Aluminium-Tycoon verliert ein Vermögen Worüber der Oligarch Oleg Deripaska gestolpert ist

Der Oligarch Oleg Deripaska Quelle: imago images

Oleg Deripaska und sein Aluminium-Imperium Rusal leiden gewaltig unter den US-Sanktionen gegen Russland. Schuld ist auch ein Callgirl. Nun sind Milliarden Dollar und Zehntausende Arbeitsplätze bedroht.

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Eigentlich hätte Oleg Deripaska am Wochenende allen Grund zum Feiern gehabt. Sein Aluminiumkonzern Rusal beging offiziell den achtzehnten Gründungstag. Deripaska liebt Partys. Ob auf dem internationalen Wirtschaftsforum in Davos oder beim russischen Pendant in Sankt-Petersburg, sein Leichtmetallimperium gilt stets als heißer Anwärter auf den Titel der besten After-Work-Party. Im Januar ließen Deripaskas Manager zum Beispiel Enrique Iglesias einfliegen, den Gästen servierten sie Kaviar und Edelchampagner. Später kursierten Fotos des Aluminium-Tycoons auf der Tanzfläche.

Doch die Stimmung auf der jüngsten Feier dürfte deutlich reservierter gewesen sein. Denn seit vergangenem Freitag gehört der 50-jährige Milliardär zu den ersten großen Fischen in Russlands privater Wirtschaft, die mit US-Sanktionen belegt wurden. Die Ausweitung der Liste hat Russlands Finanzmärkte und den Rubelkurs auch am Dienstag auf Talfahrt geschickt. Seit die USA es untersagt haben, mit 24 Funktionären und Firmenchefs sowie 15 Firmen aus Russland Geschäfte zu treiben, hat die russische Landeswährung über zehn Prozent ihres Werts verloren. Der russische Aktienindex RTS rauschte seit Freitag um ein Sechstel nach unten. Doch während Analysten in Moskau hoffen, dass sich diese Turbulenzen als vorübergehend erweisen, könnten die Sanktionen Deripaska und seinem Konzern den wirtschaftlichen Todesstoß verpassen.

So warnte Rusal seine Geldgeber nicht nur vor Zahlungsausfällen, sondern forderte seine Kontrahenten auch auf, Zahlungen vorerst einzustellen. Das Unternehmen müsse zunächst prüfen, ob seine Kunden, die überwiegend im Ausland sitzen, Rusal überhaupt noch legal in US-Dollar bezahlen können. Allein wegen der fallenden Aktienkurse verlor Deripaska laut des Bloomberg Billionaires Index über eine Milliarde Dollar oder 15 Prozent seines Vermögens.

So tief der Schock bei Rusal-Kontrahenten und Anlegern derzeit auch sitzt, die Schlinge um den Hals des russischen Milliardärs zog sich bereits seit Wochen immer weiter zu. In der offiziellen Mitteilung vom Freitag legt das US-Finanzministerium dar, gegen Deripaska seien Vorwürfe der Geldwäsche, Erpressung und sogar des Auftragsmords erhoben worden. Auch Deripaskas Zitat aus einem Interview mit der "Financial Times", laut dem er sich nicht getrennt vom russischen Staat betrachte und bereit sei, sein Unternehmen bei Bedarf in staatliche Hände zu übergeben, führt die US-Behörde an.

Schon seit 2006 ist dem Unternehmer die Einreise in USA wegen mutmaßlicher Verbindungen in die organisierte Kriminalität verboten. Deripaska gehört zwar nicht zum engsten Kreis von Wladimir Putin. Er stammt nicht, wie große Teile der neuen Elite, aus dem Dunstkreis des FSB oder aus Putins Petersburger Jugend. Stattdessen ist er jedoch einer der wenigen verbliebenen Oligarchen der Jelzin-Ära, die ihr Vermögen in Zeiten windiger Privatisierungsdeals zimmerten und es mit allen Mitteln, auch mit Gewalt, vor der Konkurrenz schützten.

Das alles hatte seinem florierenden Exportgeschäft auch in den USA bisher keinen Abbruch getan. Nicht zuletzt deswegen verweisen Moskauer Branchenkenner darauf, dass Russland und somit vor allem Rusal nach Kanada der zweitgrößte Aluminiumexporteur in die Vereinigten Staaten gewesen ist. „Mit den Sanktionen könnten die USA zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, erklärt ein Aluminiumanalyst einer großen russischen Privatbank.

"Absurd und lächerlich"

Wenn die erste Fliege also die Wirtschaftspolitik ist, dann steckt die zweite, deutlich fettere Fliege hinter einer eher wolkig formulierten Passage in der amerikanischen Erklärung der jüngsten Sanktionsrunde. Demnach habe Deripaska direkt oder indirekt im Auftrag eines hohen russischen Staatsbeamten gehandelt.

"Absurd und lächerlich" finde er diese Anschuldigungen, ließ der angeschlagene Oligarch über einen Sprecher mitteilen. Doch vor allem der Vorwurf der Zusammenarbeit mit hohen Staatsbeamten lässt sich so einfach nicht von der Hand weisen. Auch wenn die amerikanischen Verantwortlichen keine Namen nennen, gemeint sind vor allem seine freundschaftlichen Bande mit Vizepremier Eduard Prichodko, der seit gut zwei Jahrzehnten hohe Posten in der Regierung bekleidet. Zuletzt war Prichodko vor allem auch ein außenpolitisches Schwergewicht der russischen Regierung.

Durch einen Zufall offenbarte ein Callgirl auf Deripaskas Yacht Details eines Treffens zwischen Deripaska und Prichodko vor der Küste Norwegens vor zwei Jahren. Sie postete Fotos und Videos auf Instagram, auf denen beide Männer zu sehen waren. Gleichzeitig war auf den Aufnahmen zu hören, dass die Männer über die russisch-amerikanischen Beziehungen gesprochen haben.

Brisant wurde das Treffen auch deswegen, weil Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort Berichten der "Washington Post" zufolge dem Russen Deripaska private Briefings zur Kampagne des damaligen Präsidentschaftsanwärters Trump angeboten hatte. Auch wenn es bisher keine Beweise gibt, dass Deripaska dieses Angebot angenommen hat und dass es ihn überhaupt erreichte, muss der Unternehmer nun einen hohen Preis für seine weitreichenden Verbindungen zahlen. Der Milliardär selbst bezeichnete die Ermittlungen um Russlands Einmischung in den US-Wahlkampf als einen Versuch des US-Establishments, das Ergebnis der letzten Präsidentschaftswahlen zu revidieren.

In Russland dagegen kann der Milliardär auf Hilfe des Staates hoffen. Schon während der letzten Finanzkrise 2009 half der Staat Deripaska dabei, Kredite bei westlichen Geldgebern zu refinanzieren. Auch diesmal dürfte der Kreml dem Unternehmer unter die Arme greifen. Vizepremier Arkadi Dworkowitsch hat bereits angekündigt, entsprechende Schritte auszuarbeiten.

Zumal das Verhältnis zwischen Deripaska und Präsident Wladimir Putin gerade besser denn je zu sein scheint. Schließlich war es ausgerechnet Deripaskas Lkw-Fabrik GAZ, vor dessen Belegschaft Wladimir Putin seine Kandidatur zur kürzlich gewonnen Wahl in Russland bekanntgegeben hatte.


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