Sigmar Gabriel könnte die Liste mit Beispielen scheinbar endlos fortsetzen. Der chinesische Technologiekonzern Huawei etwa sei ein fester Bestandteil der deutschen Telekom-Infrastruktur, sagt der Bundeswirtschaftsminister vor Journalisten in Hongkong. „Umgekehrt ist das kaum vorstellbar“, so Gabriel. Von Vodafone bis zur Deutschen Telekom arbeiten fast alle Anbieter in Deutschland mit den Chinesen zusammen. Der chinesische Telekommarkt ist dagegen für Investoren aus dem Ausland komplett abgeriegelt.
Beteiligt sich ein deutscher Bremsenhersteller an Ausschreibungen der chinesischen Zugindustrie, hat er kaum eine Chance. Aufträge bekommen chinesische Anbieter, vielleicht noch ein Unternehmen aus dem Ausland, das in China mit einem chinesischen Partner zusammen arbeitet.
Diese Einseitigkeit will Gabriel nicht länger hinnehmen. „Wir erwarten nicht, dass China ein so offener Markt wie Deutschland wird“, sagt der Minister, „aber es muss zumindest in die Richtung gehen.“ Es geht um Reziprozität. China, fügt Gabriel hinzu, suche den Wettbewerb nicht mit „marktwirtschaftlichen Mitteln“.
In den vergangenen Jahren hat Peking die Hürden für deutsche Unternehmen immer weiter erhöht; Investitionen in China wurden eher erschwert als erleichtert. Gleichzeitig unternimmt Peking einen machtvollen Vorstoß nach Deutschland und verleibt sich in immer kürzeren Abständen heimische Technologieunternehmen ein – und traf bislang auf offene Türen. Außerdem, fügt Gabriel hinzu, „vergrößert China auch seinen politischen Einfluss in Europa.“
Die neue, härtere Linie der deutschen Wirtschaft und Politik gegenüber China, sagt Gabriel, habe Peking irritiert. „Die Klarheit, mit der wir unsere Interessen formuliert haben, war für die Chinesen irritierend“, so der Vizekanzler. Bei seinen Gesprächen mit der Pekinger Führung in dieser Woche hatte Gabriel in aller Deutlichkeit eine bessere Behandlung deutscher Firmen in China angemahnt.
Ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union, das China sich wünscht, sieht der Wirtschaftsminister fürs erste nicht. „Erst muss es ein Investitionsschutzabkommen zwischen beiden Regionen geben“, fordert Gabriel. Dort müssten auch Dinge wie etwa der Schutz geistigen Eigentums geregelt werden.
Entgegenkommen von China spürt Gabriel hingegen bei der Stahlfrage. Weil Chinas Stahlindustrie auf gewaltigen Überkapazitäten sitzt, überschwemmen die Hersteller Europa mit Billigstahl, zum Leidwesen europäischer Konzerne. „Darüber wollen die Chinesen mit Europa reden“, sagt Gabriel. „Das wurde uns angeboten.“