Altmaier in Russland Der Verhandlungs-Reisende

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Altmaier will keinen Handelskrieg

Seine neue Rolle scheint der Bundeswirtschaftsminister so anzulegen: als einer, der sich vornimmt, dass am Ende für alle Beteiligten „eine Win-win-Situation, also ein positives Ergebnis herauskommt“, gewissermaßen ein Verhandlungsreisender mit Angeboten in der Tasche. Altmaier ist keiner, der sich in einen Handelskrieg hineintreiben lassen will. Er bietet wohl überlegt den kleinen Finger und setzt darauf, dass er dann die ganze Hand behalten kann.

Dem russischen Energieminister Aleksander Nowak und Regierungschef Dmitri Medwedew brachte Altmaier daher unter anderem den Vorschlag mit, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland voranzutreiben. Davon unberührt bleiben die Wirtschaftssanktionen, die die Europäische Union 2014 gegen Russland verhängte, nachdem das Land die Krim annektiert und begonnen hatte, Separatisten im Osten der Ukraine zu unterstützen.

Für möglich hält Altmaier aber beispielsweise eine verstärkte Zusammenarbeit in Energie- und Umweltfragen und zum Aufbau eines russischen Mittelstands, sowie „ganz konkrete Engagements deutscher Unternehmen“.

Ob diese Vorschläge, diese Taktik Nowak und Medwedew überzeugten, die Ukraine auch zukünftig als Gastransitland zu akzeptieren? Altmaier jedenfalls wirkte nach den Gesprächen zufrieden und zuversichtlich. „Ich sehe eine Chance, dass wir in den nächsten Tagen in intensiven Gesprächen auch eine Lösung finden können“, sagte er. Über „die Konditionen, die Bedingungen“ müsse weiter gesprochen werden.

Details behielt Altmaier für sich. Sie gaben ihm aber immerhin genug Anlass, spontan auf dem Rückweg nach Berlin noch einmal in Kiew zu landen und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko von seinen Treffen zu berichten.

Denn die Ukraine soll sich unter keinen Umständen übergangen fühlen, wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag in Sotschi treffen. Erwartet wird, dass sie dann auch die von Altmaier aufgenommenen Gespräche in Sachen Nord Stream 2 und Gaslieferungen durch die Ukraine fortsetzen.

Zudem stellte Altmaier ein multilaterales Format zu der Frage im Rahmen der Europäischen Union in Aussicht. Der Bundeswirtschaftsminister gab sich Mühe, den Eindruck zu vermeiden, Probleme im deutschen Alleingang und ohne die europäischen Partner lösen zu wollen. Zumal es zwischen Russland  und der Ukraine um mehr geht als um ein Gastransportsystem. Der Ukraine-Konflikt hält an. Gerade hat Wladimir Putin eine Brücke zwischen der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel und dem russischen Festland eingeweiht.

Was Sie über Nord Stream 2 wissen müssen

Auch in anderen Handelsfragen treffen Unwägbarkeiten deutsche und andere europäische Unternehmen und damit Wirtschaften wenn vielleicht auch nicht gleich stark, so doch gleichermaßen: die zu erwartenden US-Strafzölle, die Iran-Sanktionen, die Präsident Trump wieder in Kraft setzen will, sowie von den USA gegen Russland angekündigte Sanktionen, die auch ausländische Firmen berühren, die in Russland Handel treiben.

Bei all diesen Beschwernissen des weltweiten Handels, und all den exportstarken Unternehmen im Land, bleibt zu erwarten, dass Altmaier sich auch in nächster Zeit um internationale Wirtschaftspolitik zu kümmern hat und kümmern will. Und, in diesem Zusammenhang, die eine oder andere Reise tun wird.

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