Beziehungen USA und Großbritannien Tillersons Trostpflaster

Der amerikanische Außenminister Rex Tillerson ist zu Besuch in London und hat dabei nicht viel Zeit. Eine Stippvisite mit diplomatischem Tiefgang – beherrscht von der Frage, wann Donald Trump endlich Zeit hat.

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London Er hat es dann also doch getan: Am diesem Montag besuchte der amerikanische Außenminister Rex Tillerson die US-Botschaft in London. Kurz ließ er sich, Seite an Seite mit dem US-Botschafter Woody Johnson, von den Fotografen ablichten und verschwand dann rasch in das futuristisch anmutende Gebäude im Südwesten Londons für einen schnellen Rundgang. Die Zeit war knapp. Nicht einmal ein Meeting mit dem Botschaftspersonal, wie es Tillerson sonst bei derartigen Anlässen üblicherweise einplant, gab es. Und bis zuletzt war unklar, ob Tillerson überhaupt zur Botschaft kommen würde. Dass der Termin so diskret ausfiel, hatte einen guten Grund. Denn das Gebäude hatte schon vor seiner offiziellen Eröffnung für Aufregung gesorgt – auf beiden Seiten des Atlantiks.

Auslöser der diplomatischen Verwicklungen war ein Tweet des amerikanischen Präsidenten. Mit deutlichen Worten hatte Donald Trump die Einladung zur feierlichen Eröffnung des Gebäudes im Februar ausgeschlagen. Es sei „ein schlechter Deal“ seines Vorgängers Barack Obama gewesen, das bisherige Botschaftsgebäude in einem vornehmen Bezirk in der Innenstadt für „Peanuts“ zu verkaufen und dann für 1,2 Milliarden Dollar das neue Gebäude an seinem aktuellen, nicht so schicken Standort zu bauen, wetterte Trump über Twitter. Er werde jedenfalls nicht bei einer Eröffnung die Schärpe zerschneiden.

In Großbritannien hatte der Tweet mit der darin enthaltenen Erklärung, nicht nach London zu reisen, nervöse Debatten ausgelöst. Schließlich rühmt man sich auf der Insel einer „besonderen Beziehung“ zwischen den beiden Ländern. Doch seit seinem Amtsantritt vor genau einem Jahr hat der US-Präsident noch nicht einmal die Insel besucht. In Frankreich und Deutschland hatte sich Trump dagegen bereits blicken lassen.

Tillerson hatte das Fehlen seines Chefs zuletzt damit begründet, dass der US-Präsident die britische Premierministerin Theresa May nicht von den Vorbereitungen für den Brexit abhalten wolle. Doch gerade deswegen bemüht sich die britische Regierung auch um ein Treffen: Schließlich hoffen die Briten, nach dem Brexit lukrative Handelsabkommen mit Ländern außerhalb der EU zu schließen – und haben dabei vor allem die USA im Blick. Jedes Anzeichen dafür, dass die Beziehung zu den USA und zu deren Präsident Trump nicht so eng sein könnte wie gehofft, setzt die Premierministerin unter Druck. Dabei war die Stimmung zwischen den beiden Regierungschefs ohnehin angespannt, nachdem May sich kürzlich gezwungen sah, Trump für einen Retweet britischer Nationalisten zu kritisieren.

Selbst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, hatten britische Medien berichtet, habe Trump keine Zeit für einen kurzen Plausch mit seiner britischen Kollegin. Nun aber, so heißt es, habe sich doch eine Lücke im Terminkalender von Trump gefunden – zur großen Erleichterung der Briten.

Tillerson bemühte sich bei seiner Visite in der britischen Hauptstadt, gute Stimmung zu verbreiten. Er betonte, dass man auch auf der anderen Seite des Atlantiks die Beziehung zu Großbritannien in Ehren halte – selbst wenn sie manchmal in Vergessenheit gerate. „Wir verbringen viel Zeit damit, über die Probleme in dieser Welt zu sprechen”, sagte Tillerson. „Manchmal vergessen wir darüber die Bedeutung unserer eigenen Beziehung. Wir schätzen diese Beziehung“. Bei dem kurzen Besuch schaute Tillerson so auch nicht nur in der Botschaft vorbei, sondern schüttelte auch ausgiebig die Hand von seinem Amtskollegen Boris Johnson und sprach mit der britischen Premierministerin.

Offiziell stand die Lage im Jemen, in Syrien und die weiteren Schritte im Iran-Abkommen auf der Tagesordnung. Trump hatte gedroht, das 2015 geschlossene Atomabkommen mit dem Iran aufzukündigen. In London kündigte Tillerson Berichten zufolge an, eine Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Deals ins Leben zu rufen. „Ich denke, es herrscht zwischen den E3 (Großbritannien, Frankreich und Deutschland) Übereinstimmung darüber dass einige Aspekte des Deals oder des Verhaltens von Seiten des Iran adressiert werden sollten”, wird der Außenminister von britischen Medien zitiert.

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