Angst vor einer Eskalation im Konflikt mit China So abhängig ist der deutsche Mittelstand von Taiwan

Chinas Drohgebärden gegenüber Taiwan alarmieren zunehmend deutsche Mittelständer Quelle: AP

Chinas Drohgebärden gegenüber Taiwan alarmieren zunehmend deutsche Mittelständer. Erste Firmen suchen alternative Lieferquellen für elektronische Komponenten, zeigt eine aktuelle Studie. Doch das hat Grenzen.

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Der schwelende Konflikt zwischen China und Taiwan besorgt nicht nur Politiker in Europa und Amerika – auch deutsche Mittelständler sind offenbar zunehmend in Sorge vor einer möglichen militärischen Eskalation.

Das zeigt eine Studie der auf Lieferketten spezialisierten Beratung Kloepfel Consulting. Demnach rechnen im Fall einer militärischen Auseinandersetzung rund zwei Drittel der befragten Unternehmen mit „starken bis sehr starken Beeinträchtigungen“ bei der Versorgung mit elektronischen Komponenten. Nur ein knappes Fünftel der Befragten glaubt nicht, dass ihr eigenes Unternehmen von Engpässen betroffen wäre. Die Beratung hatte für die Studie gut 100 Unternehmen mit bis zu einer halben Milliarde Jahresumsatz aus Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik-, Automobil- und Konsumgüterindustrie sowie Handel befragt.

Die Umfrage belegt auch die große Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von importierten Elektronikbauteilen, insbesondere aus China und Taiwan. Allein der Inselstaat steht für mehr als 20 Prozent der weltweiten Produktion von Halbleitern.

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von Michael Kroker, Thomas Kuhn

Rund zwei Drittel der Firmen bezeichnen IT-Komponenten wie Halbleiter, Sensoren und andere Mikrochips als „wichtig bis sehr wichtig für ihr Unternehmen“. Erneute Störungen in der Versorgung, unter denen Mittelständler und Konzerne schon während der Covidpandemie massiv gelitten hatten, könnten daher entsprechend schwerwiegende Folgen für den Geschäftsbetrieb haben. 

Das gilt insbesondere bei einer weiteren Eskalation im Taiwankonflikt. Denn bei knapp zwei Dritteln der befragten Mittelständler stammen wichtige Lieferanten für Elektronikbauteile aus der Volksrepublik, rund 44 Prozent der Befragten beziehen daneben oder ausschließlich Komponenten aus Taiwan. 

Worum geht es bei dem Streit um Taiwan?

In aller Regel bezieht zwar auch der deutsche Mittelstand inzwischen Bauteile aus mehreren Quellen. Ein Drittel der Befragten kaufen Elektronik auch in den USA ein, 29 Prozent auch in Japan, 23 Prozent auch in Südkorea. Rund zwei Drittel der Mittelständler hat laut der Umfrage auch Elektroniklieferanten in Europa. Doch die Berater warnen, dass die Bezugsquelle Europa nur eingeschränkt Schutz vor möglichen Lieferproblemen bietet, die nach einem chinesischen Angriff auf oder Einmarsch in Taiwan durch den Ausfall von Fabriken oder als Folge von Sanktionen drohen könnten.

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Denn auch europäische Hersteller elektronischer Steuerungen oder Komponenten bezögen ihre Vorprodukte vielfach aus China oder Taiwan, so die Autoren der Umfrage. Daher sei auch ein Ausfall europäischer Zulieferer als eine Art Kettenreaktion nach einer Verschärfung des Taiwankonfliktes denkbar.

Auf die Pläne der EU, eine eigene Chip-Fertigung in Europa mithilfe von Milliardensubventionen aufzubauen, vertrauen die Mittelständler mehrheitlich nicht. Ein Fünftel der Befragten ist klar skeptisch, ein Drittel zumindest nicht überzeugt oder unentschlossen. Nur rund ein Viertel der befragten Unternehmen glaubt, dass das EU-Chip-Gesetz tatsächlich eine größere Autarkie Europas bei der Versorgung mit Mikroelektronik erreichen kann. 

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Statt sich allein auf staatliche Maßnahmen zur Stärkung des IT-Standorts Europa zu verlassen, sollten daher nicht bloß große Konzerne, sondern auch Mittelständler verstärkt auf Kooperation mit innovativen Partnern in der Region setzen, rät deshalb Duran Sarikaya, der Geschäftsführer von Kloepfel Consulting: „Unternehmen sollten auch bei elektronischen Komponenten in Technologiepartnerschaften mit Forschungsinstituten und Start-ups investieren, um ihre Innovationsfähigkeit zu stärken und innovative Produkte auf den Markt bringen zu können.“

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