Aber auch US-Produzenten laufen Sturm: Die Koch-Brüder, zwei milliardenschwere Industrielle, gehören zu den größten Importeuren von Teersanden für die Produktion von Petroleum-Produkten. Das Unternehmen würde leiden.
Steht die Welt also tatsächlich vor einem neuen Handelskrieg wie in den 1930 Jahren? Ist es für Trump tatsächlich so einfach? Die erschreckende Antwort: Im Grunde ja.
Zwar braucht der neue Präsident für die Steuerreform den Kongress, doch ist dieser mehrheitlich in republikanischer Hand. Zumal sich beide Parteien seit langem darüber einig sind, dass die Unternehmenssteuern reformiert werden müssen. Auch die großen Industriekonzerne des Landes, General Electric, GM oder Ford, könnten sich mit einer Grenzeinfuhrsteuer wohl anfreunden – wenn sie im Gegenzug mit niedrigen Inlandssätzen belohnt würden. Für sie würde sich so ein Geschäft – im Gegensatz zu deutschen Firmen – wohl rechnen. Daher ist es wahrscheinlich, dass eine große Steuerreform tatsächlich kommt.
Auch beim Thema Handel sieht es nicht gut aus für die Deutschen. Der Kongress könnte zwar – wollte er Trumps Alleingänge verhindern – dem Präsidenten die einmal gewährten Befugnisse in Sachen Handel einzeln wieder aufheben. Das allerdings würde im Falle Chinas konkret bedeuten, ein Gesetz zum Schutz der Volksrepublik zu erlassen – und gegen den eigenen Präsidenten, der ja angeblich nur die heimische Wirtschaft schützen will. Man stelle sich nur Trumps Tweets vor. Ein abwegiges Szenario.
Bliebe noch die Welthandelsorganisation WTO. „Eigentlich kann ihn nur die WTO stoppen“, sagt DGAP-Handelsexpertin Claudia Schmucker. „Währungen aber werden von ihr zwar gar nicht geregelt. Strafzölle hingegen schon. Würde etwa Mexiko gegen einen Strafzoll klagen, würden sie auf jeden Fall Recht bekommen. Aber damit wäre Trumps Zoll nicht abgeschafft. Mexiko dürfte dann nur einen eigenen Ausfuhrzoll gegen Amerika beschließen.“ Das immerhin, glaubt die Fachfrau, dürfte dazu führen, dass viele Vorprodukte für die US-Industrie, die in Mexiko gefertigt werden, teurer würden und der US-Wirtschaft so mittelbar schadeten. „Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, ist Trump vielleicht Pragmatiker genug, seine Position zu überdenken“, sagt Schmucker. „Durch checks and balances kann man ihm bei der Handelspolitik nicht beikommen. Aber durch Zölle gegen Amerika vielleicht.“
Tatsächlich wäre das der Einstieg in einen Handelskrieg zwischen altem und neuen Kontinent. Ein „race to the bottom“, bei dem beide Volkswirtschaften verlieren. Wobei viele Experten die amerikanische Wirtschaft – schlicht aufgrund der riesigen Größe ihres Binnenmarktes – für unverwundbarer halten als die fragmentierte und angeschlagene Eurozone. Aber auch für die Bundesrepublik gibt es Berechnungen, nach denen der volkswirtschaftliche Schaden mit Gegenmaßnahmen fast genauso hoch ist, wie ohne.
Trumps Amerika: Die Pläne des neuen US-Präsidenten
Trump will sich ganz von amerikanischen Interessen, vor allem den Sicherheitsinteressen leiten lassen. Höchste Priorität soll der Kampf gegen islamistische Terrororganisationen wie den Islamischen Staat (IS) haben. Russland wird in den Eckpunkten nicht direkt erwähnt, es gibt aber einen Satz, der als Botschaft an Russland verstanden werden kann. „Die Welt muss wissen, dass wir keine Feinde suchen, dass wir immer froh sind, wenn alte Feinde zu Freunde werden, und wenn alte Freunde zu Verbündeten werden.“ Internationale Bündnisse und Organisationen wie die Nato, die Europäische Union und die Vereinten Nationen kommen in den Eckpunkten nicht vor.
