Asylsuchende in Australien Lager voller Flüchtlinge ist „illegal“

Der Umgang der Australier mit Flüchtlingen ist streng: Viele Asylsuchende landen in einem Internierungslager auf der Insel Manus. Eine grausame Praxis – wie Kritiker meinen. Hoffnung macht ihnen ein neues Gerichtsurteil.

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Die einen protestieren gegen das Internierungslager – andere Australier begrüßen die rigide Haltung der Regierung in der Flüchtlingsfrage. Quelle: Reuters

Canberra Eines der Standbeine der von Kritikern als „grausam“ bezeichneten australischen Flüchtlingspolitik ist am Wackeln. Das Oberste Gericht des Pazifikstaates Papua Neuguinea (PNG) befand, die Zwangsinternierung von Asylsuchenden in einem von Australien finanzierten Lager auf der abgelegenen Insel Manus sei unrechtmäßig. Die Inhaftierung verstoße gegen das von der Verfassung garantierte Recht auf persönliche Freiheit, so heißt es. Das Lager müsse aufhoben werden, instruierte ein Gremium von fünf Richtern die lokalen Behörden.

In der Anlage leben zurzeit etwa 850 Männer. Die vorwiegend aus Afghanistan, Irak, Iran und Sri Lanka stammenden Asylsuchenden hatten versucht, auf dem Seeweg von Indonesien oder Sri Lanka nach Australien zu gelangen. Australien interniert so genannte „Bootsflüchtlinge“ standardmäßig auf Manus, der Pazifikinsel Nauru oder der zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel.

Die Verhältnisse in den Lagern werden von Menschenrechtsorganisationen und den Vereinten Nationen seit Jahren als inhuman kritisiert. Selbstverletzungen und Suizidversuche von Inhaftierten gehörten laut Ärzten zur Tagesordnung. Die australische Regierung verheimlicht nicht, dass sie mit der oftmals Jahre dauernden Inhaftierung von Schutzsuchenden eine Politik der Abschreckung betreibt.

Offiziell will sie Nachahmer davon abhalten, die gefährliche Fahrt in oftmals kaum seetüchtigen Fischerbooten zu wagen. Gleichzeitig schickt die Grenzkontrolle abgefangene Schiffe wieder in indonesische Gewässer zurück. Nicht immer ist klar, ob sie wieder Festland erreichen.

Wer dagegen interniert wird, hat keine Hoffnung, jemals australischen Boden betreten zu können. Selbst Kinder müssen nicht selten jahrelang in den Lagern ausharren und sehen sich sexuellen und anderen Übergriffen durch Mitinhaftierte und Wärter ausgesetzt. Ärzten und Sozialarbeitern, die solche Straftaten öffentlich machen, drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis. Die gesamte Grenzpolitik ist von der Regierung der strikten Geheimhaltung unterworfen worden.

Humanitäre Organisationen begrüßen den Entscheid des Gerichtes. Die Tagezeitung Sydney Morning Herald kommentierte, die Richter hätten dem australischen Premierminister Malcolm Turnbull eine Gelegenheit gegeben, „das richtige zu tun, und das keinen Moment zu früh“. Die „Unmenschlichkeit der zeitlich unbegrenzten Inhaftierung von verwundbaren und verletzten Menschen“ sei „unmoralisch“ und müsse nun ein Ende haben.

Beobachter rechnen nicht damit, dass Australien die Politik der Abschreckung aufgeben wird. Obwohl Verfehlungen und menschenunwürdige Bedingungen in den Lagern der Öffentlichkeit seit Jahren bekannt sind, steht ein Großteil der Bevölkerung hinter den Maßnahmen.

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