Bilanz des US-Präsidenten "Obama hat sich selbst überschätzt"

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Warum das Buch 'Entzauberung' heißt

Ausgerechnet in Deutschland ist das Gegenteil der Fall. Der Ruf der USA ist nach der Spionageaffäre so schlecht wie lange nicht. Welche Schuld trägt Obama?

Speziell in Deutschland wurden völlig unrealistische Hoffnungen in Barack Obama gesetzt. Das ist der Hauptgrund, weshalb wir das Buch ‚Entzauberung‘ genannt haben. In der Messianisierung Obamas spiegelte sich auch viel Unkenntnis über das Amt des US-Präsidenten wider. Wir sprechen zwar oft vom „mächtigsten Mann der Welt“, und das ist auch zum Teil richtig aufgrund der Größe und Stärke der USA, aber gleichwohl gilt: Der US-Präsident muss in der Politik, konkret: im Kongress, Partner gewinnen. Und zwar auch in den Reihen der politischen Gegner, schließlich stellen die Republikaner im Kongress seit Jahren die Mehrheit. Obama trägt gleichwohl eine Mitschuld an den enttäuschten Hoffnungen. Er ist diesen nicht früh entgegentreten und hat bis zuletzt gesagt: „Yes, we can, was in Deutsch so viel wie ‚wir schaffen das‘ heißt. In Fragen der Auslandsspionage ticken die Amerikaner und die Briten aus historischen Gründen anders als die Mehrheit der Deutschen, daher hat Obama die Empörung in Deutschland unterschätzt.

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Dabei war doch absehbar, dass er weder die Atomwaffen aus der Welt schafft, wie er 2008 andeutete. Noch etwa, dass er den Nahen Osten befriedet. Selbst das umstrittene Gefangenen-Lager Guantanamo Bay auf Kuba gibt es noch.

Obama muss sich – wie jeder Politiker – an seine Wahlversprechen messen lassen. Und da gibt es sicher ein paar wichtige Punkte, die nicht erledigt wurden, etwa die komplette Fehleinschätzung eines Neustarts mit Russland Keine Frage: Obama hat sich überschätzt und er hat das Amt überschätzt; wohl auch, weil er keine Exekutiverfahrung hatte und erst kurz in der Bundespolitik aktiv war, ehe er zum Präsidenten gewählt wurde. Dennoch ist er – auch außenpolitisch – kein gescheiterter Präsident, sondern einer mit einer insgesamt durchschnittlichen Bilanz.

Welches sind außenpolitisch seine größten Erfolge?

Was man mit Obama – auch weit nach seiner Amtszeit – verbinden wird, ist sicher der Schwenk nach Asien. Das ist eine geostrategische Ausrichtung, die wichtig und richtig ist. Die USA haben klar gemacht, dass sie dort präsent sind und präsent bleiben wollen. Das ist ein wichtiges Signal für alle Länder der Region, dass sie sich nicht mit China einlassen und gegen ihren Willen und unter Wert verkaufen müssen. Das transpazifische Freihandelsabkommen aber auch die Aufwertung Australiens zu einem erstklassigen Verbündeten passt perfekt zu dieser Ausrichtung.

Das sind die mächtigsten Menschen der Welt
Platz zehnAlljährlich kürt das amerikanische Forbes-Magazin die mächtigsten Menschen der Welt. 100 Personen listet das Magazin auf, die dank ihres Vermögens, ihrer unternehmerischen Verantwortung oder ihres politischen Amtes Einfluss auf das Weltgeschehen haben. Den zehnten Platz belegen im Jahr 2015 zwei Menschen: Die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page teilen sich den Platz. Sie sind erst im letzten Jahr neu in die Top Ten der mächtigsten Menschen der Welt aufgestiegen. Quelle: AP
Indian Prime Minister Narendra Modi Quelle: REUTERS
Platz achtZum zweiten Mal unter den Top Ten der mächtigsten Menschen ist der britische Premier David Cameron. Im vergangenen Jahr belegte er noch den zehnten Platz, weil es ihm gelungen war, Schottland doch noch im Vereinten Königreich zu halten. Seiner Wiederwahl im Mai verdanke er den Aufstieg auf Platz acht. Quelle: AP
Platz siebenSie bestimmt nicht nur die Geldpolitik der USA, auch Aktienindizes wie der Dax reagieren auf ihr Wort: Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank Fed, ist die zweitmächtigste Frau der Welt. Quelle: REUTERS
Bill Gates Quelle: dapd
Platz fünfChinas Parteichef Xi Jinping ist nicht nur Chinas starker Mann. Im Ranking schafft er es auf Platz fünf der mächtigsten Menschen der Welt. Im Vorjahr belegte er allerdings noch den dritten Rang. Quelle: dpa
Platz vierWie in den zwei vorangegangenen Jahren landet der amtierende Papst Franziskus auf Platz vier. Im Jahr 2012 belegte das Oberhaupt der Katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., Platz fünf. Quelle: dpa

Und sonst?

Das Iran-Abkommen könnte zu einem Meilenstein werden, wenn der Iran sich vertragskonform verhält, was viele in den USA für sehr fraglich halten. Obama hofft, mit dem Versprechen des Irans auf Atomwaffen zu verzichten, Israel seine Sorgen zu nehmen und Druck aus dem Nahostkonflikt zu nehmen. Der Ausgang ist offen, der erste Schritt aber gemacht, der Kongress konnte Obama nicht stoppen. Und die Verbesserung der Beziehung zu Kuba ist schon jetzt etwas Historisches. Nach 50 Jahren des Boykotts nähern sich die Länder an; die USA haben eine Botschaft in Havanna geöffnet, bald könnte der Handel zwischen den beiden Nationen Fahrt aufnehmen. Das ist wahrlich nicht zu unterschätzen – insbesondere auf der symbolischen Ebene. Gleichwohl wird Obama nicht ganz zu Unrecht kritisiert, dass der Kubanern zu wenig Zugeständnisse abgerungen hat.

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