Bahnverkehr in Europa Vorfahrt für Güterzüge

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Container am Umschlagbahnhof Quelle: AP

Die Mitgliedsländer können selbst entscheiden, wo die Korridore verlaufen sollen. Da sich ein Großteil des Güterverkehrs in Deutschland auf drei Achsen konzentriert, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass es sich um die Strecken Rotterdam-Köln-Mannheim-Basel-Genua handeln wird, sowie um Duisburg-Berlin-Warschau und um Stockholm-Hamburg-München-Neapel.

Auf diesen Strecken bekommen Güterzüge nicht nur Vorfahrt, der Netzbetreiber müsste auch vorab für das ganze Jahr minutiöse Pläne aufstellen. Die bürokratische Jahresplanung ärgert die Bahn: „Woher sollen wir jetzt schon wissen, wie viele Güterzüge im September fahren werden?“, heißt es in der Konzernzentrale in Berlin.

Auch Ökonomen hadern mit dem Kommissionsvorschlag. Als „ordnungspolitisch verfehlt“ bezeichnet ihn Benedikt Langner vom Centrum für Europäische Politik. Weil den Personenzügen in den Güterkorridoren weniger Trassen zur Verfügung stehen, seien dort „höhere Trassenentgelte und damit höhere Preise im Personenverkehr und eine geringere Taktung von Personenzügen zu erwarten“.

EU fehlt Koordination

Am stärksten dürfte der Konflikt zwischen Personen- und Frachtverkehr auf der viel befahrenen Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel ausbrechen. Werden dort Güterzüge bevorzugt, haben Personenzüge kaum noch eine Chance. Die Strecke illustriert aber auch, was der Kern des Problems ist: zu geringe Investitionen in Infrastruktur. „Statt Mangelverwaltung zu betreiben, sollte die Kommission lieber ein Verfahren finden, damit die Mitgliedsländer ihr Investitionsverhalten aufeinander abstimmen“, sagt der frühere Bahn-Chef Johannes Ludewig, heute Exekutivdirektor der Gemeinschaft Europäischer Bahn- und Infrastrukturgesellschaften (CER).

Gemeinsam mit der Bahn betreibt er in Brüssel Lobbyarbeit, damit der Kommissionsvorschlag flexibler wird. Am 30. März wird der Verkehrsausschuss des Europaparlaments über die Verordnung abstimmen. Die Bahn hofft, dass man in Brüssel dabei einen Widerspruch entdecken wird: „Es ist grotesk, dass die EU eine Verordnung erlassen hat, wie Passagiere bei Verspätung entschädigt werden und nun dem Güterverkehr Vorrang einräumt.“

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