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Quelle: REUTERS

Sind Maos Enkel nur ein Vorwand?

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Endlich weiß jeder Europäer, dass es eine Strategie gegen Chinas Expansion braucht. Eine klientelgesteuerte Industriepolitik kann aber keine Lösung sein.

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Auf Kühltruhen gibt es staatlich verordnete Rabatte. Die Shoppinglaune der Chinesen hängt nämlich durch. Und Peking zittert. Jeder Parteikommunist weiß, dass sich das Riesenreich mit unzufriedenen Arbeitern nicht regieren lässt. Nur die Einlösung des Wohlstandsversprechens sichert Diktator Xi Jinping die Macht.

Zum Kalkül des Staatspräsidenten gehört auch ein forscher Expansionskurs. Eine Branche nach der anderen soll erobert werden. Aus den Kopisten ist ein Heer von Innovatoren geworden, das den Besitzstand westlicher Firmen bedroht. Ohne Firmen wie den umstrittenen Technologieriesen Huawei ist gar die Einführung des Mobilfunkstandards 5G kaum noch denkbar, beweist das Beispiel Schweiz.

Inzwischen begreift der letzte Europäer den Ernst der Lage. Zu lange stand man China naiv gegenüber, hoffte auf Wandel durch Handel und zahlte brav Entwicklungshilfe. Der Wandel findet auch statt, nur dummerweise in die falsche Richtung. Das westliche Denken erobert nicht Peking, sondern es läuft umgekehrt. Industriepolitik gilt nun als Superwaffe gegen die Bedrohung aus Asien. Minister Peter Altmaier trommelt dafür, sein französischer Kollege sowieso und neben den Spitzen in Brüssel auch CEOs aus der Dax-Liga.

Zu Recht fordern sie einen Plan für den Umgang mit China. Neben einer modernen Infrastruktur braucht es EU-weit eine geförderte Hightechforschung nach israelischem oder US-Vorbild, eine konsequente Überwachung von Firmenübernahmen in sensiblen Bereichen, eine Anpassung des Wettbewerbsrechts an die globalisierte Welt, internationale Wirtschaftshilfe als Gegengewicht zur Seidenstraßen-Initiative und harte Sanktionen für den Fall, dass Peking die Reziprozität blockiert.

Aber eine Industriepolitik im engsten Sinne kann keine Lösung sein, also die gezielte Förderung einzelner Branchen und Unternehmen. Man wird in diesen Tagen den Verdacht nicht los, dass die Spontanliebe zum staatlichen Eingriff Menschen erfasst, die mit der Lobbyarbeit in Regierungskreisen viel Erfahrung haben. Eine Industriepolitik ist nicht nur anfällig für marktferne Fehlplanungen, sondern auch für klientelgetriebene Prioritätensetzung und Beziehungsdelikte aller Art. Großkonzerne sind da im Vorteil, Mittelständler nicht. Die Offensive von Maos Enkeln darf kein Vorwand für Mauscheleien und Mammutprojekte sein, die am Ende den Steuerzahler teuer zu stehen kommen.

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