Amtseinführung Donald Trump „US-Demokratie durch Trump ernsthaft herausgefordert“

USA-Experten sind davon überzeugt, dass Donald Trump die Vereinigten Staaten erschüttern wird wie kein anderer Präsident vor ihm. Angela Merkel bekomme es mit einem schwierigen Partner zu tun.

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„Wenn Trump dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Zugeständnisse macht, die in Kontrast zu den Auffassungen einzelner Kabinettsmitglieder steht, ist eine außenpolitische Krise vorstellbar,“ betont der Direktor von Transatlantic Networks, einem Zentrum für politische Bildung und Beratung. Quelle: AFP

Düsseldorf Namhafte Politikwissenschaftler rechnen im Gespräch mit dem Handelsblatt damit, dass die Präsidentschaft Donald Trumps in den USA heftige innenpolitische Konflikte heraufbeschwören werde. Der Amerika-Experte Martin Thunert sieht die „US-Demokratie durch Trump ernsthaft herausgefordert.“ Der Präsident werde mit „massiven Interessenkonflikten zu kämpfen haben“, betont der Politikwissenschaftler vom Heidelberg Center for American Studies. Seine Hausjuristen müssten ihn dazu drängen, eine deutliche Trennung zwischen seiner bisherigen Tätigkeit als Firmeninhaber und seinem künftigen Amt herzustellen. Trump solle zudem eine stärkere Firewall zwischen sich und seinen Söhnen einziehen, die seine Nachfolge als Firmenchefs angetreten haben. „Der Präsident muss jedem Verdacht entgegentreten, dass seine Außenpolitik von Geschäften getrieben ist.“ In diesem Fall wäre auch bei einigen seiner Unterstützer der Rubikon überschritten.

Der in Deutschland tätige US-Politikwissenschaftler Andrew Denison prognostiziert in Bezug auf das amerikanisch-russische Verhältnis Auseinandersetzungen zwischen Trump und den Republikanern: „Wenn Trump dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Zugeständnisse macht, die in Kontrast zu den Auffassungen einzelner Kabinettsmitglieder steht, ist eine außenpolitische Krise vorstellbar,“ betont der Direktor von Transatlantic Networks, einem Zentrum für politische Bildung und Beratung. Denison verweist auf den nominierten Außenminister Rex Tillerson, der bei der Kongress-Anhörung scharfe Kritik an Russland übte. Tillerson sagte in dem Hearing, dass Moskau keinen Anspruch auf die Krim habe und Russland eine Gefahr darstelle.

Denison hält es für wahrscheinlich, dass Trump vor dem Hintergrund der persönlichen Angriffe gegen ihn im Wahlkampf das Presserecht verschärfen werde. Dabei habe er insbesondere die Gesetze gegen Rufmord im Visier. Vorstellbar sei auch, dass Journalisten gezwungen werden geheime Informationen preiszugeben, wenn etwa die Sicherheit des Landes gefährdet sei. Auch Regierungsmitglieder, die brisantes Material an die Presse weitergereicht hätten, könnten strenger verfolgt werden.

Der USA-Experte Josef Braml erwartet erhebliche Spannungen zwischen Trump und den etablierten amerikanischen Medien. Darauf habe die  letzte Pressekonferenz Trumps einen Vorgeschmack gegeben, teilt der Politikwissenschaftler von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. mit. Der Republikaner habe Journalisten wie „Schuljungen abgekanzelt“. Dass er das Webportal „Buzzfeed“ als „scheiternden Haufen Müll“ und CNN als „Schwindel-Nachrichten“ („fake news“)  bezeichnet habe, zeige, wie wenig Respekt er von den traditionellen Medien habe. Trump werde daher versuchen, sie möglichst zu umgehen.


Rückzug der Schutzmacht Washington

Stattdessen werde er wie bisher über den Kurznachrichtendienst Twitter ungefiltert mit seinen Anhängern kommunizieren, um politische Ziele zu erreichen, erläutert Braml. Trump stehe vor der Herausforderung, die staatskritischen Republikaner von seinem geplanten milliardenschweren Investitionsprogramm zu überzeugen. „Sollten die Republikaner im Kongress als Verhinderungsmacht auftreten, kann Trump auf die neuen Kommunikationskanäle zurückgreifen.“ Der Immobilienmilliardär verstehe es, seinen Anhängern die Realität in seinem Sinne zu vermitteln und den Volkszorn über die sozialen Medien zu kanalisieren.

Mit Steve Bannon, dem Geschäftsführer der rechten Website „Breitbart“, habe der Präsident einen ihm direkt unterstellten Chefstrategen an der Seite, der die Wählerschaft Trumps mobilisieren könne und damit auch missliebige Abgeordnete und Senatoren unter Druck setzen könne: „Donald Trump und Steve Bannon planen Revolutionäres: Sie wollen noch tiefer in die Wählerschaft der Demokraten eindringen, um die politische Konkurrenz von der Macht fernzuhalten“, resümiert Braml.

Das deutsch-amerikanische Verhältnis wird Martin Thunert zufolge für Trump zunächst nicht im Vordergrund stehen. Innenpolitische Reformen und Terrorbekämpfung hätten für den Präsidenten absoluten Vorrang. „In Berlin sind sich die Außenpolitiker nicht mehr sicher, ob man auf die USA in der alten Weise zählen kann. Man bereitet sich darauf vor, dass Washington mittelfristig als Schutzmacht den Rückzug antreten wird.“ Auf Bundeskanzlerin Angela Merkel komme die Aufgabe zu, die Außen- und Verteidigungspolitik der EU stärker zu harmonisieren und effizienter zu gestalten. Das werde mit Ausgabenerhöhungen in den Verteidigungsetats der EU-Länder einhergehen.

Thunert hält Trumps jüngst in einem Interview geäußerte Kritik an Angela Merkels Flüchtlingspolitik nicht für ungewöhnlich. Der Republikaner sei bei weitem nicht der einzige Regierungschef eines westlichen Landes sei, der Merkels Flüchtlingspolitik für unverantwortlich und für einen katastrophalen Fehler halte: „Allerdings sagen es andere öffentlich nicht so deutlich wie Trump. Er hat immer gesagt, dass er Merkel für die wirtschaftliche Bilanz ihrer Regierungen respektiert, aber er benennt genauso deutlich die Fehler, die sie in seinen Augen macht“, sagt Thunert.

Trump hatte der deutschen Autoindustrie zuletzt mit hohen Strafzöllen gedroht, wenn sie weiterhin von Mexiko aus die USA beliefert. „Je nachdem, wie wichtig ihnen der US-Markt ist, kann es sein, dass einige deutsche Hersteller Toyota folgen und Produktion von Mexiko oder Brasilien in den Süden der USA verlagern“, legt Thunert dar. Andererseits seien Gegenstrafzölle von EU-Seite auf US-Produkte nicht im Interesse der USA. „Panisch und überhastet auf Trumps Drohung zu reagieren, wäre der falsche Weg.“

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