Analyse Was man aus dem Handelsstreit zwischen USA und Japan lernen kann

Trump demütigt seinen Verbündeten Japan – beim Thema Handel denkt er nur an Amerika. Die anderen Handelspartner der USA können von dem Fall lernen.

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Japan und die USA haben enge Wirtschaftsbeziehungen, die nun auf dem Prüfstand stehen. Quelle: DOUG MILLS/The New York Times/Re

Tokio Auf dem Golfplatz sind sie ein Paar. Doch bei Handelsfragen hört die Freundschaft zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem japanischen Verbündeten Shinzo Abe auf. Nicht einmal Abes Fähigkeit, Trumps Ego zu streicheln, hilft. Dies demonstrierten die beiden Verbündeten in den vergangenen zwei Tagen auf ihrem Gipfeltreffen in Trumps Golfresort Mar-a-Lago.

„Das Mittagessen war schwierig“, verriet Trumps Wirtschaftsberater Lawrence Kudlow den Medien am Donnerstag. Auch auf der abschließenden Pressekonferenz versuchten beide Seiten erst gar nicht, Einigkeit zu demonstrieren, wo es keine gab. Stattdessen bewies Trump einmal mehr, dass er beim Thema Handel nicht zwischen Freund und Feind unterscheidet, sondern nur Amerika kennt.

Zwar einigten sich beide Seiten, in einem neuen Rahmen über „freien, fairen und gegenseitig nutzbringenden Handel“ zu sprechen. Dies ist die kodierte Formulierung Trumps, unter der er Länder mit hohem Bilanzüberschuss im US-Handel wie Japan, Deutschland, Südkorea und China zu Zugeständnissen zugunsten Amerikas zwingen will. In Japans Fall lag das Plus 2017 bei 68 Milliarden US-Dollar. Doch bereits über die Stoßrichtung der Gespräche konnten beide Seiten sich nicht wirklich annähern.

Japan wirbt weiter darum, dass die USA dem multilateralen Abkommen beitreten, das Trump im Wahlkampf noch als „Vergewaltigung“ der USA beschimpft und gleich am dritten Tag seiner Amtszeit verlassen hatte: das transpazifische Partnerschaftsabkommen TPP. Trumps Vorgänger Barack Obama wollte darin die USA mit elf Pazifikanrainern zu einem großen Wirtschaftsblock verbinden, um Chinas wachsenden wirtschaftlichen und politischen Einfluss in Asien einzuhegen. Die Position Japans sei, „dass das TPP am besten für unsere beiden Länder ist“, sagte Abe.

Doch obwohl Trump noch vorige Woche seinen Wirtschaftsberatern den Auftrag gegeben hatte, einen Wiederbeitritt zum TPP zu prüfen, zeigte er sich keineswegs von der Idee begeistert. „Ich will nicht zurück in das TPP“, sagte er. Aber werde es tun, wenn die anderen elf Länder ihm einen Deal vorschlügen, den „ich im Namen der USA nicht ablehnen kann“.

Danach stellte er seine Priorität klar. „Ich mag Bilaterales mehr.“ Es sei besser für das Land und die Arbeiter. Er hofft also, im Zweikampf von Groß gegen Klein mehr für die Supermacht herausschlagen zu können.

Und er beließ es nicht bei Worten, um seinem Gast seine Unzufriedenheit über Japans Halsstarrigkeit in Handelsfragen zu zeigen. Seit einem Jahr sprechen US-Vizepräsident Mike Pence und Japans stellvertretender Ministerpräsident, der Finanzminister Taro Aso, weitgehend ergebnislos aneinander vorbei. Japan hatte dieses Format vorgeschlagen, weil es sich von Pence mehr Verständnis versprach. Immerhin sind Firmen aus Nippon Großinvestoren im US-Bundesstaat Indiana, dessen Gouverneur Trumps Stellvertreter war.

Trump entschied sich daher schon vor Wochen, den Druck zu erhöhen. So genehmigte er den meisten Verbündeten Ausnahmeregeln, als er unter dem Deckmantel nationaler Sicherheit Schutzzölle auf Stahl und Aluminium erließ. Nur Japan nicht.

Japans Vertreter beteuern zwar, dass ihr Land ein treuer Verbündeter und kein Feind sei und damit eigentlich von den Regeln ausgenommen werden müsse. Aber Trump versuchte erst gar nicht, zu verschleiern, dass es ihm gar nicht um die nationale Sicherheit geht. „Wenn wir uns auf ein neues Arrangement für einen Deal einigen können, dann wäre das sicherlich ein Punkt, den wir diskutieren würden“, sagte er über eine mögliche Aufhebung der zusätzlichen Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus Japan.

Trump schreckte nicht einmal davor zurück, Abes Traum vom TPP am Dienstag gleich nach dem Abendessen mit seiner beliebtesten Waffe zu torpedieren. Er möge das Abkommen nicht, twitterte er. Wenn er Abe maximal demütigen wolle, hätte er keinen besseren Job machen können, kommentierte die Financial Times daraufhin prompt.

Als Trostpflaster gestand Trump Abe immerhin zu, bei einem möglichen Treffen mit Nordkoreas Führer Kim Jong Un die Frage der von Nordkorea entführten Japaner anzusprechen. Doch diese Zusage ist billig.

Auch personell spiegelt sich Trumps härtere Gangart wider. Statt Pence und Aso sollen nun Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer und Japans Minister für Wirtschaft und Haushaltspolitik Toshimitsu Motegi den Streit austragen. Lighthizer gilt als Hardliner in Handelsfragen.
Nur ist weiterhin nicht klar, wie die streitenden Parteien ihre Differenzen überbrücken können. Denn aus japanischer Sicht stammt Trumps Kritik an vermeintlichen unfairen Regeln oft aus den 1980er Jahren und passt in vielen Punkten gar nicht mehr in die heutige Zeit. Beispielsweise liegt Japans Einfuhrzoll bei Autos, einem der größten Ungleichgewichte, bereits bei null Prozent.

Dass GM und Ford in Japan nichts mehr verkaufen, liegt daher eher an ihren unternehmerischen Fehlern als am System. Dies zeigt der Erfolg deutscher Marken, die den wachsenden Importmarkt fast unter sich aufteilen. Die Unterhändler beider Seiten müssen daher kreativ werden, um Trumps Ansprüche zu erfüllen.

Damit wird der Streit unter Golffreunden nun zum Fallbeispiel für die Welt. In dem er sich mit oft veralteter Kritik mit der starken Exportnation Japan anlegt, bestätigt Trump die Sorge, im Zweifel auf Logik und Regeln zu pfeifen. Die Lösung des Konflikts wird anderen Ländern daher umso deutlicher zeigen, wie sie mit Trump umgehen können und wo seine Schmerzgrenzen wirklich liegen.

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