Banken stellen Zahlungsverkehr ein „Todesstoß für europäische Unternehmen in Iran“

José Campos Nave Quelle: PR

Am 30. Juni stellen viele Banken ihren Zahlungsverkehr mit Iran ein. Der Anwalt José Campos Nave vertritt deutsche Mittelständler in Iran und erklärt die Konsequenzen des Rückzugs und mögliche Auswege für Mittelständler.

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Herr Campos Nave, Sie haben mehrere Mittelständler bei ihrer Expansion in den iranischen Markt begleitet, Ihre Kanzlei verfügt über eine eigene Niederlassung in Teheran, Sie sind also nah dran. Wie ist die Stimmung bei den deutschen Unternehmern vor Ort?
Sehr schlecht. Mit Abschluss des Atomdeals hatten viele auf einen riesigen Markt gehofft – denn die Iraner brauchen unsere Produkte. Die Industrie ist nach wie vor hoffnungslos veraltet. Wir hätten Schienen, Maschinen, Eisenbahnen und Flugzeuge exportieren können. Deswegen haben einige unserer Mandanten vor Ort Millionen investiert und Strukturen aufgebaut. Selbst als Donald Trump gewählt war, hatte niemand ernsthaft damit gerechnet, dass er wirklich seine Wahlkampfdrohung wahrmacht und aus dem Atomabkommen aussteigt – ich auch nicht.

Ende August treten erste Sanktionen gegen Unternehmen, die mit Iran Geschäfte machen, wieder in Kraft. Banken wie die DZ Bank oder die Oberbank aus Österreich stellen deswegen ab dem 30. Juni ihren Zahlungsverkehr nach Iran ein. Wie sehr trifft das europäische Unternehmer vor Ort?
Die Finanzierung über Banken war auch vor Trumps Kehrtwende schon schwierig. Die großen Geldhäuser haben sich von vornherein nicht in Iran engagiert. Dass die Banken, die sich hierversuchten, nun auch ihre Tätigkeit einstellen, ist für die europäischen Geschäfte vor Ort der Todesstoß. Es gibt einige Bankenvertreter, die mir im persönlichen Gespräch gesagt haben, sie wickelten zumindest noch die Geschäfte ab, die vor Trumps Ankündigung im Mai abgeschlossen wurden. Aber nicht einmal daran glaube ich. Es wird vielleicht noch eine Karenzpflicht geben, aber das war es dann auch.

Wickeln die Banken keine Geschäfte in Iran mehr ab, erhalten Verkäufer aus Europa für ihre Waren kein Geld mehr...
...und die Folge ist, dass europäische Unternehmer nichts mehr nach Iran exportieren werden. Jeder, der jetzt noch exportiert, sieht kein Geld mehr für seine Waren. Faktisch werden ab dem 1. Juli keine Zahlungen mehr abgewickelt.

Vor diesem Hintergrund: Was raten Sie Ihren Kunden? Ihr Geschäft möglichst schnell abzuwickeln?
Wir vertreten Anlage- und Maschinenbauer, Automobilzulieferer und Unternehmen aus der IT-Branche. Ich rate ihnen allen das Gleiche: keine weiteren Investitionen tätigen, keine weiteren Produktionsanlagen aufbauen und erst einmal abwarten, wie hart die Sanktionen, die bis Ende des Jahres stufenweise wieder in Kraft treten, wirklich sind. Niemand sollte das Risiko steigern – sofort das ganze Geschäfte abzuwickeln ist aber auch keine Lösung. Mit denjenigen unserer Mandanten, die Strukturen in Russland oder der Türkei haben, prüfen wir gemeinsam, ob sie ihre Geschäfte und Zahlungsströme über solche Drittländer abwickeln können, die Iran weiter nahestehen.

Hat Ihr Mandant eine Gesellschaft in Russland und wickelt dort seine Zahlungen mit Iran ab, bleibt das Geld aber in Russland.
Das Geld wird er nicht nach Deutschland schaffen können, das ist richtig. Aber so kann er zumindest in seine Strukturen in Russland investieren.

Sind solche Exporte über Drittländer, wie Sie sie Ihren Mandaten empfehlen, für Mittelständler überhaupt machbar?
Extra eine Gesellschaft in einem Drittland zu gründen, nur um weiter Waren nach Iran exportieren zu können, lohnt sich nicht, das wäre in Anbetracht der möglichen Gewinnmargen viel zu teuer. Mir geht es nur um diejenigen Unternehmen, die bereits Niederlassungen in Russland oder der Türkei haben.

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