Das Targeting ist im Standardrepertoire jeder Marketingabteilung: Werbung wird zielgruppenspezifisch ausgespielt. Und Alexander Nix und seine Firma sind nicht die Einzigen, die diese spezifische Kommunikation nutzen.
„Wir können davon ausgehen, dass wir auch in Europa zunehmend spezifischere Wähleransprache bekommen“, sagt Alexander Diehl. Er ist ist CEO von KKLD, einer Agentur mit 65 Mitarbeitern in Deutschland und den USA. 2014 machten Diehl die Kampagne für die europäischen Grünen. Vor zwei Jahren war Big Data noch kein Thema für die Parteien. „Doch nun erkennen viele, wie passgenau man im Internet Werbung aussteuern kann“, sagt er.
Gleichzeitig sei die Situation in Deutschland eine völlig andere. Die Agenturen können keine personenbezogenen Daten kaufen. Doch sie können Werbung gezielt bei bestimmten Zielgruppen platzieren. Sie wissen zwar nicht, wie die jeweiligen Personen heißen, und doch kennen sie ihr Surf- und Einkaufsverhalten und ihre soziodemografischen Daten. „Diese inhaltliche Differenzierung von Werbebotschaften erzielt natürlich bessere Ergebnisse“, sagt auch Diehl.
Darum hat Trump gewonnen
Clinton schnitt trotz Trumps frauenfeindlicher Äußerungen in der Wählergruppe deutlich schwächer ab als im Vorfeld erwartet. Zwar erhielt sie von Frauen zwischen 18 und 34 Jahren deutlich mehr Unterstützung als Trump, insgesamt aber betrug ihr Vorsprung bei Frauen mit 49 Prozent nur zwei Prozentpunkte. Zum Vergleich: Der scheidende Präsident Barack Obama schnitt 2012 bei Frauen sieben Prozentpunkte besser ab als sein damaliger Herausforderer.
Clinton kam Umfragen zufolge deutlich besser bei Amerikanern mit spanischen Wurzeln, Afroamerikanern, und Amerikanern mit asiatischen Wurzeln an. Allerdings erhielt sie nicht so viel Rückhalt wie Obama vor vier Jahren, der seine Wiederwahl besonders den Stimmen der Minderheiten verdankte.
Trump punktete besonders bei Wählern ohne College-Ausbildung. Insgesamt betrug sein Vorsprung auf Clinton in dieser Gruppe zwölf Prozentpunkte. Bei weißen Männern ohne höheren Bildungsabschluss schnitt er sogar um 31 Prozentpunkte besser ab, bei weißen Frauen ohne Abschluss waren es 27 Prozentpunkte.
Streng gläubige weiße Amerikaner haben Trump die Treue gehalten - trotz der sexuellen Missbrauchsvorwürfe, die gegen den Milliardär im Wahlkampf erhoben wurden. Etwa 76 Prozent der Evangelikalen gaben an, für Trump gestimmt zu haben.
Clinton tat sich in Ballungsräumen schwer, obwohl dort in der Regel viele Anhänger der Demokraten leben. Ihr Vorsprung auf Trump betrug dort gerade einmal sechs Prozentpunkte. In ländlichen Regionen schnitt Trump dagegen um 27 Prozentpunkte besser ab.
Auch Nix und sein Team veränderten die Werbung in Trump Wahlkampf inhaltlich. So erinnert Cambridge Analytica auf den ersten Blick an eine Werbeagentur. Großflächige bunte Bilder an den Wänden, zusammengeschobene Tische mit MacBooks, auf dem Konferenztisch eine Schale mit bunten Süßigkeiten. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar, dass sich Nix und sein Team oft im konservativen Milieu aufhalten. Im Konferenzraum steht eine deckenhohe Amerikaflagge. Besucher tragen Anzug mit Einstecktuch, der Chef der Agentur trägt Siegelring am kleinen Finger. Nix stammt eigentlich aus Großbritannien. Jahrelang war er Finanzanalyst. Doch 2003 wechselt er zu SCL, einer Datenanalyse-Firma. Gemeinsam mit SCL gründet er die Tochterfirma Cambridge Analytica. Seit sechs Jahren verkauft er seine Datenanalysen in Wahlkämpfen weltweit.
In Amerika arbeitete Nix zunächst für Ted Cruz. Dieser schied jedoch im Vorwahlkampf aus. Für viele ist das ein Beweis, dass Nix’ Methoden nicht funktionieren. Er selbst räumt ein, dass man selbst mit Big Data Analysen keinen derart unbeliebten Kandidaten zum Präsidenten machen könne.
Laut eigenen Angaben hat er bereits über 40 Kampagnen auf allen Kontinenten begleitet. Für wen genau seine 400 Mitarbeiter arbeiten, verrät er in der Regel nicht. Es sei denn, es wird zu einem solchen PR-Coup wie der Sieg von Trump. Denn im Herbst und der Auftrag, der Alexander Nix weltbekannt machen sollte: Donald Trump engagierte die Datenanalysten für den Wahlkampf-Endspurt. „Er ist ein Phänomen. Er weiß genau, was die Leute brauchen: Anti-Establishment. Er hat es geschafft, dass die Menschen nun anders mit Politik umgehen“, beschreibt Nix seinen Auftraggeber.
Am Morgen nach der Wahl gratuliert Nix dem gewählten Präsidenten. „Sein Sieg zeigt den großen Einfluss der Kombination aus Datenanalyse, Technologie und Kommunikation“, sagt er. Es klingt wie die Worte eines Präsidentenmachers. Doch dann fügt er an: Letztlich sei es auch der „Trump-Effekt“ gewesen, der genutzt wurde. Denn auch, wenn Nix von der Macht seiner Algorithmen überzeugt ist: Zur Wahl gehen letztlich Menschen, keine Maschinen.