Alkoholgesetz in New York Bier zum Brunch gefällig?

Aus der Ära der US-Prohibition hat sich eine Richtlinie in die Moderne gerettet, die vielen New Yorkern auf die Nerven geht: Vor der Mittagszeit ist an Sonntagen der Alkoholausschank tabu. Das soll sich nun ändern.

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Künftig sollen New Yorker auch an Sonntagvormittagen Alkohol trinken dürfen. Quelle: AP

New York An Sonntagmorgenden zählen etliche New Yorker in Kneipen und Restaurants sehnsüchtig die Minuten bis zur Mittagszeit ab. Denn erst ab Schlag zwölf dürfen sie zu ihrem Brunch ganz legal mit einem alkoholischen Getränk genehmigen. So schreibt es ein Gesetz vor, das aus der Ära der Prohibition in die Moderne hineinragt. Gemeint ist damit jene Zeit zwischen 1920 und 1933, als Verkauf, Produktion und Transport von Hochprozentigem in den USA untersagt waren. Nun aber könnte die für die Sonntagsruhe gedachte New Yorker Regelung bald Geschichte sein.

Abgeordnete des US-Staats votierten nämlich im Juni für das sogenannte „Brunch Bill“, ein Lockerungsgesetz, das künftig den Alkoholkonsum in Lokalen und Bars schon ab 10:00 Uhr möglich machen soll.

Igor Krnajski steht vor dem Restaurant „Jacob’s Pickles“ in Manhattan zum Brunch in einer Schlange. Vor 12:00 Uhr gibt es dort kein Bier & Co. Umso mehr freut sich der Immobilienentwickler schon auf die neue Richtlinie. „Das ist eine gute Sache, weil es eh schon passiert, und nun legalisieren wir es eben nur“, sagt Krnajski.

Damit spielt er auf die Tatsache an, dass andere Restaurants sich regelmäßig über die bisherige Regelung hinwegsetzen. Munter schenken sie vor Mittag en masse Mimosas, Bloody Marys, Bellinis und mehr aus. Dabei lassen sich einige Kneipenbesitzer in Manhattan auch nicht vom Risiko abhalten, dass die zuständige State Liquor Authority bei einer Regelverletzung ihren Laden dicht machen könnte. Gegründet wurde die Behörde 1934, also ein Jahr nach Ende der Prohibition, um Produktion und Vertrieb alkoholischer Getränke zu kontrollieren.


Gastronomen jubeln schon jetzt

Katrin Turina und ihr Ehemann haben es sich in einem Straßenlokal an der Upper West Side in Manhattan mit zwei Gläsern Roséwein bequem gemacht, ihr Baby ist mit von der Partie. Sich an die herkömmlichen Ausschenkzeiten für Alkohol zu halten sei Unsinn, findet die Marketingexpertin. Die nun verabschiedete Neuregelung hält sie trotzdem für eine gute Idee. Bestimmte Gesetze sollten angepasst werden, wenn durch sie niemand zu Schaden komme. Ob die Leute am Samstag früher trinken dürften, jedoch am Sonntag nicht, sollte keinen Unterschied machen, findet Turina. Es gehe doch um einen verantwortlichen Umgang mit Alkohol. Insofern sehe sie die neue Richtlinie als Steigerung der Lebensqualität.

Wichtigster Befürworter der Neuregelung war New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo. Die jüngste Einigung auf eine Überarbeitung des „archaischen“ Sonntagsruhegesetzes werde dafür sorgen, künstliche Barrieren für Restaurants und Kleinunternehmen niederzureißen und die Branche so stärker zu machen, erklärte er. Im Übrigen kämen die neue Ausschenkzeit einer Industrie zugute, die „einige der besten Biere, Weine, Radler und Spirituosen der Welt“ herstelle.

Die Gastronomen jubeln schon jetzt. Fans von Brunch, Fußball, Urlaub und allen anderen Sonntagsaktivitäten könnten nun ein Glas auf den Gouverneur, den Senat und das Abgeordnetenbaus erheben, ließ Melissa Fleischut, Präsidentin des Restaurantverbands des Staates New York in einer Stellungnahme wissen. Dabei hatte die 2000 Mitglieder starke Vereinigung zunächst auf eine Startzeit von 8:00 Uhr für den Alkoholausschank gedrungen, sich dann aber auf den 10:00 Uhr-Kompromiss eingelassen.

Es wird erwartet, dass Cuomo das Gesetz bald unterschreibt. Danach müssen sich die New Yorker allerdings noch rund zwei Monate gedulden, bis die alte Regelung kippt. „Es wird aber auch Zeit“, sagt Dale DeGroff, ein ortsansässiger und prominenter Barmann. Früher sei er Chefbartender in einer Trinkstube in Manhattan gewesen und habe dabei die Folgen der „unnützen Regularien und antiquierten Gesetze“ miterlebt. „Man hat die Leute an der Bar warten sehen...bis dann die Mittagszeit anbrach“, erzählt DeGroff. „Und oft war vor der Tür eine Schlange voller Leute, die warteten. Es war absurd.“

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