Besuch von Außenminister Maas Tansania will keine Entschädigung von Deutschland wegen Kolonialherrschaft

Seit Jahren verhandelt die Bundesrepublik mit Namibia über Wiedergutmachung für Gräueltaten während der Kolonialzeit. Anders in Tansania.

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Daressalam Kurz vor dem 100. Jahrestag des Endes der deutschen Kolonialherrschaft in Tansania sind Entschädigungsforderungen für die Regierung des ostafrikanischen Landes kein Thema. Außenminister Augustine Mahiga wies am Donnerstagabend nach einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas in Daressalam Reparationsforderungen einzelner Politiker und Gruppierungen in Tansania zurück. „Es ist kein Thema, das die Regierung aufgegriffen hat und wir denken, dass es andere Wege der gegenseitigen Unterstützung als die Forderung nach Entschädigung gibt“, sagte er.

Mahiga sah auch von der Forderung nach Rückgabe von afrikanischen Kunstobjekten aus deutschen Museen ab und wünschte sich stattdessen Hilfe bei archäologischen Projekten in Tansania. Über die Rückführung menschlicher Gebeine aus deutschen Sammlungen müsse man aber sprechen.

Maas sagte Tansania Hilfe bei der Restaurierung kolonialer Bauten zu. Man wolle „Erinnerungsmeilensteine architektonischer Art erhalten“, sagte er. Am Freitag will er in Daressalam mit einer Kranzniederlegung der afrikanischen Opfer des Ersten Weltkrieges gedenken. Tansania gehörte von 1885 bis 1918 zur Kolonie Deutsch-Ostafrika.

Im Ersten Weltkrieg kämpften und starben Tausende Afrikaner, die sogenannten Askari, im Krieg gegen die britischen, belgischen und portugiesischen Kolonialmächte. Insgesamt verloren Hunderttausende Afrikaner in Ostafrika ihr Leben. Die deutsche Kolonialherrschaft endete mit der Kapitulation der sogenannten deutschen Schutztruppe im November 1918.

Zwischen 1905 und 1907 war in Tansania der sogenannte Maji-Maji-Aufstand von deutschen Kolonialtruppen brutal niedergeschlagen worden. Viele Tausend Rebellen kamen ums Leben. Die Auseinandersetzung mit der Kolonialvergangenheit spielt in Tansania aber eine weitaus geringere Rolle als in Namibia, dem früheren Deutsch-Südwestfrika.

Seit Jahren verhandelt Deutschland mit Namibia über Wiedergutmachung für die während der Kaiserzeit von Kolonialherren begangenen Gräueltaten. Eine Einigung ist nicht in Sicht. „Die namibischen Erwartungen sind deutlich höher, als das was Deutschland tun kann“, sagte der deutsche Verhandlungsführer Ruprecht Polenz kürzlich der dpa. Um welche Summen es bei den Verhandlungen genau geht, hat bislang keine Seite preisgegeben.

Das deutsche Kaiserreich ging im sogenannten Deutsch-Südwestafrika skrupellos vor, bis hin zum Völkermord an den Stämmen der Herero und Nama. Von 1904 bis 1908 wurden Zehntausende getötet. Seit 2015 spricht auch die Bundesregierung offiziell von einem „Völkermord“. Der Maji-Maji-Aufstand wird dagegen von Tansania als kriegerische Auseinandersetzung angesehen.

Tansania ist die zweite Station der ersten Afrika-Reise des neuen Außenministers Maas nach Äthiopien. Er wird am Freitag in der Hauptstadt Daressalam eine Schule besuchen, an der Deutsch unterrichtet wird, und reist dann weiter nach Arusha in der Nähe des Kilimandscharos, des höchsten Berges Afrikas.

Dort besucht der SPD-Politiker den Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und die Ostafrikanische Gemeinschaft. Die EAC ist eine regionale Wirtschaftsunion, der sechs Länder mit 170 Millionen Einwohnern angehören. Ostafrika ist laut Weltbank die afrikanische Region mit dem höchsten Reformtempo.

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