Afghanistan-Hilfe Deutschland stellt Bedingungen für weitere Hilfsgelder

Während des Talibansturms auf Kundus hat in Brüssel eine große internationale Afghanistan-Konferenz begonnen. Deutschland könnte weitere 1,7 Milliarden Euro geben – knüpft die Hilfe aber an Bedingungen.

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Bei der Afghanistan-Konferenz trafen in Brüssel am Dienstag nicht nur der US-amerikanische Außenminister und der afghanische Präsident aufeinander. Quelle: AFP

Brüssel/Kabul Überschattet von einem schweren Taliban-Angriff auf die nordafghanische Stadt Kundus hat in Brüssel eine große internationale Geberkonferenz für das Land begonnen. Deutschland ist nach Angaben aus Regierungskreisen bereit, in den nächsten vier Jahren noch einmal bis zu 1,7 Milliarden Euro für Entwicklung und Wiederaufbau bereitzustellen. Die Hilfe soll aber stärker als bislang an Reformzusagen und eine engere Zusammenarbeit in Migrationsfragen geknüpft werden.

Um erste Voraussetzungen zu erfüllen, hatte die afghanische Regierung bereits im Vorfeld der Konferenz eine neue Abschiebevereinbarung mit den EU-Staaten akzeptiert. In dieser sagt sie die unkomplizierte Wiederaufnahme von in der EU nicht asylberechtigten Afghanen zu.

„Abschiebungen nach Afghanistan sind verantwortungslos“, kommentierte die Menschenrechtsorganisationen Pro Asyl am Dienstag zu dem in vertraulichen Gesprächen ausgehandelten Deal. Ähnlich äußerten sich auch Oppositionspolitiker aus dem Bundestag.

Als Grund für ihre Ablehnung des Abkommens nannten die Kritiker vor allem die aktuelle Sicherheitslage. Bei den laufenden Taliban-Angriffen in Kundus sowie in anderen Bezirken Afghanistans kamen nach jüngsten Angaben von Polizei und Regierung mindestens drei Soldaten und 30 radikalislamische Rebellen ums Leben.

Die von der US-Luftwaffe und Armee-Beratern der Bundeswehr unterstützen Sicherheitskräfte meldeten am Dienstag Erfolge im Kampf gegen die Taliban im Zentrum von Kundus. Außerhalb der Stadtgrenzen waren aber weiter Militäroperationen in sechs Gebieten im Gange. Ein Polizeisprecher sagte, dort hätten Talibankämpfer sich in Privathäusern verschanzt. Auch aus anderen Landesteilen wurde weiter von Militäreinsätzen und schweren Gefechten berichtet.

Bei der bis zu diesem Mittwoch dauernden Geberkonferenz in Brüssel wollen Spitzenvertreter aus rund 70 anderen Ländern ein neues Unterstützungspaket für den afghanischen Staat und seine Bürger schnüren. Am Ende sollen Hilfszusagen stehen, die zumindest annähernd dem bisherigen Niveau entsprechen.

Zuletzt hatte die internationale Gemeinschaft für einen Vier-Jahres-Zeitraum rund 16 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt. Das neue Hilfspaket soll den zivilen Finanzbedarf Afghanistans von 2017 bis Ende 2020 abdecken.

Zum Auftakt der Konferenz stellte die EU-Kommission dem Land am Dienstag neue Finanzhilfen in Höhe von 200 Millionen in Aussicht. Sie sollen jedoch auch nur dann fließen, wenn es bei Reformvorhaben zufriedenstellende Fortschritte gibt.

Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier werde bei der Konferenz am Mittwoch für Deutschland klare Erwartungen äußern. Dazu gehörten eine verantwortlich und effektiv handelnde Regierung und Fortschritte bei der Reformagenda, um die Bekämpfung von Korruption, den Schutz von Menschenrechten sowie demokratische und wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen. „Der Weg zu Stabilität, Entwicklung und Frieden ist noch lang“, kommentierte Steinmeier. „Aber wir dürfen Afghanistan jetzt nicht auf halber Strecke allein lassen und das Erreichte aufs Spiel setzen.“

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