Merkel hatte bei ihrem Besuch in Washington die Option eines neuen transatlantischen Handelsabkommens nicht ausgeschlossen. So ein Deal, der Jahre in Anspruch nehmen könnte, würde für bestimmte Produkte Zölle neu verhandeln. Ähnliche Bemühungen waren in der Vergangenheit gescheitert, das sogenannte TTIP-Abkommen kam nie zustande.
Erschwerend kommt hinzu, dass die US-Regierung gespalten ist über einen gangbaren Weg. Wenige Stunden vor Ablauf der Frist zum 1. Mai herrschte Chaos im Weißen Haus, Trumps Entscheidung für eine weitere Fristverlängerung fiel kurz vor Schluss.
Freihandelsbefürworter wie Finanzminister Steven Mnuchin drängten auf mehr Zeit für Verhandlungen. Außerdem wollte er vermeiden, dass es erneut, wie schon nach den ersten Drohungen im März, zu Marktturbulenzen kommt. Hardliner wie der Wirtschaftsstratege Peter Navarro hingegen warnten davor, die protektionistische Wirkung durch Ausnahmen zu verwässern.
Mnuchin, Navarro, Kudlow und der Handelsbeauftragte Robert Lighthizer werden am Donnerstag nach China reisen, um Spielräume im Handelskonflikt auszuloten. Die Metallzölle treffen China besonders, erwogen werden zusätzliche Zölle in Höhe von 150 Millionen Dollar wegen des Verdachts des Diebstahls geistigen Eigentums. Trump steht auch in den Reihen seiner Partei unter Druck. Viele Republikaner sehen kritisch, dass die USA ausgerechnet Nato-Partner wie Deutschland verprellen will. Und Politiker aus ländlichen Regionen fürchten, dass der Agrarsektor unter chinesischen Vergeltungszöllen auf Mandeln oder Sojabohnen leidet. Die EU-Kommission will für den Fall, dass die USA ernst machen, amerikanisches Obst, Whiskey oder Harley-Davidson-Motorräder mit Zöllen belegen. Das Problem des voranschreitenden US-Abschottungskurses wird man damit allerdings nicht lösen.
Die Metallzölle könnten nur der Anfang für härtere Handelshemmnisse sein, fürchtet man in Berlin und Brüssel – etwa für Barrieren gegen europäische Autos, die in den USA ein beliebtes Massenprodukt sind. „Trump kann den Grad der Unsicherheit ewig aufrechterhalten“, twitterte der US-Handelsexperte Chad Bown am Dienstagmorgen. Der Präsident kann fast uneingeschränkt Handelsbarrieren beschließen, ohne den Kongress mit einzubeziehen.
„Erpresser-Diplomatie” der USA
Laut Marie Kasperek von der Washingtoner Denkfabrik Atlantic Council ist der Schaden trotz der Hängepartie angerichtet. Sie schrieb in einem Blogpost von einer „Erpresser-Diplomatie” der USA.
Tatsächlich sind die Auswirkungen von Trumps Protektionismus jetzt schon spürbar. Länder wie Brasilien, die Türkei, Russland, Südkorea, Ägypten und China haben ihre Exporte auf den europäischen Markt erhöht, um amerikanische Handelsbarrieren zu umgehen. Die Stahlimporte in der EU stiegen im ersten Quartal 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 300.000 Tonnen auf 2,9 Millionen Tonnen an. Die EU prüft nun Schutzmaßnahmen, um ihre Märkte von einer Produkt-Überschwemmung abzuschirmen. „Andere Länder werden wahrscheinlich ähnliche Schritte unternehmen, wodurch die Märkte insgesamt weniger offen werden“, so Kasperek. Doch auch in den USA führen Trumps Strafzölle zu erheblichen Anstrengungen. Das Handelsministerium kämpft mit einer Flut von Anträgen amerikanischer Firmen, die auf Metallimporte aus dem Ausland angewiesen sind und für die zu erwartenden Mehrkosten entschädigt werden wollen.
Die Behörde musste die Zahl der Mitarbeiter, die sich um die aktuell 3500 Anträge kümmern, in den letzten Wochen verdreifachen.