Trump setzt auf „harte und faire“ Handelsabkommen, die vorrangig der US-Wirtschaft nutzen sollen. Darauf will er seine „härtesten und klügsten“ Leute ansetzen. Erstes Ziel: „Rückzug aus der transpazifischen Partnerschaft.“ Das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta der USA mit Kanada und Mexiko will er neu verhandeln und aufkündigen, wenn es keinen „fairen Deal“ gibt. Verstöße anderer Länder gegen Handelsabkommen will er „mit allen Mitteln“ bekämpfen.
Die Kürzungen bei den US-Streitkräften will Trump rückgängig machen. „Unsere militärische Dominanz darf nicht infrage gestellt werden.“ Kein Land dürfe die USA militärisch überholen. Trump kündigt ein Raketenabwehrsystem zum Schutz vor Angriffen des Iran und Nordkoreas an. Dem Cyber-Krieg soll Priorität eingeräumt werden. Dabei sollen sowohl die defensiven als auch die offensiven Fähigkeiten der Streitkräfte gestärkt werden.
„Die Trump-Regierung wird eine Law-and-Order-Regierung (Recht und Ordnung) sein“, heißt es in den Eckpunkten. Vor allem die Gewaltkriminalität will der neue US-Präsident durch effektivere Polizeiarbeit, konsequentere Anwendung von Strafgesetzen und mehr bürgerliches Engagement bekämpfen. Das Recht auf Waffenbesitz soll nicht angetastet werden, um es jedem US-Bürger zu ermöglichen, sich selbst zu verteidigen.
Ein Grenzwall nach Mexiko soll illegale Einwanderung stoppen. Außerdem will Trump Migranten, die straffällig geworden sind, abschieben.
In zehn Jahren will Trump 25 Millionen Arbeitsplätze schaffen und vier Prozent Wachstum pro Jahr erreichen. Er will die Steuern für Bürger und Unternehmen senken sowie das gesamte Steuersystem vereinfachen. Staatliche Regulierung will die neue US-Regierung so weit wie möglich zurückfahren.
Trump will Energie für die Bürger möglichst billig machen und unabhängig sein von ausländischem Öl. Dafür will er Gesetze zum Klima- und Wasserschutz zurücknehmen, die Obama durchgesetzt hat. Stattdessen setzt er auf Fracking, also die Förderung von Erdgas aus Gesteinsschichten. Die US-Kohleindustrie will er „wiederbeleben“. Die Umweltbehörde EPA soll sich auf den Luft- und Wasserschutz konzentrieren. Trump hat früher abgestritten, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt.
Forscher Kirkegaard rät Europa deshalb von einem Handelskrieg ab. Statt sich unnütz lange mit Gegenmaßnahmen zu beschäftigen, sollte sich der alte Kontinent lieber um sich selbst kümmern, nach dem Brexit wieder zusammenfinden – und dann anders orientieren. Wenn die USA um Himmels Willen protektionistischer und nationalistischer werden wollten - na bitte. Schließlich gebe es auch noch China. Und Japan. Dort sei Premierminister Shinzō Abe ohnehin gerade auf der Suche nach neuen Handelspartnern, nun, da Trump das transpazifische TPP Abkommen quasi abgeräumt habe. "Warum nicht mit Japan ein Handelsabkommen schließen und mit China eine Investitionspartnerschaft", fragt Kirkegaard. Der asiatische Elektronikkonzern Huawei etwa zeige doch heute schon, dass es für eine Weltfirma möglich sei, zu bestehen, ohne auf dem US-Markt vertreten zu sein. "Für die USA wäre das zwar nicht schön. Aber vielleicht muss man Trump und den Amerikanern zeigen, dass man sie nicht um jeden Preis braucht. Dass sie im Gegenteil sogar unendlich viele wirtschaftliche Nachteile haben, ohne den Welthandel."
Klingt logisch. Allerdings ist Logik bisher keine Dimension, die Donald Trump zu interessieren scheint.