Wer wissen möchte, wie hoch die Inflation in Argentinien ist hat ein Problem. Offiziell liegt die Preissteigerung bei knapp zehn Prozent, doch unabhängige Beobachter beziffern die Inflationsrate auf etwa 25 Prozent. Wirklich verlässliche Daten sind seit Monaten kaum zu bekommen.
Den Zahlen der Statistikbehörde INDEC glaubt in dem südamerikanischen Land fast niemand und selbst das angesehene britische Wirtschaftsmagazin „Economist“ weigert sich seit Jahresbeginn sogar, die INDEC-Zahlen abzudrucken. „Don´t lie to me Argentina“, betitelte der Economist seine Erklärung dazu - in Anlehnung an das bekannte Lied aus dem Musical Evita.
Die Briten haben auch einen guten Beleg dafür, dass mit Argentiniens Zahlen etwas nicht stimmt: Den Big-Mac-Index. Seit 1986 vergleichen sie anhand des populärsten Burgers bei McDonald´s die weltweiten Kaufkraftunterschiede und belegen damit David Ricardos Theorie der Kaufkraftparitäten.
In Argentinien legte der Burgerpreis in der vergangenen Dekade im Jahresschnitt um 19 Prozent zu – die offizielle Inflationsrate betrug nur zehn Prozent. „Die Differenz ist weit größer als in jedem anderen Land“, schreibt der Economist.
Doch selbst diese Zahlen sagen noch nicht die ganze Wahrheit, denn es ist seit Monaten ein offenes Geheimnis, dass auch bei den argentinischen Burgerpreisen etwas faul ist. Mit dem Big Mac war ausgerechnet einer der beliebtesten und meistverkauften Burger von den leuchtenden Werbetafeln in Argentinien verschwunden. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Burger-Kette dafür keine Werbung mehr nötig hatte, denn auch so verkaufte sich der Big Mac blendend.
Übt Argentinien Druck auf McDonald´s aus?
Kein Wunder, war der Preis dafür doch auch vergleichsweise günstig. Selbst die New York Times spekulierte daher darüber, dass die argentinische Regierung Druck auf McDonalds ausübe, um den Preis einzufrieren. Und auch wenn die Burgerkette offiziell immer eine Einmischung der Regierung in ihre Preisgestaltung zurückgewiesen hat, wäre das nicht ungewöhnlich. Schließlich berichten zahlreiche Unternehmer von Anrufen Guillermo Morenos, des mächtigen Strippenziehers im Wirtschaftsministerium, der gern persönlich Bedingungen für Importgenehmigungen stellt.
Nach Angaben argentinischer Medien ist der Big Mac Teil des Warenkorbs für die offizielle Inflationsrate, daher vermuteten diese hinter dem Big-Mac-Mysterium einen Versuch, die Zahlen klein zu halten und sogar die Position im Big-Mac-Index zu verbessern.
Doch den niedrigen Preis kann der Fastfood-Riese offensichtlich nicht halten: McDonald´s hat nun den Preis des Big Mac Menüs von 21 Pesos auf 26,50 Peso (4,70 Euro) angehoben – ein Anstieg von satten 26 Prozent.
„Moreno verliert die Schlacht gegen McDonalds“, schreiben argentinische Zeitungen. Doch dabei täuschen sie sich wohl. Denn während sich das Menü mit Pommes und Getränk massiv verteuert, sinkt der Preis des einzelnen Burgers erstaunlicherweise sogar, von 21 (4,68 Dollar) auf 19 Pesos (4,23 Dollar oder 3,37 Euro). Und dieser ist für den Big Mac Index maßgeblich. Während Argentinien im letzten Index noch Rang sieben belegte, sinkt das Land mit einem Dollarpreis von 4,23 pro Burger nun sogar unter den Schnitt im Euroraum (4,43 Dollar) und liegt etwa auf US-Niveau (4,20 Dollar).
Und die Burgerpreise im Rindfleischparadies zeigen noch andere Anomalitäten. Denn selbst nach dem 26-prozentigen Preisanstieg ist auch das Big Mac Menü verblüffend günstig. Während der Doppelburger mit Pommes und Getränk nun 26,50 Peso kostet, muss man für andere Menüs 36 bis 46 Peso zahlen. Und selbst für ein Kindermenü verlangt McDonald´s 32 Peso (5,68 Euro). Hierzulande kostet das Happy Meal meist 3,79 Euro, das Big Mac Menü 5,99 Euro.