Bilderberger-Treffen Geheimbund der Macht

Es ist der Gipfel nach dem Gipfel. Viele sagen, er sei die wichtigere Zusammenkunft. Nach dem G7-Treffen auf Schloss Elmau werden die Bilderberger geheimnisvoll in Tirol tagen. Ein Fest für Verschwörungstheoretiker.

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Treffpunkt für eine sagenumwobene Gruppe: ein Hotel in Tirol. Quelle: PR

Die Kulisse ist traumhaft. Umgeben von den mächtigen Tiroler Bergen liegt auf 1300 Meter über den Meeresspiegel das imposante Interalpen-Hotel Tyrol. Die vor 30 Jahren erbaute Luxusherberge der deutschen Baumaschinen-Unternehmerfamilie Liebherr ist dank ihrer einzigartigen Lage unweit von Seefeld der ideale Ort für das Treffen der Bilderberger. Denn die Mächtigen in Politik und Wirtschaft haben es nach dem G7-Treffen im oberbayerischen Schloss Elmau nicht weit zum österreichischen Tagungsort, der mit seinen grandiosen Panoramablick und einen 5000 Quadratmeter großen Wellness-Bereich die wichtige Persönlichkeiten verwöhnt.

Bei den Treffen der informellen Bilderberg-Treffen vom 10. bis 14. Juni, nur rund 40 Kilometer von Schloss Elmau, geht es um die großen Themen dieser Welt, darunter das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der USA und der EU sowie die Situation in der Ukraine und in Syrien. Die Gästeliste ist geheim. Selbst die Ergebnisse oder gar Absprachen werden nicht mitgeteilt. Eine Anfrage des Handelsblatts ließ der Zirkel unbeantwortet.

Putin spricht...

Was für ein Fest für Verschwörungstheoretiker: Von einer „Weltdiktatur“ dieses ominösen Geheimbunds warnte schon 1980 Des Griffin im Buch „Die Herrscher – Luzifers fünfte Kolonne“. Autor Andreas von Rétyi wiederum macht die Bilderberger ganz konkret für eine ganze Reihe von Ereignissen verantwortlich: die Ölkrise 1973, die deutsche Wiedervereinigung, den Irakkrieg.

Organisiert wird das geheime Treffen von einem Lenkungsausschuss unter Führung von Henri de Castries, Vorstandschef des französischen Versicherungskonzerns Axa. Dem Lenkungsausschuss gehören auch eine Reihe von Bankern führender Investmentbanken wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und Lazard sowie Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet und der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, aber Alcoa-Chef Klaus Kleinfeld und der EADS-Chef Thomas Enders.


140 Teilnehmer erwartet

Benannt ist die Konferenz mit den handverlesenen Gästen nach dem holländischen Hotel de Bilderberg. Dort lud 1954 Prinz Bernhard der Niederlande einflussreiche Persönlichkeiten ein, um hinter verschlossenen Türen die internationalen Problem zu diskutieren und nach Lösungen zu suchen.

Kritiker werfen der Bilderberg-Konferenz vor, einen angeblich gewaltigen Einfluss auf Politik und Wirtschaft außerhalb des demokratischen Meinungsbildungskongress auszuüben. Der in der Protestszene populäre Buchautor („Drahtzieher der Macht: Die Bilderberger“) Gerhard Wisnewski spricht von einer „Verschwörung der Spitzen von Wirtschaft, Politik und Medien.“

Die erwarteten 140 Persönlichkeiten können sich auf keinen freundlichen Empfang in Österreich gefasst machen. Zahlreiche Organisation wie die Globalisierungsgegner von Attac und alpenländische Parteien wie die Grünen, KPÖ und Piraten haben ihren Protest angekündigt. In Telfs, dem Ort des Interalpen-Hotel Tyrol, soll am 13. Juni eine Demonstration mit 1000 bis 2000 Menschen stattfinden. In Innsbruck ist außerdem eine alternative Konferenz für 12. Juni geplant.

Die Protestorganisationen sprechen von einem „organisierten Geheimtreffen“. Sie fordern von den Bilderbergern volle Transparenz. „Wir sind nicht einverstanden damit, dass sich demokratisch gewählte Politiker, aber auch die Inhaber großer Medienverlagshäuser, hinter verschlossenen Türen mit hochrangigen Vertreter von Militär, Geheimdiensten, Bankenwesen und Großkonzernen treffen, um aktuelle Themen von allgemeinem Interesse, die uns alle betreffen, zu besprechen“, teilten die Protestorganisationen mit.

