Berlin intern

Trump meiden, so lange es geht

Gregor Peter Schmitz
Gregor Peter Schmitz Ehem. Leiter Hauptstadtbüro WirtschaftsWoche (Berlin)

Zwischen dem Republikaner Donald Trump und der deutschen Politik herrscht totale Funkstille. Anders als bei anderen schwierigen Partnern setzt die Regierung darauf, dass Trump sich selbst erledigt.

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Trump „jämmerlich unvorbereitet“ für Präsidentschaft
„Hillary Clinton will Amerikas Angela Merkel werden, und ihr wisst, was für eine Katastrophe diese massive Einwanderung für Deutschland und die Menschen Deutschlands ist“, sagte Trump Mitte August in einer außenpolitischen Rede in Youngstown (Ohio). „Die Kriminalität ist auf ein Niveau gestiegen, das niemand geglaubt hat, je zu sehen.“ Die USA hätten genug Probleme, ohne sich durch die ungezügelte Aufnahme syrischer Flüchtlinge weitere aufzubürden. Quelle: AP
„Jämmerlich unvorbereitet“, um die USA als Präsident führen zu können, ist Donald Trump nach Aussagen von US-Präsident Barack Obama. Auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus forderte Obama die Republikaner am Dienstag auf, Trump nicht mehr zu unterstützen. Dabei gehe es um mehr als unterschiedliche Ansichten politischer Natur, sagte Obama. Trotz des wachsenden Unmuts gegenüber Trump hat bisher kein Republikaner ihm seine Unterstützung entzogen. Obama sagte, republikanische Politiker hätten wiederholt feststellen müssen, dass Äußerungen Trumps inakzeptabel seien. „Warum unterstützen Sie ihn dann noch?“, fragte Obama. Quelle: dpa
„Belgien ist eine wunderschöne Stadt und ein herrlicher Ort - großartige Gebäude“, sagte Donald Trump in einer Rede und zeigte, wie es um seine geographischen Kenntnissen bestellt ist. „Ich war mal dort, vor vielen, vielen Jahren. Vor ein paar Monaten habe ich dann ein Statement abgegeben, nach dem Motto, Belgien ist ein elendes Loch. Dafür wurde ich dann schwer kritisiert, man hat gesagt, was für eine böse Sache - und dann hatten sie in Belgien dieses massive Problem.“ Quelle: dpa
US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat die Washington Post von künftigen Wahlkampfauftritten ausgeschlossen: Auf Facebook bezeichnete er das Blatt als "unehrlich und verlogen". Die Washington Post hatte erst kürzlich kritisch über den Milliardär berichtet. In den Augen von Trump sei die Berichterstattung "unglaublich fehlerhaft", deshalb habe er der Zeitung die Akkreditierung für seine Wahlkampfveranstaltungen entzogen.Der umstrittene republikanische Präsidentschaftsbewerber Trump ist ein Quereinsteiger und hat noch nie ein politisches Amt bekleidet. Im Wahlkampf macht er immer wieder mit skurrilen Aussprüchen auf sich aufmerksam. Quelle: AP
Donald Trump Quelle: REUTERS
Donald Trump Quelle: dpa
Trumps Knaller nach dem Sieg in den Vorwahlen von Nevada: „Wir haben bei den Evangelikalen gewonnen. Wir haben bei den Jungen gewonnen, wir haben bei den Alten gewonnen. Wir haben bei den gut Gebildeten gewonnen, wir haben bei den schlecht Gebildeten gewonnen. Ich liebe die schlecht Gebildeten.“ Quelle: REUTERS

Kanzlerin Angela Merkel mag es nicht, wenn andere Politiker öffentlich abgestempelt werden, bevor sie überhaupt ihr Amt angetreten haben. Sie hält derartige Vorverurteilung für eine Verrohung der politischen Sitten. Selbst wenn Politiker sich so disqualifizieren wie etwa Brexit-Rüpler Boris Johnson, wird man von der Kanzlerin kein böses Wort vernehmen, ehe sie dem neuen britischen Außenminister selbst begegnet ist (und danach vermutlich auch nicht). Merkel begrüßte auch Alexis Tsipras als griechischen Premier mit ausgesuchter Höflichkeit, ganz gleich, wie lautstark dieser im Wahlkampf auf Athener Straßen über die Deutschen geschimpft hatte. Erst mal abwarten, wie sie wirklich sind, so scheint die Merkel’sche Devise zu lauten, Offenheit ist Trumpf.

