Aus der weiten Welt

Auf der Suche nach der sportlichen Zukunft

Klaus Methfessel Ehem. Leiter der Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten und ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Global

Indien, mit 1,25 Milliarden Einwohnern die zweitgrößte Nation der Welt, spielt bei Olympischen Spielen so gut wie keine Rolle. Das wollen die Inder ändern. Vor allem die privaten Unternehmer.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
 Silbermedaillengewinner Vijay Kumar: Die indischen Sportler haben den nationalen Auftrag, mehr Medaillen aus London mitbringen als die drei bei den Spielen in Peking. Quelle: REUTERS

Vermutlich gibt es Schlimmeres, über das sich die Inder derzeit ärgern als über die bislang mickrige Medaillenausbeute ihres Landes in London. Den zweimaligen Stromausfall etwa in der vergangenen Woche, der nahezu die Hälfte der Einwohner über Stunden ohne Elektrizität ließ.

Doch beides, das Scheitern, eine stabile Elektrizitätsversorgung aufzubauen, und das schlechte Abschneiden bei Olympischen Spielen signalisieren, dass die Führung des Schwellenlandes, gemessen an den eigenen Ansprüchen, bisher nicht liefert, was sie verspricht. Zur Halbzeit am Freitag um 18 Uhr, als diese Kolumne geschrieben wurde, hatte Indien gerade zwei Medaillen ergattert, eine silberne und eine bronzene, und lag im Medaillenspiegel auf Platz 32.

Man könnte es sympathisch finden, dass Indien seinen Sportlern offenbar unmenschliche Ausleseverfahren, harten Drill oder sogar Doping schon in frühen Kindesjahren erspart, wie es andere Nationen tuen, um ihr internationales Prestige mittels Sport aufzupolieren.

Hohe Erwartungen in London – mehr als drei Medaillen

Wenn das Absicht wäre, dann könnte die Kolumne jetzt enden. Doch so ist es nicht. Denn eigentlich will die aufstrebende Großmacht bei den Spielen in London ein neues Kapitel in der olympischen Geschichte schreiben, heißt es beispielsweise in „The Times of India“.

81 Athletinnen und Athleten, das bislang größte indische Kontingent bei Olympischen Spielen überhaupt, hat das Land nach London geschickt. Die Sportler treten in 13 Disziplinen an. Die Nation macht sich Medaillenhoffnungen insbesondere in den Disziplinen Schießen, Boxen, Ringen, Bogenschießen, Badminton und Leichtathletik.

Die Erwartungen sind hochgeschraubt. Politiker, Sponsoren und Fans wollen Leistung sehen. Das olympische Prinzip, Dabeisein ist alles, reicht den Indern angesichts der Professionalisierung des Sports und des nationalen Anspruchs, als Großmacht ernst genommen zu werden, längst nicht mehr.

Auf den Commonwealth-Spielen 1010 in Neu Delhi wurde sogar diskutiert, sich um Olympische Spiele zu bewerben. Indien wird 2016, wenn das olympische Feuer in Rio de Janeiro brennt, die einzige Großmacht sein, die noch keine ausgerichtet hat. Doch aus diesem Plan wurde nichts - vorerst.

Jetzt aus London soll das Team auf jeden Fall mehr als die drei Medaillen mit nach Hause bringen. Genau drei Medaillen, Gold im Schießen und zweimal Bronze im Boxen, hatten die indischen Sportler vor vier Jahren in Peking erkämpft. Deshalb muss es diesmal unbedingt mehr sein.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%