Die Putin-Versteher
Helmut Schmidt (SPD), Ex-BundeskanzlerAltkanzler Helmut Schmidt hat sich für mehr Verständnis für Russland und Präsident Wladimir Putin ausgesprochen. Andernfalls sei „nicht völlig ausgeschlossen“, dass aus dem Konflikt um die Ukraine „sogar ein heißer Krieg wird“, sagte Schmidt. Die großen Sorgen Putins gälten weniger der Ukraine, Polen oder Litauen, sondern den Nachbarn China, Pakistan und ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken, sagte Schmidt. Angesichts dieser Lage sei Putin die Zukunft der Ukraine „weniger wichtig“. Russland sei von den Beschlüssen der EU zur Ost-Erweiterung Anfang der Neunziger Jahre in einer „Wild-West-Periode“ unter dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin überrascht worden. „Das rächt sich heute“, sagte Schmidt, denn Jelzins Nachfolger Putin habe Russland wieder internationale Beachtung verschafft. „Putins Politik muss uns nicht gefallen. Aber wir müssen sie aus der Geschichte verstehen und ernst nehmen.“ Quelle: dpa
Dietmar Bartsch, die LinkeIn Anne Wills Sendung zum Mord an Putin-Kritiker Boris Nemzow sagte Dietmar Bartsch von den Linken, dass das „Oberlehrertum" Deutschlands gegenüber Russland den Deutschen nicht zustehe und erinnerte an den Zweiten Weltkrieg. In Bezug auf die Entfremdung zwischen Russland und dem restlichen Europa fragte Bartsch, ob „wir“ dazu nicht einen Beitrag geleistet und antwortete sogleich mit: „Ich glaube schon.“ Weiter sagte er zur Annexion der Krim und den Krieg in der Ostukraine, Putin habe schon Gründe für sein Handeln, vielleicht fühle sich Russland mit gutem Grund bedroht und greife präventiv die Ukraine an. Auch gegen Wirtschaftssanktionen sprach er sich aus. Quelle: dpa
Siemens-Chef Joe Kaeser Alle reden über Sanktionen gegen Russland – und Siemens-Chef Joe Kaeser pflegt Kundenkontakte. Er besuchte Russlands Präsident Wladimir Putin und traf in dessen Residenz nahe Moskau auch den Chef der russischen Eisenbahn, Wladimir Yakunin. Dass der auf der Sanktionsliste der USA steht, seitdem Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektierte, störte Kaeser nicht weiter.  Im ZDF-„heute journal“ sagte er dazu: „Wir schließen nicht Geschäfte mit Menschen ab, die zufällig ein Unternehmen leiten, sondern mit den Unternehmen als Ganzes. Und das sind Einzelpersonen in aller Regel zweitrangig.“ Auch sonst fand der Siemens-Chef nichts dabei, in der derzeitigen angespannten Lage, nach Russland zu reisen und Putin zu treffen. Kaeser betonte, „(…)dass wir uns von kurzfristigen Turbulenzen in unserer langfristigen Planung nicht übermäßig leiten lassen“. Und er fügte hinzu: „Wenn ich die Kommentare so mancher Altbundeskanzler bewerte, fühlt man sich nicht besonders allein. (…)“ Gemeint sind Gerhard Schröder und Helmut Schmidt, die beide Verständnis für Putins Vorgehen in der Krim-Krise geäußert hatten. Quelle: dpa
Peter Gauweiler, CSU-VizeDer stellvertretende CSU-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler kritisierte den Kurs der Regierung Merkel in der Krim-Krise scharf. Im „Stern sagte der 64-Jährige, Washington und Brüssel, die EU, hätten „uns in eine gefährliche Drohungseskalation gebracht“. Dass Kanzlerin Angela Merkel wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland wolle und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine größere Truppenpräsenz an der Ostgrenze der Nato forderte, bezeichnete er als „Säbelrasseln“ und „gefährliche Kraftmeierei“. Man dürfte nicht ignorieren, dass Russlands Präsident Wladimir Putin in der Krim-Frage die Mehrheit der Russen hinter sich habe und dem Volk seinen Stolz zurückgegeben habe. Drohungen würden hier nicht weiterhelfen. Die Entsendung von Jagdbombern und Kampfjets der Nato nach Polen und Litauen war in den Augen von Gauweiler der falsche Weg. „Solche militärischen Spiele müssen sofort aufhören. Ein militärisches Vorgehen ist keine Option. Oder wollen die ein neues 1914?“ Quelle: dpa
Gerhard Schröder (SPD), Ex-BundeskanzlerGerhard Schröder gilt als Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Sozialdemokrat ist seit seinem Ausscheiden aus der Politik Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG, bei der der russische Staatskonzern Gazprom die Mehrheit der Anteile hält. Schröder lehnt es ab, Putin wegen seines völkerrechtswidrigen Handelns auf der Krim mit erhobenem Zeigefinger gegenüberzutreten. Er begründet dies damit, dass er selbst das Völkerrecht gebrochen habe, als es um die deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg gegen Serbien während seiner Regierungszeit gegangen sei. Quelle: AP
Gregor Gysi, LinksfraktionschefLinken-Fraktionschef Gregor Gysi kritisiert zwar den Griff Russlands nach der Krim. Für nicht akzeptabel hält er allerdings, dass mit der Ostausdehnung der Nato nach dem Kalten Krieg russische Sicherheitsinteressen massiv verletzt wurden. Kanzlerin Angela Merkel hält er zudem vor, beim Völkerrecht mit zweierlei Maß zu rechnen. Auch die Abtrennung des Kosovo von Serbien sei ein Rechtsbruch gewesen. Außerdem arbeite die Bundesregierung mit der Übergangsregierung in Kiew zusammen, an der Faschisten beteiligt seien. Die Strafaktionen gegen Russland lehnte er ab. Quelle: dpa
Sahra Wagenknecht, LinksparteivizeDer Westen sollte sich nach den Worten der stellvertretenden Linkspartei-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht mit einer möglichen Angliederung der Krim an Russland abfinden. „Es gibt machtpolitische Gegebenheiten, die man akzeptieren muss.“ Wirtschaftssanktionen gegen Russland lehnt sie ab. Kritisch sieht sie die jetzige Regierung in Kiew, in der „Neofaschisten“ und „Antisemiten“ säßen. „Insofern ist das eine Reaktion auf eine Fehlentwicklung“, sagte sie. Der Bundesregierung hält Wagenknecht eine „zutiefst heuchlerische Außenpolitik“ vor. „Die USA und die Bundesrepublik haben jedes Recht verwirkt, Völkerrechtsbrüche zu kritisieren, weil sie selber so viele begangen haben.“ Quelle: dpa