Trumps Ansichten im Faktencheck
Milliardär und Republikaner Donald Trump Quelle: dpa
Trump und Putin Quelle: dpa
New York City am 11. Septembers 2001 Quelle: dpa
Trump und Geld Quelle: REUTERS
Trump und HandelTrump: „Beim Handel gehen wir völlig unter. . Mit China werden wir handelsmäßig 505 Milliarden Dollar verlieren. . . Mexiko, (sind es) 58 Milliarden Dollar. Japan, wahrscheinlich etwa, sie wissen es noch nicht genau, aber (da sind es) etwa 109 Milliarden Dollar.“Die Fakten: Trump liegt beim US-Handelsdefizit mit China völlig daneben. Es betrug 2015 insgesamt 365,7 Milliarden Dollar – ein Rekord und das größte Defizit der USA mit einem anderen Land. Doch das US-Defizit mit allen Ländern zusammen lag vergangenes Jahr bei 531,5 Milliarden nach 508,3 Milliarden im Jahr 2014 – also etwa so viel wie Trump nur dem Handel mit China zuschrieb. Bei den Zahlen für Mexiko lag Trump richtig, nicht aber bei jenen für Japan. Es betrug im vergangenen Jahr nicht 109 Milliarden, sondern 68,6 Milliarden. Quelle: dpa
Donald Trump Quelle: AP
Donald Trump und Hillary Clinton Quelle: dpa

Für einen politischen Vertreter gilt diese Aufgeschlossenheit jedoch nicht, und er kommt ausgerechnet aus dem wichtigsten deutschen Partnerland, den USA: Donald Trump. Zwar sind auch zum exzentrischen Hoffnungsträger der Republikaner offiziell keine bösen Worte zu vernehmen. Doch inoffiziell lässt Merkels Umfeld keinen Zweifel daran, dass man – anders als bei anderen schwierigen Partnern – bislang jede Befassung mit dem Amerikaner vermeiden will. Man setzt darauf, dass Trump ein böser Kandidatentraum bleibt, mit sehr geringen Chancen auf den Einzug ins Weiße Haus.

Eine kurze Umfrage unter drei der besten Kenner des transatlantischen Verhältnisses spiegelt wider, wie komplett die Kontaktsperre bislang ist. „Gute Frage“, schreibt eine Expertin auf die Anfrage, ob es Kontakte zwischen deutschen Politikern und dem Trump-Lager gebe. „Vielleicht Markus Söder?“, fügt sie hinzu, versehen mit einem Smiley. Ein anderer scherzt zynisch, außer den Anleihen bei Nazi-Hetzer Joseph Goebbels, die Trump offenbar nehme, sei ihm nichts Deutschlandrelevantes bekannt. Und ein weiterer wirft die Frage auf, ob je ein deutscher Politiker dem umstrittenen Kandidaten die Hand geschüttelt habe.

Umgekehrt gilt, dass Trump sich herzlich wenig um Deutschland schert – außer wenn er das Land als neuen Standort der Apokalypse zeichnen kann, überrannt von Flüchtlingen aus aller Welt. Der Republikaner hat auch nicht versucht, wie einst Kandidat Barack Obama, seine außenpolitische Reputation durch eine große Reise aufzufrischen, er fuhr lieber auf seinen eigenen Golfplatz in Schottland. Käme Trump nach Deutschland, würde er sich wahrscheinlich eher auf der Kölner Domplatte positionieren als vor der Berliner Siegessäule und an die Sexattacken durch Migranten in der Silvesternacht erinnern.

Es gibt niemanden in seiner Umgebung mit nennenswerter Deutschlanderfahrung, was bei Rivalin Hillary Clinton natürlich ganz anders ist. Sie kennt die meisten Akteure der hiesigen Politik persönlich und verfügt über ein großes Netzwerk. Der amtierende US-Botschafter in Deutschland, John Emerson, hat schon für ihren Mann gearbeitet. Und Kandidatin Clinton informiert sich gezielt über die deutsche politische Landschaft.

Derzeit verfassen einige Deutschlandkenner etwa ein Memo für sie über die mutmaßlichen Themen im Bundestagswahlkampf. She eats this stuff up, sagen die Autoren, was frei übersetzt heißt, dass Clinton solche Infos mit Vorliebe verdaut. Bei Trump müsste man eher fürchten, dass er die Autoren auffrisst, die ihm etwas über Deutschland vorlegen.

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