Aus der weiten Welt

Südkorea behütet seine Wirtschaft

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Schikane schützt vor Konkurrenz aus dem Ausland

Ein Hyundai Wagen, Model Avante: in Südkorea müssen sich die Autos an die physischen Maßstäbe von Hyundai-Wagen anpassen - auch ausländische Kleinwagen. Quelle: REUTERS

Ausländische Hersteller konnten die Funktion eines Korrektivs im Wettbewerb nicht übernehmen. Grund für die mangelnde Präsenz der Ausländer sind die nichttarifären Handelshemmnisse, mit denen die Südkoreaner ihren eigenen Markt schützen. Daran ändert auch das von der Brüsseler Kommission als Vorbild für weitere Verträge gefeierte und im vergangenen Juli in Kraft getretene Freihandelsabkommen mit der EU nur wenig. Die Zölle auf Importautos waren vor dem Abkommen mit acht Prozent zwar nicht unerheblich, aber nicht wirklich ausschlaggebend dafür, dass nur wenige ausländische Modelle auf Südkoreas Straßen fahren. Den Ausländern machen vielmehr nichttarifäre Handelshemmnisse zu schaffen, sehr spezielle Sicherheitsstandards und Umweltschutzvorschriften, die teure Nachrüstungen erfordern.

Das sind zumeist schikanöse Vorschriften, deren Sinn nicht etwa darin liegt, den koreanischen Verbraucher besser zu schützen, sondern Hyundai vor ausländischer Konkurrenz. So erkennen die Südkoreaner europäische Crashtests nicht an, obwohl die koreanischen nach Meinung von Experten keineswegs höhere Anforderungen stellen. Ändert sich nur etwas am Design oder auch nur die Farbe, müssen sich die europäischen Autobauer neuen Zulassungsverfahren unterziehen.

Der Massenmarkt soll im Griff von Hyundai bleiben

Der Sinn der vielen Vorschriften besteht allein darin, die Kosten für die ausländischen Konkurrenten nach oben zu treiben und sie dadurch vom Marktzutritt abzuschrecken. So müssen die Europäer die elektronischen Türschlösser und die Motorsteuerung ihrer Modelle für den Import nach Südkorea auf andere Frequenzen umrüsten. Es gibt spezielle Vorschriften für die Größe von Autositzen, den Abstand zwischen Vorder- und Rücksitzen und die Bodenfreiheit (mehr als zwölf Zentimeter im unbeladenen Zustand), die es so weder in den USA noch Europa gibt, die aber zufällig genau der Konstruktionsweise eines Hyundai entsprechen. Der Automarkt ist ein krasses Beispiel dafür, wie Korea funktioniert: Staatliche Politik als Fortsetzung dessen, was die großen Chaebols planen.

Einzelne Modelle verteuern sich so schnell um einige Tausend Euro. Diese Summen fallen bei den als Statussymbolen gefragten Premiummarken weniger ins Gewicht. Umso mehr aber bei den Fahrzeugen des unteren und mittleren Preissegments, bei denen der Preis ein wichtiges Kriterium für die Kaufentscheidung ist, zumal der koreanische Markt mit einem Absatz von gut einer Million Fahrzeugen relativ klein ist. Von diesem Protektionismus sind deshalb die italienischen und französischen Hersteller Fiat, Peugeot und Renault, die den Massenmarkt bedienen, besonders hart getroffen.

Der Verdacht drängt sich auf, dass die Koreaner da, wo sie schwach sind, nämlich im Premiummarkt, Importe zulassen, beim Massenmarkt aber peinlich genau darauf achten, dass der Massenmarkt im Griff von Hyundai bleibt. "Bei 100 000 Importautos geht bei mir das rote Licht an", soll angeblich der Hyundai-Chef gesagt haben, erzählt man sich bei der deutsch-koreanischen Kammer für Handel und Industrie in Seoul.

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