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Ein Demonstrant schwenkt während eines Protests gegen den iranischen Raketenangriff auf US-Stützpunkte im Irak in der Nähe des Tahrir-Platzes eine irakische Flagge. Quelle: dpa

Die Europäer, wie ein Pudding im Niemandsland

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Egal ob Huawei, Nord Stream oder Iran, Trumps Brachialpolitik verunsichert die Wirtschaft. Aber Europas Unentschlossenheit macht alles noch schlimmer.

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Er sagte den Satz der Sätze. „Die Gefahr des Zwischen-die-Fronten-Geratens scheint mir real zu sein“, kommentierte der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels das Engagement der inzwischen evakuierten Soldaten im Irak. Die USA hatten zuvor den iranischen General Kassem Soleimani liquidiert. Seither brennt es im Nahen Osten.

Zwischen den Fronten, wieder einmal. Ein Dauerzustand, der nicht nur für die Bundeswehr, sondern für Deutschland und mit ihm Europa gilt. Der US-Präsident provoziert mit einer brachialen Geopolitik seine Gegner in Teheran, Moskau, Peking – und lässt die Europäer wie ein Pudding im Niemandsland aussehen. Die einen halten zum gelernten Immobilienmakler, die anderen zum gelernten Spion, die Dritten zu China und der Rest weiß es nicht so genau.

Donald Trump sorgt für Verunsicherung, beklagt die Wirtschaft. Dass es die europäische Union der Zauderer noch schlimmer macht, dagegen keiner. Doch wer nicht als selbstbewusster Block mit einem gigantischen Binnenmarkt handelt, wird nun mal behandelt. Das zeigt das Beispiel Huawei. Trump sieht die 5G-Technologie als neue Atombombe und den chinesischen Ausrüster als verlängerten Arm von Maos Parteienkeln. Entsprechend hart drohen seine Leute etwa den Deutschen, die Chinesen drohen zurück. Seit wenigen Tagen auch offen. Festlegen will sich hier dennoch keiner, sondern es allen recht machen – was selten funktioniert.

Beispiel Nord Stream 2: Die Amerikaner wollen um jeden Preis verhindern, dass die Europäer am russischen Gastropf hängen. Die Osteuropäer wollen das auch, die Deutschen nicht, und der Rest schwankt.

Jetzt also Iran. Eigentlich sollte es ein Testlauf für Brüssels Supermachtträume werden. Nach der Aufkündigung des Atomabkommens durch die USA wollte man die US-Sanktionen gegen Teheran mit Hilfe einer eigenen Abwicklungsgesellschaft umgehen. Bislang scheinen nur ein paar wenige Transaktionen in der Pipeline zu sein. Entsprechend bescheiden ist auch das Auftreten in der jüngsten Krise. Bloß keine klare Position beziehen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hätte besser einen Great statt Green Deal propagiert. Für ein souveränes Europa, das sich eine eigene Meinung leisten kann – und mit grüner Energie nicht nur das Klima schützt, sondern auch seine Unabhängigkeit gegenüber fragwürdigen Präsidenten und Öl-Scheichs.

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