenzeugen zufolge waren viele Opfer junge Mädchen unter 16 Jahren. Bislang bekannte sich niemand zu dem Angriff.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sprach von einem „anhaltend hohen Gewaltniveau“ in Afghanistan. Trotzdem soll der geplante Abzug der Bundeswehr fortgesetzt werden. Deutschland habe sich mit den USA und den Nato-Partner darauf verständigt, „diesen Einsatz, den wir gemeinsam begonnen haben, auch gemeinsam zu beenden“.

Zudem betonte der Außenamtssprecher die Unterstützung des Landes gehe auch nach dem Ende des Militäreinsatzes weiter. Die internationale Truppenpräsenz sei schon seit Jahren nur einer von mehreren Bausteinen des deutschen Afghanistan-Engagements.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat bei einem EU-Außenministertreffen vor Zugeständnissen an Extremisten gewarnt. Die finanzielle Hilfe für das Land sei daran gebunden, dass die Errungenschaften der vergangenen 20 Jahre in Bereichen wie Staatswesen, Frauenrechte und Bildungswesen nicht geopfert würden, sagte der SPD-Politiker am Montag. Darauf werde man gegenüber den Verantwortlichen in Afghanistan weiter hinweisen.

Maas fordert Taliban zum Abschluss der Friedensverhandlungen auf

Für zivile Hilfe will Deutschland allein in diesem Jahr bis zu 430 Millionen Euro aufbringen. Für die nächsten Jahre bis 2024 wurde die gleiche Summe in Aussicht gestellt.

Maas forderte die militant-islamistischen Taliban und die Regierung am Montag erneut auf, die laufenden Friedensverhandlungen zu einem Abschluss zu bringen. Nur dies sei die Gewähr dafür, dass es eine friedliche Zukunft in Afghanistan gebe, sagte er.

Am Sonntagabend waren zudem im Süden Afghanistans bei einem weiteren Bombenanschlag auf einen Bus mindestens elf Menschen getötet worden. Dutzende seien verletzt worden, teilten die Behörden am Montag mit. Zu dem Anschlag in der Provinz Sabul habe sich bislang niemand bekannt, erklärte die dortige Regierung.

Die Taliban hatten am Sonntag anlässlich des Festes zum Ende des Fastenmonats Ramadan eine Feuerpause angekündigt. Seit die USA vor einigen Wochen ihren Truppenabzug bis 11. September angekündigt haben, hat die Gewalt in Afghanistan deutlich zugenommen.

Die US-Soldaten verlassen das Land zwanzig Jahre nach den Anschlägen der Al-Kaida in den USA, deretwegen der damalige US-Präsident George W. Bush die Intervention in Afghanistan befohlen hatte.

Ein Sprecher der Taliban teilte auf Twitter mit, die angekündigte Feuerpause werde drei Tage dauern. Alle Kämpfer seien angewiesen, landesweit vom ersten bis zum dritten Tag des Zuckerfestes offensive Operationen einzustellen, heißt es in einer Sonntagnacht (Ortszeit) veröffentlichten Erklärung der Taliban. Die Bürger sollten das Fest Eid al-Fitr, mit dem das Fastenbrechen zum Ende des Ramadans begangen wird, friedlich und sicher feiern können. Eid al-Fitr beginnt am Mittwoch oder Donnerstag dieser Woche - je nachdem, wann der Mond nach Ende des Neumondes gesichtet wird.

Chinesischer Botschafter kritisiert überstürzten Militärabzug

Präsident Aschraf Ghani machte die radikalislamischen Taliban für den Anschlag in einem schiitisch geprägten Stadtviertel verantwortlich. Der Sprecher der Gruppierung, Sabihulla Mudschahid, wies dies zurück und verurteilte den Angriff auf die Schule.

„Dieser unverzeihliche Angriff auf Kinder mit bei vielen Ermordeten, ist ein Angriff auf die Zukunft Afghanistans, der nicht hingenommen werden kann“, twitterte der diplomatische Vertreter der USA in Afghanistan, Ross Wilson. Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte die Tat.

Der chinesische Botschafter in Afghanistan, Wang Yu, kritisierte die USA für einen nach seiner Ansicht überstürzten Abzug ihres Militärs aus dem Land. Die ausländischen Truppen müssten ihrer Verantwortung für die Sicherheit in dem Land gerecht werden.

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