Außenpolitik Wie China unliebsame Kritik im Ausland verhindert

Tibetische Flagge Quelle: imago images

Tibet, Taiwan und das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, dazu Menschenrechte: Es gibt Themen, die China lieber von der Agenda streichen möchte. Auch in Deutschland.

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Wenn Michael Brand von dem Tag vor knapp zwei Jahren spricht, springt er heute noch verärgert auf. Er ist ein großer, schlanker Mann. Fast zwei Meter groß. Mit wenigen Schritten ist er bei seinem Schreibtisch. Wie sicher müsse sich ein Gast in unserem Land eigentlich fühlen, fragt er, während er in alten E-Mails sucht. Wenn man ernsthaft glaube, einem freigewählten Abgeordneten bei uns vorzuschreiben, was er sagen und tun darf?

Der 44-jährige Brand ist Abgeordneter der CDU im Deutschen Bundestag. Mit Angela Merkels Wahlsieg 2005 zog er in das Parlament ein. Seitdem beschäftigt er sich vor allem mit dem Thema Menschenrechte. Er ist Sprecher für Menschenrechte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und saß dem Menschenrechtsausschuss lange vor. Sein Büro liegt im Paul-Löbe-Haus gegenüber des Bundeskanzleramts, in Sichtweite von Merkels Büro. An seiner Wand ein Bild von Mutter Theresa, an seinem Fenster eine Tibet-Fahne.

Brand hat die blaurote Flagge mit den zwei Schneelöwen so positioniert, dass Touristen sie sehen können, wenn sie an dem großen Betonbau vorbeiströmen. Jedes Jahr, wenn weltweit Städte in Solidarität am 10. März die Flagge Tibets hissen, um an den tibetischen Volksaufstand 1959 zu erinnern, ist auch Brand für die Aktion unterwegs.

von Simon Book, Jürgen Berke, Melanie Bergermann, Lea Deuber, Konrad Fischer, Matthias Kamp, Silke Wettach

Wenn sich die Chinesische Botschaft an der Jannowitz-Brücke in Berlin über einen Politiker in Deutschland ärgert, dann ist das der aufmüpfige Brand. Der Konflikt zwischen ihm und der Vertretung eskalierte, als er im Mai 2016 eine Reise mit dem Menschenrechtsausschuss nach Tibet plant. Brand pflegt seit langem Kontakte zur Tibet Initiative Deutschland, einem Verein, der sich für die Interessen der Tibeter einsetzt. Das ist nichts ungewöhnlich für einen Politiker, der sich mit Menschenrechten beschäftigt. Immerhin ist die Lage der Tibeter weltweit Dauerthema. Brands Engagement ärgerte China trotzdem so, dass Peking Bedingungen für die Reise stellte. Würde er fahren wollen, müsse Brand seine Teilnahme an einer Veranstaltung der Initiative absagen. Berichte zu dem Thema sollten zudem von seiner Bundestags-Internetseite verschwinden.

Dafür besuchen ihn erst Vertreter der chinesischen Botschaft in seinem Büro. Dann folgte eine Einladung des chinesischen Botschafters. Der Abgeordnete schüttelt heute noch entrüstet den Kopf, wenn er daran denkt, wie der chinesische Botschafter mit ihm um Bild und Text verhandeln wollte. Er blieb damals hart. Sich wegducken wäre fatal gewesen, sagt Brand. „Schwäche lädt autoritäre Regime ein.“

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