Auswanderung Arbeitnehmer-Sonne scheint im Ausland

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Nicola Fuchs-Schündeln Quelle: Foto: Bert Bostelmann für Wirtschaftswoche

So erging es auch Nicola Fuchs-Schündeln. Die 38-Jährige hat in Köln Lateinamerikastudien und Volkswirtschaft studiert. Für die Promotion ging sie 1999 nach Yale "wegen des strukturierten Doktorandenprogramms" und lehrte anschließend als Assistenzprofessorin in Harvard. Zehn Jahre genoss Fuchs-Schündeln die "ansteckende Forschungsbegeisterung" an den amerikanischen Eliteuniversitäten. Seit vorletztem Jahr ist die Ökonomin jedoch wieder in Deutschland und lehrt als Professorin Makroökonomie und Entwicklung an der Universität Frankfurt. Keine Frage, sie hätte in den USA ihre Karriere fortsetzen können. Aber für sie und ihren Mann, ebenfalls ein Volkswirt, war immer klar: "In Deutschland fühlen wir uns heimisch.“ Bewusst pflegten sie die Kontakte in der Heimat, besuchten dort regelmäßig Konferenzen.

Viele Wissenschaftler kehren zurück

 Als beiden 2009 ein Lehrstuhl an der Goethe-Universität angeboten wurde, sagten sie zu. Der Zeitpunkt war günstig: Das Paar hat drei Söhne, die in den USA geboren wurden. „Als Teenager findet man es nicht lustig, quer über den Atlantik zu ziehen“, sagt Fuchs-Schündeln, „deshalb wollten wir lieber zurückkommen, als sie noch relativ jung waren.“ Wie Fuchs-Schündeln kehren viele Wissenschaftler nach einiger Zeit zurück nach Deutschland, bestätigen neue Studien. Die Migrationsforscher Lenore Sauer und Andreas Ette vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden haben nicht nur analysiert, wer das Land verlässt, sondern auch, wer mittelfristig zurückkehrt. Ihr wichtigster Befund: Es ist ein Trugschluss, dass Deutschland zu einem Auswanderungsland geworden sei.

Dauerhafter Abschied eher selten

Zwar ist richtig, dass sich die internationale Mobilität der Deutschen seit den Siebzigerjahren mehr als verdreifacht hat. Dies ist jedoch nicht auf Deutschland beschränkt. Länder wie Großbritannien, Schweden oder die Niederlande haben -sogar noch deutlich höhere Auswanderungsraten. Vor allem aber: Der Großteil der Deutschen verlässt die Heimat nur für einen begrenzten Zeitraum. So kehrten von etwa 122 000 Deutschen, die ihre Heimat zwischen 1996 und 2006 in Richtung EU-Ausland verließen, 95 000 wieder heim – eine Rückwanderungsquote von 78 Prozent.

Auch stellen hoch Qualifizierte die größte Gruppe unter den Auswanderern: Rund die Hälfte der 25- bis 64-Jährigen, die Deutschland verlassen, hat einen Hochschulabschluss. Jeder Zweite ist als „Wissenschaftler“ oder „Führungskraft“ tätig. Das gilt für die beiden beliebtesten Ziele deutscher Auswanderer, die USA und die Schweiz, ebenso wie für die EU-Länder.Doch ein dauerhafter Abschied von Deutschland ist besonders bei Akademikern eher selten: 85 Prozent der ausgewanderten Hochschulabsolventen kehrten in dem betrachteten Jahrzehnt wieder zurück.Deshalb sprechen Sauer und Ette lieber von „Brain-Circulation“ statt von „Brain-Drain“: Arbeitskräfte kehren reich an Erfahrungen wieder zurück – die hoch Qualifizierten im Schnitt bereits nach zwei Jahren. Nur jeder fünfte Emigrant bleibt der Heimat fünf Jahre oder länger fern.

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