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Besuch bei Putin Sigmar Gabriel in der Höhle des Löwen

Völlig unverhofft landet Sigmar Gabriel mitten in der Weltpolitik: Der Vizekanzler trifft in Moskau den russischen Präsidenten. Berlin hofft auf Entspannung - auch weil deutsche Konzerne fürchten, in der Krim-Krise von Putin abgestraft zu werden.

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Eine Stunde lang reden Vizekanzler Gabriel und Kremlchef Putin in dessen Residenz nahe Moskau. Danach warnt der deutsche Wirtschaftsminister vor einem Rückfall in den „Kalten Krieg“. Quelle: dpa

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich bei einem Treffen mit Vizekanzler Sigmar Gabriel zur Bildung einer Ukraine-Kontaktgruppe weiter bedeckt gehalten. „Putin hat dazu weder Ja noch Nein gesagt“, sagte Gabriel am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem Kremlchef nahe Moskau. Der Bundeswirtschaftsminister warnte vor einer Eskalation und mahnte eine Verhandlungslösung an. „Wir sind kurz davor, Europa zurückzuwerfen in die Zeiten des "Kalten Krieges".“ Russland müsse bereit sein, an den Verhandlungstisch zu kommen. „Das Drohen mit Sanktionen wird irgendwann Konsequenzen haben.“ Die deutsche Wirtschaft warnte vor den negativen Folgen von Sanktionen.

Gabriel hatte eine Stunde lang mit Putin in dessen Residenz in Nowo-Ogarjowo die Lage auf der Schwarzmeer-Halbinsel sowie in der gesamten Ukraine erörtert. Der Vizekanzler war das erste deutsche Regierungsmitglied, das sich seit Ausbruch der Krise mit Putin traf. Kurz vor Ende des Gesprächs in kleinerem Kreis traf auch Regierungschef Dmitri Medwedew in der Residenz Putins ein. Wladimir Putin, der um 13.29 Uhr im dunklen Anzug von einem Nebenzimmer aus den Raum betritt, beherrscht auch in Krisenzeiten die hohe Kunst der Diplomatie aus dem Effeff. Der Vizekanzler bekommt jenen Platz an dem ovalen Edelholz-Tisch zugewiesen, von dem er durch die Fenster auf das weitläufige Gelände der Residenz Nowo Ogarjowo nahe Moskau schauen kann. Dafür hat der Stuhl des Präsidenten als einziger breite Armlehnen.

Die meiste Zeit in den folgenden 60 Minuten wird Deutsch gesprochen, wie Eingeweihte berichten. Das ist schlecht für Putins Wirtschaftsberater Juri Uschakow, dem so weite Teile des als sehr offen beschriebenen Gesprächs verborgen bleiben. Gabriel und Putin kannten sich vor diesem Donnerstag nur flüchtig. 2004 lief der heutige SPD-Vorsitzende dem Kremlchef in Hannover bei der großen Feier zum 60. Geburtstag des damaligen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder über den Weg.

Ein paar Jahre später sah man sich bei deutsch-russischen Konsultationen in Wiesbaden wieder. Gabriel war damals Umweltminister. Vor seiner Reise nach Moskau erkundigte er sich noch mal bei Schröder, was für ein Mensch dieser Putin denn sei. Oft war die große Nähe des Altkanzlers zu Putin für die Sozialdemokraten eine große Belastung, dieses Mal könnte es geholfen haben. Während in Brüssel die Staats- und Regierungschefs über mögliche Sanktionen verhandelten, hielt sich der Vizekanzler in Moskau gewissermaßen in der Höhle des Löwen auf. Eine nicht alltägliche Herausforderung - auch für einen SPD-Chef, der sich viel zutraut.

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