Der US-Kongress hat den Weg für eine erste erhebliche Lockerung der im Zuge der großen Finanzkrise von 2008 verschärften Vorschriften für Banken freigemacht. Nach dem Senat stimmte am Dienstag (Ortszeit) in Washington auch das Repräsentantenhaus für eine Rücknahme wesentlicher Teile des „Dodd-Frank“-Gesetzes, das erneute Bankenpleiten zulasten der Steuerzahler künftig verhindern sollte.
Als nächstes wird die Gesetzesreform US-Präsident Donald Trump zur finalen Verabschiedung vorgelegt, er dürfte mit seiner Unterschrift nicht lange zögern. Trump hatte der Finanzlobby schon kurz nach seinem Amtsantritt 2017 eine große Freude mit dem Versprechen gemacht, die „Dodd-Frank“-Regeln in großem Stil zurückzudrehen.
Komplett zurückgenommen werden soll das 2010 von Trumps Vorgänger Barack Obama verabschiedete Gesetz aber nicht. Ein zentraler Teil der Reform sieht zunächst vor, kleine und regionale Banken von den striktesten Regeln auszunehmen und erst ab verwalteter Vermögen von 250 Milliarden Dollar zu Sonderauflagen wie jährlichen Stresstests zu verpflichten. Bislang liegt die Schwelle bei 50 Milliarden Dollar.
Das bedeutet die Lockerung der US-Bankenregulierung
Das Gesetz ist nach den demokratischen US-Abgeordneten Barney Frank und Christopher Dodd benannt. Frank war damals der Top-Demokrat im Finanzdienstleistungsausschuss des Repräsentantenhauses, Dodd der Vorsitzende des Bankenausschusses im Senat.
Nach dem Gesetz müssen große Banken sogenannte Stresstests absolvieren, um sicherzustellen, dass sie im Falle einer Wirtschaftskrise genügend Kapital für das Auffangen von Verlusten hätten. Für Geschäftsbanken werden zudem strikte Beschränkungen gesetzt, wie sie Kapital in spekulative Anlagen investieren können. Dodd-Frank gab der US-Regierung in Washington zudem ein Verfahren, wie sie ein finanziell scheiterndes Unternehmen auflösen kann, falls es die Finanzstabilität der Vereinigten Staaten bedroht. Darüber hinaus wurde mit dem Regelwerk eine neue Institution eingerichtet, die Banken und andere Finanzinstitute auf einen rechtmäßigen Umgang mit Konsumenten kontrolliert. Das ist allerdings nur ein kleiner Einblick - insgesamt umfasst das Werk fast 2300 Seiten.
Bereits beim Durchbringen des Regelwerks vor acht Jahren hatten die Befürworter in beiden Kongresskammern Mühe, ausreichend Stimmen hinter sich zu versammeln. Im Repräsentantenhaus stimmten lediglich drei Republikaner mit der Mehrheit der Demokraten, im Senat waren es nur zwei. Bei der Unterzeichnung des „Dodd-Frank“-Gesetzes sagte der damalige Präsident Barack Obama, das Finanzsystem der Nation funktioniere am Ende nur, wenn es klare Regeln und grundsätzliche Richtlinien gebe, um Missbrauch zu verhindern und Exzesse zu kontrollieren. Die Gesetzgebung solle „sicherstellen, dass es profitabler ist, nach den Regeln zu spielen, als das System auszutricksen“, erklärte Obama. „Dafür sind diese Reformen entwickelt worden - nicht mehr, nicht weniger.“
Die von den Republikanern veranlasste Änderung erhöht die Schwelle, ab der Banken im Falle einer Pleite als mögliche Bedrohung fürs Finanzsystem angesehen werden. Der entsprechende Grenzwert für Vermögen wurde um das Fünffache angehoben, also auf 250 Milliarden Dollar. Unterstützer des Gesetzentwurfs glauben, die Änderung werde die Kreditvergabe erleichtern und die Wirtschaft ankurbeln. Kritiker befürchten, dass der Steuerzahler wie bei der letzten Finanzkrise wieder für die Rettung von Banken bemüht werden könnte.
Das ist zu erwarten. Im Wahlkampf bezeichnete Donald Trump das „Dodd-Frank“-Gesetz immer wieder als „Desaster“, das das Wirtschaftswachstum zum Erliegen gebracht habe.
Durch die Anhebung dieses Grenzwerts dürfte künftig nur noch eine kleine Gruppe von Großbanken strengerer Aufsicht unterliegen. Die Gesetzesreform passierte das Haus mit 258 zu 159 Stimmen. Der Senat hatte im März mit 67 zu 31 dafür votiert. Da es sich um einen Deal mit den Demokraten handelte, gehen die vereinbarten Lockerungen einigen republikanischen Abgeordneten noch nicht weit genug.
Letztlich begnügte sich die Partei jedoch vorerst mit dem nun erzielten Kompromiss, den sie auch eher als Auftakt zu weiteren Lockerungen betrachtet. Trump selbst hatte „Dodd-Frank“ als „Desaster“ bezeichnet und am liebsten ganz abschaffen wollen. Er meint, dass das Gesetz Banken die Kreditvergabe erschwere. Die verfügbaren Daten liefern dafür aber keine handfesten Hinweise.
Für die Banken-Lobby - insbesondere die der kleineren Institute - ist die Reform ein großer Erfolg, auch wenn sie sich nicht allen Belangen durchsetzen konnte. Die Geldhäuser profitieren bereits von Trumps Steuerreform und verbuchen ohnehin sprudelnde Gewinne. Verfechter strikterer Regulierung warnen hingegen, dass die aufgeweichten Vorschriften zu höheren Risiken für Verbraucher führen könnten. Die Bemühungen zum Rückbau der „Dodd-Frank“-Regeln sind damit noch nicht abgeschlossen. Wall-Street-Firmen wie Goldman Sachs ist innerhalb des Gesetzespakets insbesondere die „Volcker Rule“ ein Dorn im Auge, die diesmal noch nicht angetastet wurde. Die Regel verbietet Banken die Finanzspekulation auf eigene Rechnung, um Kundeneinlagen besser zu schützen. Die US-Notenbank und andere Behörden arbeiten schon länger an einem Vorschlag für eine laschere „Volcker Rule 2.0“.