
Bei einer Serie von Angriffen auf türkische Sicherheitskräfte und das US-Konsulat in Istanbul sind am Montag mindestens neun Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Vier Tote gab es bei einem Anschlag auf eine Polizeiwache in einem Vorort der Metropole. Auch im kurdischen Südosten des Landes kam es zu erneuten Gewalttaten.
Die türkische Regierung hatte vor wenigen Wochen einen Krieg gegen den Terrorismus ausgerufen und geht seither mit Gewalt gegen die Islamistenmiliz IS in Syrien, kurdische PKK-Extremisten im Nordirak und Linksextremisten im eigenen Land vor.
Am Montagmorgen schossen nach Angaben des Gouverneurs von Istanbul zwei Frauen auf die US-Vertretung im europäischen Teil der Stadt. Eine von ihnen sei verletzt festgenommen worden. Örtlichen Medien zufolge erwiderte die Polizei das Feuer. Polizisten riegelten das Gebiet rund um die US-Botschaft im Bezirk Sariyer ab.
Die linksextreme Gruppe DHKP-C bekannte sich im Internet zu dem Attentat und bezeichnete die USA als Erzfeind der Völker im Nahen Osten. Die Nachrichtenagentur Dolgan meldete, eine der Attentäterinnen habe wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der von der Türkei und den USA als Terrororganisation eingestuften Gruppe im Gefängnis gesessen. Die DHKP-C hatte sich 2013 zu einem Selbstmordanschlag auf die US-Botschaft in Ankara bekannt, bei dem ein türkischer Wachmann getötet wurde.
Bereits in der Nacht kam es zu einem Autobombenanschlag auf eine Polizeiwache im Bezirk Sultanbeyli im asiatischen Teil der Stadt. Dabei und bei einer anschließend sich bis in die Morgen hinziehenden Schießerei wurden nach Angaben des Gouverneurs drei Angreifer und ein Polizist getötet. Polizeiangaben zufolge wurden zehn Menschen verletzt. Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand.
Der Konflikt der türkischen Regierung mit der PKK
Die Türkei, die Europäische Union und die USA stufen die PKK als Terrororganisation ein. PKK-Führer Abdullah Öcalan sitzt seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in Haft.
Etwa 24 Millionen Kurden leben über die Länder Türkei, Irak, Iran und Syrien verteilt. Sie bezeichnen sich als größtes Volk ohne eigenen Staat. In der Türkei machen die Kurden etwa 18 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
Der gewaltsame Konflikt der türkischen Regierung mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK dauert schon mehr als 30 Jahre. Dabei kamen bislang rund 40.000 Menschen ums Leben. Von 1984 an kämpfte die PKK mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. Inzwischen ist die PKK nach eigenen Angaben von der Maximalforderung eines unabhängigen Staates abgerückt.
Die islamisch-konservative AKP-Regierung und die PKK bemühen sich um einen Friedensprozess. Im März 2013 erklärte die PKK eine Waffenruhe. Bald darauf begann die PKK, ihre Kämpfer aus der Türkei abzuziehen. Im September setzte sie den Abzug allerdings aus, weil sie mangelndes Entgegenkommen der türkischen Regierung beklagte.
Ende Februar diesen Jahres gab es zunächst wieder Bewegung in den Friedensbemühungen: Kurdenführer Öcalan rief seine Anhänger dazu auf, eine Niederlegung der Waffen zu beschließen. Die Nachricht wurde von einer Delegation der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP übermittelt, die Öcalan im Gefängnis aufsuchte.
Ende Juli 2015 griff die türkische Luftwaffe erstmals die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien an und weitete die Bombardements auf Lager der PKK im Irak aus. Damit ist die Waffenruhe faktisch beendet.
Am Morgen des 28. Juli 2015 drohte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan damit den Friedensprozess mit den den Kurden offiziell zu beenden.
Auch im überwiegend kurdischen Südosten des Landes kam es zu Anschlägen auf die Sicherheitskräften. In der Stadt Silopi in der Provinz Sirnak wurden nach Angaben des Provinzgouverneurs vier Polizeioffiziere getötet als ihr Fahrzeug von einer am Straßenrand gezündeten Bombe getroffen wurde. In derselben Provinz kam Sicherheitskreisen zufolge ein Soldat ums Leben, als kurdische Extremisten einen Militärhubschrauber beschossen.
Die türkische Regierung hatte unlängst einen "synchronisierten Krieg gegen den Terrorismus" ausgerufen und sowohl den Islamischen Staat (IS) als auch kurdische Extremisten ins Visier genommen. Hunderte Verdächtige in der Türkei wurden festgenommen, darunter auch Mitglieder der linksextremen Gruppe DHKP-C.