Beamtengewalt Bodycams für New Yorker Polizisten

Lange arbeitete die New Yorker Polizei an der Ausstattung mit Kameras, nun scheint Schwung in die Sache zu kommen. Die Geräte sollen nach Skandalen um Polizeigewalt für mehr Transparenz sorgen. Doch sie sind umstritten.

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Bis zum Jahr 2019 plant die Polizei in New York ihre Beamten mit Kameras auszustatten. Doch nicht allen Polizisten ist das Recht. Quelle: dpa

New York Die New Yorker Polizei will bis 2019 alle 23.000 Streifenpolizisten mit Körperkameras ausrüsten – ein ambitionierter Plan, mit dem sie alle anderen US-Städte weit hinter sich lassen würde. Für den demokratischen Bürgermeister Bill de Blasio ist diese Maßnahme entscheidend, um das Vertrauen zwischen Polizisten und Bürgern nach diversen Skandalen um Gewalt der Beamten wieder herzustellen. Damit werde eine „Atmosphäre von Transparenz und Rechenschaft zum Wohle aller“ geschaffen, ist de Blasio überzeugt.

Doch bislang hinkt die größte Polizeibehörde des Landes anderen Metropolen hinterher, hat nur begrenzte Erfahrung mit den Kameras – und aktuell keine einzige auf den Straßen im Einsatz. Das Projekt wurde im Januar im Rahmen einer Vereinbarung der Stadt mit der Polizeigewerkschaft bekannt gegeben. Ein Bundesgericht war dabei schon 2013 zu dem Schluss gekommen, dass die New Yorker Polizei Angehörige von Minderheiten zu Unrecht besonders ins Visier nahm, und ordnete einen Versuch mit den sogenannten Bodycams an.

Die tödlichen Schüsse auf den afroamerikanischen Schüler Michael Brown in Ferguson im US-Staat Missouri, 2014 und andere, von Polizisten verursachte Todesfälle in den USA ließen Rufe lauter werden, Beamte landesweit mit tragbaren Kameras auszurüsten, um von Fehlverhalten abzuschrecken und Schießereien sowie Zusammenstöße zu dokumentieren.

Seither machten Polizeibehörden in den USA Fortschritte. In Philadelphia und Houston wurde ein kleiner Prozentsatz von Polizisten mit Kameras ausgerüstet. Chicago will die Installierung von rund 7.000 Kameras bis Ende dieses Jahres und damit früher als geplant abschließen. Die Polizeitruppe von San Francisco, die noch im Herbst über keine Kameras verfügte, hat inzwischen mindestens 250 im Einsatz. Und auch in Baltimore, wo es nach dem Tod eines Mannes in Polizeigewahrsam 2015 zu Unruhen kam, wurden seit Mai etwa 600 Sicherheitskräfte mit Bodycams ausgestattet.

In New York indes experimentierte man bislang nur im kleinen Rahmen. So gab es ein Pilotprojekt mit 54 Kameras, das im vergangenen März beendet wurde. Die Einführung im größeren Stil, die sich aus dem Gerichtsurteil ergab, wurde erst Ende 2014 nach dem Abschluss von Berufungsverfahren ernsthaft angegangen. Ziel ist, 20 Polizeibezirke der Stadt in diesem Jahr mit 1.000 Kameras auszustatten.


Das denken die Beamten über die Kameras

Bis 2018 sollen es 5.000 sein. Dazu stimmte die Behörde einem Fünfjahresvertrag über 6,4 Millionen Dollar (6 Millionen Euro) mit dem Unternehmen Vievue aus Seattle zu. Er sieht 5.000 Bodycams und eine Speicherung der Daten in einer Cloud vor. Um den Auftrag hatten sich rund 50 Firmen beworben. Nach Beschwerden unterlegener Anbieter und Bedenken einiger Stadträte wegen Berichten über Probleme mit den Kameras in anderen Städten prüft die New Yorker Ermittlungsbehörde den Vertrag nun.

Der Rechnungshof der Stadt gab am Donnerstag unabhängig davon schon einmal grünes Licht. Wenn auch die Mitglieder der Polizeigewerkschaft der Vereinbarung zustimmen, wäre eine große Hürde aus dem Weg geräumt: Die Gewerkschaft würde eine Klage wegen der Kameras fallenlassen.

Doch die Stimmung unter den Beamten ist gemischt. Manche sagen, ihnen sei nicht wohl dabei, dass dann jeder ihrer Schritte aufgezeichnet werde. Andere glauben, damit werde ihre harte Arbeit verteidigt. Wieder andere fühlen sich beleidigt, weil die Kameras zum Ausdruck brächten, dass ihnen nicht vertraut werden könne.

Bürgerrechtsaktivisten haben Bedenken darüber geäußert, wie die Aufzeichnungen genutzt werden sollen. Polizeichef James O'Neill erklärte vergangene Woche, Studien hätten gezeigt, dass der Einsatz der Kameras sowohl das Verhalten der Sicherheitskräfte beeinflusse als auch das der Bürger, mit denen sie es zu tun haben. „Auf lange Sicht wird das einen sehr positiven Einfluss darauf haben, wie wir unser Geschäft angehen.“

Zu den größten Herausforderungen gehören die Speicherung und der Zugang zu den Daten. Zu klären ist, wann Polizisten die Kameras an- und abschalten dürfen, wer Zugang zu den Aufnahmen erhält und ob diese öffentlich gemacht werden. Dabei müssten Datenschutzbelange berücksichtigt werden, erklärt Lawrence Byrne, Vizechef der Rechtsabteilung der Polizeibehörde.

Die Kameras würden die Probleme allerdings nicht lösen, sondern nur dazu beitragen, sie offenzulegen, warnt Frank Merenda, früher Polizist und inzwischen Dozent für Strafjustiz am New Yorker Marist College, vor zu hohen Erwartungen. Ebenso viel Mühe wie in die Ausrüstung der Beamten mit Kameras müsse in Anstrengungen fließen, das Vorgehen der Polizei zu überarbeiten. „Man will auf diese Probleme nicht nur ein Schlaglicht werfen, man will sie auch lösen“, sagt Merenda.

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