Boom gestoppt Chinas Auslandsinvestitionen brechen ein

Der internationale Kaufrausch chinesischer Firmen ist gestoppt – zumindest vorerst. Nachdem Peking strenge Kapitalverkehrskontrollen eingeführt hat, brachen die Auslandsinvestitionen im Januar ein.

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Im vergangenen Jahr war so viel Kapital im Ausland angelegt worden wie niemals zuvor, besonders Deutschland war bei chinesischen Firmen beliebt. Quelle: dpa

Peking Pan Gongsheng ist einer der mächtigsten Staatsbanker Chinas. Der Vizegouverneur der Zentralbank leitet das Devisenamt Safe der Volksrepublik. Auf der einen Seite, soll er den Schatz an chinesischen Devisenreserven gewinnbringend im Ausland anlegen. Auf der anderen Seite gibt seine Behörde die Regeln für chinesische Investitionen im Ausland vor. Und darauf liegt derzeit der Fokus von Pan. Denn momentan fließt wesentlich mehr Kapital aus der Volkrepublik ab, als das Land an Investitionen anlocken kann. Deshalb hat Pan seine Mitarbeiter angewiesen, Auslandsdeals strenger zu prüfen.

Eigentlich erlebte China einen regelrechten Boom an Auslandsinvestitionen. Im vergangenen Jahr war so viel Kapital im Ausland angelegt worden wie niemals zuvor, besonders Deutschland war bei chinesischen Firmen beliebt.

Doch die strengen Beamten haben den Boom gestoppt. Die Direktinvestitionen im Ausland sind im Januar regelrecht eingebrochen. Der Rückgang betrug im ersten Monat des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 35,7 Prozent auf 53,3 Milliarden Yuan (rund 7,3 Milliarden Euro), wie aus Zahlen des Handelsministeriums hervorgeht.

Das ist ein Alarmsignal für Safe, sondern Grund zum Jubeln. „Der Druck auf die grenzüberschreitenden Kapitalflüsse ist deutlich zurückgegangen“, teilte das Devisenamt am Freitag mit. Anders ausgedrückt: Weil weniger Kapital im Ausland abfließt, die Investitionen in China jedoch weitgehend konstant bleiben, sind die Nettoabflüsse zurückgegangen. Für Januar verbuchte das Devisenamt ein Minus von 19,2 Milliarden Dollar. Das sind rund 60 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, wie das Amt mitteilte.

Pans Mitarbeiter wollen jedoch nicht pauschal Deals stoppen, sondern Firmen bei Übernahmen in andere Sektoren umlenken. So wurden im Januar fast keine Investitionen im Kultur- und Unterhaltungsbereich getätigt. Das Minus betrug in dem Sektor gigantische 93,3 Prozent. Ähnlich streng gingen die Beamten gegen Immobilien-Deals vor. Hier fiel das Minus mit 84,3 Prozent fast genau so groß aus. Dafür ermunterte die Behörden Firmen zu Investitionen in Hochtechnologie.

Deutschland sei und bleibe weiterhin für China sehr interessant, hob der chinesische Botschafter in Deutschland, Shi Mingde, im Interview mit dem Handelsblatt hervor. „China war im vergangenen Jahr der größte Handelspartner Deutschland weltweit“, sagte Shi. Mehr als 8.200 deutsche Firmen seien in China tätig. Gerade in ungewissen Zeiten nach dem Brexit und der neuen US-Administration unter Präsident Donald Trump müssten Deutschland und China enger zusammenstehen. „Wir sollten gemeinsam für offenen Handel eintreten“, forderte Shi.

Chinas Kaufrausch ist noch lange nicht vorbei. „Der langfristige Trend bleibt unverändert“, sagte der Chef des China-Forschungsinstituts Merics in Berlin, Sebastian Heilmann, vergangene Woche bei der Konferenz „Asia Business Insights“ von Handelsblatt und HSBC in Düsseldorf. Zwar bremse Peking kurzfristig den Abfluss von Kapital ins Ausland. Auf lange Sicht wolle China jedoch die heimische Industrie mit der Übernahme von Schlüsseltechnologien aus dem Ausland stärken.

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