Aus gesundheitlichen Gründen Japans Ministerpräsident Abe kündigt Rücktritt an

Noch Mitte August versuchte der Ministerpräsident Shinzo Abe Gerüchte über seinen Gesundheitszustand abzustreiten. Quelle: AP

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe erklärt seinen Rücktritt, will aber bis Ernennung eines Nachfolgers im Amt bleiben. Hintergrund sei sein schlechter Gesundheitszustand. Dabei steckt das Land in einer schweren Krise.

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Zuletzt hatte es zunehmend Spekulationen über die Gesundheit des japanischen Regierungschefs Shinzo Abe gegeben, nachdem er sich zweimal zur Behandlung ins Krankenhaus hatte begeben müssen. Nun hat der Ministerpräsident seinen Rücktritt angekündigt und will bis zur Ernennung eines Nachfolgers im Amt bleiben. Er habe sich dazu entschlossen, weil sich sein Gesundheitszustand Mitte Juli verschlechtert habe, sagte der liberaldemokratische Politiker am Freitag in Tokio.

Er bitte die Japaner aus tiefstem Herzen um Entschuldigung dafür, dass er sein Amt inmitten der Coronavirus-Krise und ein Jahr vor Ablauf seiner Amtszeit aufgebe. Er bedauere es auch, dass er aufhören müsse, ohne alle seine Ziele erreicht zu haben. Dazu gehöre auch die Verfassungsreform. Er werde seine Pflichten erfüllen, bis der neue Ministerpräsident ernannt worden sei, versicherte Abe. Es sei aber nicht an ihm, einen Nachfolger zu benennen.

Noch Mitte August versuchte der Ministerpräsident Gerüchte über seinen Gesundheitszustand abzustreiten. Nach einem Krankenhausaufenthalt am 17. August sprach er von einer Kontrolluntersuchung, um absolut sicherzustellen, dass er gesund sei. „Ich gehe jetzt wieder an die Arbeit und hoffe, weiter hart zu arbeiten“, erklärte der 65-jährige da noch.

Allerdings kämpft Abe seit Jahren gegen eine chronische Darmentzündung. Für den Nachmittag ist eine Pressekonferenz des Ministerpräsidenten angekündigt. Der Rücktritt Abes würde Japan mitten in der Coronakrise schwer treffen. Schon nach dem Bericht über einen Rücktritt des Regierungschefs rutschte der Nikkei-Index zwei Prozent ins Minus.

Dazu kämpft das Land im Zuge der Coronakrise seit Monaten mit schweren wirtschaftlichen Problemen und erlitt einen Rekordeinbruch. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der vor Deutschland drittgrößten Volkswirtschaft der Welt sank im zweiten Quartal dieses Jahres, auf das Jahr hochgerechnet, um real 27,8 Prozent. Japan war bereits in den beiden Vorquartalen geschrumpft und steckt damit in einer Rezession. Ökonomen hatten erwartet, dass der Einbruch diesmal noch viel heftiger ausfallen würde. Im laufenden Quartal rechnen sie wieder mit einem deutlichen Aufschwung. Doch dürfte es laut Experten noch lange dauern, bis sich das Land vollständig von den Auswirkungen der globalen Pandemie erholen wird.

Der Rückgang der wirtschaftlichen Leistung im zweiten Quartal ist der stärkste, den das Land seit 1980, dem Beginn der Aufzeichnung vergleichbarer Daten, verzeichnet hat. Im Vergleich zum vorangegangenen Quartal ergab sich nach den vorläufigen Berechnungen ein Einbruch von 7,8 Prozent. Japan war bereits vor Ausbruch der Coronapandemie in Folge des Handelskonflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt USA und China geschwächt.


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Hinzu kamen die Folgen einer Mehrwertsteueranhebung im vergangenen Jahr. Dann folgte die Coronakrise. Obgleich das ostasiatische Land keinen Lockdown verhängte wie andere Staaten, trafen die zwischen April und Ende Mai erlassenen Einschränkungen die ohnehin schon geschwächte Wirtschaft des Landes mit massiver Wucht.

Hinzu kommt, dass immer noch nicht klar ist, ob und wie man die verschobenen olympischen Spiele im kommenden Jahr nachholen kann. Diese hätten eigentlich diesen Sommer in Japan stattfinden sollen, wurden wegen der Pandemie aber abgesagt.

Sollte Abe, der seit Dezember 2012 Ministerpräsident in Japan und auch Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei ist, wirklich gehen, kommt auf seinen Nachfolger viel Arbeit zu.

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