Die österreichische Polizei rüstet sich unterdessen für mögliche Gewalttäter. Nicht nur für das Gipfeltreffen in Schloss Elmau von 7. bis 8. Juni, sondern auch für das internationale Bilderberg-Treffen in Tirol werden die Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zwischen Österreich und Bayern massiv ausgebaut. Die Alpenrepublik bietet 2100 Polizisten für die Sicherheit der Konferenz auf. Wasserwerfer, Helikopter und Wärmebildfahrzeuge wurden bereits nach Tirol verlegt. Das Interalpen-Hotel Tyrol wird hermetisch abgeriegelt sein. Für die Sicherheit sorgt zudem ein privater Wachdienst.

Die österreichische Regierung hält sich bei dem Treffen fern. Sowohl der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) als auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ließen mitteilen, dass sie trotz der Einladung durch den Bilderberg-Vorsitzenden Henri de Castries nicht nach Tirol kommen werden.

In Österreich hat das Treffen der Bilderberger unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu einer heftigen Diskussion geführt. Nach Angaben des SPÖ-Minister betragen die Kosten für das G-7- und der Bilderberg-Treffen voraussichtlich 5,7 Millionen Euro. Das österreichische Innenministerium will Zahlen erst nach den Treffen nennen.

Die Polizeibehörden verweisen darauf, dass sie zu den aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen völkerrechtlich gezwungen sei, da mindestens drei Vertreter von Staaten oder internationalen Organisation an der Tiroler Bilderberg-Konferenz teilnehmen würden. „Das mag ja für offizielle Staatsbesuche und öffentliche Veranstaltungen durchaus stimmig sein, dennoch ist es für die meisten Bürger nicht nachvollziehbar, wenn sie die Einsatzkosten der Exekutive auch im Falle einer Privatveranstaltung gänzlich alleine tragen sollen“, klagen die Protestorganisation in ihrem Blog.

In der Vergangenheit haben an den Treffen der einmal jährlich stattfindende Bilderberg-Gruppe ehemalige Politiker wie der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, der Ex-Außenminister Joschka Fischer, Ex-Siemens-Chef Peter Löscher und der Silicon-Valley-Investor Peter Thiel teilgenommen. Beim Treffen in Kopenhagen im vergangenen Jahr kam neben der niederländischen Königin Beatrix auch Google-Aufsichtsratschef Eric Schmidt, NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde.

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