An Trumps Tiraden hat sich Handelsexperte Stokes gewöhnt. Seit Wochen aber muss er ähnliche irritierende Töne von Clinton hören, deren Arbeit er seit Jahren beobachtet. Frühere Handelsabkommen seien „allzu oft“ mit „zu rosigen“ Versprechen durchgeboxt worden, sagte die Demokratin bei der Präsentation ihres Wirtschaftsprogramms. Schließlich hätten einige dieser Abkommen vielen Menschen den Job gekostet. Über Nafta, einen der großen Verhandlungserfolge ihres Mannes Bill, will Clinton ebenfalls neu nachdenken.
Zwar geht die demokratische Kandidatin nicht so weit wie Trump. Es bringe nichts, „sich von der Welt abzuschotten“, betont sie. Aber in ihren Reden klingt Clinton, als habe sie genau das vor. Zu TPP etwa fällt auch ihr nur ein: „Ich bin jetzt dagegen. Ich werde nach der Wahl dagegen sein, und ich werde als Präsidentin dagegen sein“ – ein Affront gegenüber ihrem Parteifreund Obama, der für das Abkommen lange gekämpft hat.
Doch es ist Wahlkampf und viele Experten glauben, dass er im November vor allem von den Frustrierten und Abgehängten der amerikanischen Gesellschaft entschieden werden wird. Bei denen kommen solche Töne gut an. Trump umgarnt damit vor allem jene weißen Männer, die sich vor dem wirtschaftlichen Abstieg fürchten. Sie muss er gewinnen, um seine Schwächen bei Latinos, bei Schwarzen oder Frauen auszugleichen.
Kritik der Umweltschützer an TTIP
Egal ob Creme, Lippenstift oder Mascara – in Europa müssen solche Produkte eine Zulassung überstehen, die es in den USA so einheitlich nicht gibt. Sicherheitstests erfolgten dort freiwillig, heißt es beim Sachverständigenrat. Sonnenmilch allerdings gelte in Amerika als Medikament und sei streng reguliert.
Die Europäer wollen geklonte Nutztiere und Klonfleisch verbieten, auch deren Import. In den USA gibt es dagegen kein einheitliches Verbot. Gentechnisch veränderte Tiere, etwa Lachse, die schneller wachsen, sind dort bereits zugelassen und im Handel. Eine besondere Kennzeichnung ist nicht vorgeschrieben.
Gentechnisch veränderte Pflanzen und Nahrungsmittel müssen in der EU zugelassen und später gekennzeichnet werden. Das gilt auch für Futtermittel. Einzelne Mitgliedsstaaten können seit 2015 auf ihrem Gebiet sogar einzelne gentechnisch veränderte Pflanzen verbieten. In den USA ist nicht nur die Zulassung großzügiger, gentechnisch veränderte Lebensmittel werden regelmäßig nicht kenntlich gemacht.
Pflanzenschutzmittel, die möglicherweise Krebs erregen oder vielleicht das Erbgut schädigen können in der EU erst gar nicht auf den Markt – anders als in den USA.
Die Verordnung REACH gilt mit als schärfstes Chemikaliengesetz weltweit. Darin wird ein Zulassungsverfahren, eine Risikobewertung und teils eine Beschränkung für Chemikalien von der Herstellung in der Fabrik bis zum buntgefärbten T-Shirt beim Endverbraucher festgeschrieben. In den USA gilt kein vergleichbares „Vorsorgeprinzip“ bei Chemieprodukten.
Und Clinton? Schon als sie noch First Lady war, machte sie sich Sorgen, wie mehr weltweiter Handel auch zu mehr Verlierern in Amerika führen könnte, berichtet ein Vertrauter. Als Senatorin traf sie sich später regelmäßig mit Gewerkschaftsvertretern, die ihr schilderten, wie ganze Landstriche Amerikas zu industriellem Ödland verkamen, weil die Konkurrenz im Ausland schlicht billiger – und oft besser – war. Der Vertraute sagt: „Ihre Kritik ist mehr als nur ein Wahlkampfcoup. Sie hegt sehr ernsthafte Zweifel, ob wir die Vorteile der Globalisierung zu lange zu rosig gesehen haben.“ Clinton solle erklären, wie sie diesen Fehler als Präsidentin beheben wolle, wünscht sich ihr Vertrauter. Doch ihr Duktus klingt noch ganz anders, eben eher wie Trump light: Amerika kommt an erster Stelle und dann erst mal lange gar nichts.
Rezepte aus dem Jahr 1880
US-Wirtschaftsexperten fühlen sich durch Trumps Rhetorik an Präsident Ronald Reagan erinnert, der in den Achtzigerjahren einen Handelskrieg gegen den aufstrebenden Konkurrenten Japan ausrief – und Amerikas goldene Industriezeiten wieder aufleben lassen wollte. „Seither hat sich die Welt durch die Globalisierung leider komplett verändert“, sagt Adam Posen vom Peterson Institute for International Economics. „Trump zieht Vergleiche zu den Achtzigerjahren. Aber sein Denken wirkt leider, als stecke er im Jahr 1880 fest.“ Der republikanische Wirtschaftsexperte Douglas Holtz-Eakin sekundiert: „Eine industrielle Renaissance wird in den USA nicht stattfinden – außer wir bombardieren den Rest der Welt.“
Wer nach historischen Lehren sucht, sollte ohnehin gewarnt sein: Schließlich hat der letzte Republikaner, der rigide Einfuhrsteuern wie Trump vorschlug, keine guten Erfahrungen gemacht. Der Mann hieß Herbert Hoover, er regierte in den Dreißigerjahren. Seine Zölle und sein Protektionismus bescherten dem Land eine Arbeitslosenquote von 25 Prozent und ließen das Land in die Weltwirtschaftskrise schlittern.