Ausgerechnet in Deutschland ist das Gegenteil der Fall. Der Ruf der USA ist nach der Spionageaffäre so schlecht wie lange nicht. Welche Schuld trägt Obama?
Speziell in Deutschland wurden völlig unrealistische Hoffnungen in Barack Obama gesetzt. Das ist der Hauptgrund, weshalb wir das Buch ‚Entzauberung‘ genannt haben. In der Messianisierung Obamas spiegelte sich auch viel Unkenntnis über das Amt des US-Präsidenten wider. Wir sprechen zwar oft vom „mächtigsten Mann der Welt“, und das ist auch zum Teil richtig aufgrund der Größe und Stärke der USA, aber gleichwohl gilt: Der US-Präsident muss in der Politik, konkret: im Kongress, Partner gewinnen. Und zwar auch in den Reihen der politischen Gegner, schließlich stellen die Republikaner im Kongress seit Jahren die Mehrheit. Obama trägt gleichwohl eine Mitschuld an den enttäuschten Hoffnungen. Er ist diesen nicht früh entgegentreten und hat bis zuletzt gesagt: „Yes, we can, was in Deutsch so viel wie ‚wir schaffen das‘ heißt. In Fragen der Auslandsspionage ticken die Amerikaner und die Briten aus historischen Gründen anders als die Mehrheit der Deutschen, daher hat Obama die Empörung in Deutschland unterschätzt.
Zu den Autoren
Tobias Endler, 36 Jahre, ist Forschungskoordinator und Politikwissenschaftler am "Heidelberg Center for American Studies (HCA)" der Universität Heidelberg. Er verfolgt insbesondere die intellektuelle Debatte in den USA zur Rolle Amerikas in der Welt.
Martin Thunert, 56 Jahre, Forschungsdozent und Politikwissenschaftler am "Heidelberg Center for American Studies (HCA)" der Universität Heidelberg. Er verfolgt das politische Geschehen in den USA seit Jahren – und warnte schon zu Obamas Amtsantritt, dass der US-Präsident die immensen Erwartungen nicht erfüllen könnte.
Dabei war doch absehbar, dass er weder die Atomwaffen aus der Welt schafft, wie er 2008 andeutete. Noch etwa, dass er den Nahen Osten befriedet. Selbst das umstrittene Gefangenen-Lager Guantanamo Bay auf Kuba gibt es noch.
Obama muss sich – wie jeder Politiker – an seine Wahlversprechen messen lassen. Und da gibt es sicher ein paar wichtige Punkte, die nicht erledigt wurden, etwa die komplette Fehleinschätzung eines Neustarts mit Russland Keine Frage: Obama hat sich überschätzt und er hat das Amt überschätzt; wohl auch, weil er keine Exekutiverfahrung hatte und erst kurz in der Bundespolitik aktiv war, ehe er zum Präsidenten gewählt wurde. Dennoch ist er – auch außenpolitisch – kein gescheiterter Präsident, sondern einer mit einer insgesamt durchschnittlichen Bilanz.
Welches sind außenpolitisch seine größten Erfolge?
Was man mit Obama – auch weit nach seiner Amtszeit – verbinden wird, ist sicher der Schwenk nach Asien. Das ist eine geostrategische Ausrichtung, die wichtig und richtig ist. Die USA haben klar gemacht, dass sie dort präsent sind und präsent bleiben wollen. Das ist ein wichtiges Signal für alle Länder der Region, dass sie sich nicht mit China einlassen und gegen ihren Willen und unter Wert verkaufen müssen. Das transpazifische Freihandelsabkommen aber auch die Aufwertung Australiens zu einem erstklassigen Verbündeten passt perfekt zu dieser Ausrichtung.
Und sonst?
Das Iran-Abkommen könnte zu einem Meilenstein werden, wenn der Iran sich vertragskonform verhält, was viele in den USA für sehr fraglich halten. Obama hofft, mit dem Versprechen des Irans auf Atomwaffen zu verzichten, Israel seine Sorgen zu nehmen und Druck aus dem Nahostkonflikt zu nehmen. Der Ausgang ist offen, der erste Schritt aber gemacht, der Kongress konnte Obama nicht stoppen. Und die Verbesserung der Beziehung zu Kuba ist schon jetzt etwas Historisches. Nach 50 Jahren des Boykotts nähern sich die Länder an; die USA haben eine Botschaft in Havanna geöffnet, bald könnte der Handel zwischen den beiden Nationen Fahrt aufnehmen. Das ist wahrlich nicht zu unterschätzen – insbesondere auf der symbolischen Ebene. Gleichwohl wird Obama nicht ganz zu Unrecht kritisiert, dass der Kubanern zu wenig Zugeständnisse abgerungen hat.