Außenpolitik Wie China unliebsame Kritik im Ausland verhindert

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Kooperationen soll nach Chinas Regeln ablaufen

Ausländische Firmen haben in China schnell gelernt, dass sie sich lieber aus politischen Themen raushalten, wollen sie ihr China-Geschäft nicht gefährden. Doch nun nutzt China seine Marktmacht aus, um auch Partner und Regierungen im Ausland gefügig zu machen.

An der Europäischen Union vorbei hat das Land die 16+1-Gruppe gegründet. Dort versucht China nun, mit großzügigen Fördergeldern die osteuropäischen Staaten auf seine Seite zu ziehen – gemäß der Prämisse „Teile und herrsche“. Griechenland, das von den vielen Millionen Pekings profitieren will, hat im vergangenen Sommer eine EU-Stellungnahme zu Menschenrechtsverletzungen in China blockiert.

Lernwillig zeigte sich auch Norwegen. Als Liu Xiaobo 2010 vom Nobelpreiskomitee in Oslo den Friedensnobelpreis verliehen bekam, verhängte China ein Verbot auf Lachs-Importe aus Norwegen. China hob das Verbot erst vergangenes Jahr wieder auf. Als Liu kurz darauf in chinesischer Gefangenschaft an Krebs starb, schwieg Norwegen.

Kooperation zwischen China und dem Ausland sind dabei durchaus gewollt – so lange sie nach Chinas Regeln ablaufen. Wie schnell es damit zu Ende sein kann, zeigte sich im Winter bei den Testspielen der chinesischen U20-Mannschaft, die außer Konkurrenz am Spielbetrieb der Regionalliga Südwest teilnahm. Für den DFB sind solche Kooperationen lukrativ. Als einige der deutschen Fans Tibetfahnen mitbrachten und auf die eingeschränkte Meinungsfreiheit in China hinwiesen, verließen die chinesischen Spieler auf Geheiß der Trainer direkt den Platz. Peking forderte, dass die deutsche Seite jegliche politische Äußerung von den Plätzen verbannt. Das chinesische Außenministerium sprach von „antichinesischen Aktivitäten“. Der DFB beendete zunächst die Zusammenarbeit, um sich wenig später bei den chinesischen Partnern zu entschuldigen.

All das funktioniert wie Daumenschrauben, die China Stück für Stück immer fester anzöge, sagt Brand. „Es geht oft um vermeintlich kleine Dinge, die aber in Wahrheit grundsätzliche Werte betreffen.“ Der Fall Australiens ist dabei eine Blaupause für Chinas Politik. Im vergangenen Jahr hatte dort ein Abgeordneter Geld erhalten, damit er sich für Chinas Militärbauten im Südchinesischen Meer aussprach. Nachdem Australien daraufhin ein Gesetz auf den Weg gebracht hatte, das Zahlungen von ausländischen Regierungen verhindern soll, erklärte die chinesische Global Times, das Land solle ein wenig „dankbarer“ sein. Immerhin würden jedes Jahr viele chinesische Touristen und Studenten kommen und dort ihr Geld ausgeben. Peking forderte anschließend die rund 500.000 chinesisch-stämmige Australier auf, das nächste Mal gegen die Regierungspartei zu stimmen.

Geht es nach Brand, müsste das Thema China wieder stärker auf die Tagesordnung gehoben werden. Lautsprecher-Diplomatie helfe selten. „Leisetreterei“ aber auch nicht. „Wir dürfen uns nicht kleiner machen, als wir sind.“ Denn China beobachte jedes „feige Kuschen“ sehr genau und stoße dann nach.

Ein knappes Jahr nachdem man dem Menschenrechtsausschuss die Reise nach Tibet verweigerte, klopften die Chinesen in Brands Landkreis Fulda an. Seitdem pflegt dieser eine Partnerschaft mit der chinesischen Stadt Liyang. An einen Zufall will Brand nicht glauben. Denn nach kurzer Zeit rief der chinesische Botschafter in Fulda an. Er wollte mit dem Landkreis über Brands Tibet-Engagement sprechen.

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