Außereuropäische Handelsplätze Börsen-Streit trübt Beziehungen zwischen Schweiz und EU

Für die EU-Entscheidung, den Zugang zu Schweizer Börsen auf ein Jahr zu befristen, gibt es nun Kritik aus der dortigen Politik. Bundespräsidentin Doris Leuthard betrachtet die Entscheidung als Diskriminierung.

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Laut Bundespräsidentin Doris Leuthard erfüllen die Standorte Bern und Zürich alle Voraussetzungen für eine unbefristete Anerkennung. Quelle: AP

Zürich/Brüssel Der lediglich befristete Zugang der Schweizer Börsen zur Europäischen Union sorgt für neue Spannungen. Die Schweizer Regierung fand am Donnerstag scharfe Worte für die Entscheidung der EU-Regierungen, die Börsen in Zürich und Bern vorerst nur ein Jahr lang als gleichwertige außereuropäische Handelsplätze zu betrachten.

„Die Schweiz erfüllt die Bedingungen für die Anerkennung der Börsenäquivalenz genauso wie die anderen Drittstaaten, die eine unbefristete Anerkennung bekommen haben“, sagte Bundespräsidentin Doris Leuthard. „Daher betrachten wir die befristete Anerkennung als klare Diskriminierung der Schweiz.“ Sie äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der EU-Entscheidung.

Ursprünglich hatte die EU-Kommission eine unbefristete Anerkennung der Schweizer Börsen vorgeschlagen - so wie bei US-Handelsplätzen. Nun knüpft die Brüsseler Behörde eine Verlängerung an das Zustandekommen eines Rahmenabkommens, das das Verhältnis von Schweiz und EU umfassend regeln soll. „Es gibt Unmut, dass in den institutionellen Verhandlungen mit der Schweiz keine Fortschritte gemacht wurden“, sagte ein EU-Vertreter. „Also haben wir uns auf einen überarbeiteten Beschluss von einem Jahr geeinigt, der an Fortschritte bei den breiteren Beziehungen gekoppelt ist.“

Bundespräsidentin Leuthard stellte als Reaktion künftige Unterstützungszahlungen an die EU, die sogenannte Kohäsionsmilliarde, infrage. Die Regierung behalte sich vor, die Arbeiten an der entsprechenden Gesetzesvorlage neu zu beurteilen, sagte sie.

Die Schweizer Regierung kündigte zudem Maßnahmen zur Stärkung des heimischen Finanzplatzes an. Das Finanzministerium soll dafür bis Ende Januar Vorschläge unterbreiten. Im Vordergrund stehe die Abschaffung der sogenannten Stempelabgabe, die bei Wertpapiertransaktionen erhoben wird.

Der verschärfte Ton kontrastiert mit den jüngsten Anzeichen für eine Entspannung nach jahrelangem Hickhack. Zwar brachte ein Staatsbesuch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im November keinen Durchbruch in den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen. Aber sowohl Leuthard als auch Junker zeigten sich damals zuversichtlich, dass die seit 2014 andauernden Gespräche bis zum Frühjahr 2018 abgeschlossen werden können.

Das Klima zwischen der Alpenrepublik und der EU ist frostig, seit sich die Schweizer mit der sogenannten Masseneinwanderungsinitiative für eine Begrenzung des Zuzugs von EU-Bürgern ausgesprochen haben. Denn die EU fordert als Gegenleistung für den vollen Zugang zum EU-Binnenmarkt die Akzeptanz der Grundfreiheiten für Arbeitnehmer, Kapital, Güter und Dienstleistungen. Zwar ist dieses Streitthema mittlerweile weitgehend beigelegt. Aber es fehlt weiterhin das Rahmenabkommen, mit dem die EU die Verträge, welche die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Staatengemeinschaft derzeit regeln, ersetzen will.

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