Boris Simin „Russland droht, ein gescheiterter Staat zu werden“

Quelle: Bloomberg

Boris Simin, Sohn des russischen Mobilfunkpioniers und Oligarchen Dimitri Simin, hat eine ganz besondere Verbindung zu Alexej Nawalny. Seit Jahren unterstützt er den russischen Politiker – auch finanziell.

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Boris Simin meldet sich aus Zypern zum Gespräch. Dort verbringt er derzeit hauptsächlich seine Zeit. Der Sohn des russischen Mobilfunkpioniers und Oligarchen Dmitri Simin trägt ein dunkles T-Shirt mit Fahrradaufdruck, dazu ein paar AirPods Max.

WirtschaftsWoche: Herr Simin, nachdem Alexej Nawalny im vergangenen Sommer in Russland vergiftet wurde, haben Sie für seinen Transport nach Berlin bezahlt. Dort wurde er behandelt und konnte genesen. Warum haben Sie sich entschieden, in dieser Situation zu helfen?
Boris Simin: Ich kenne Alexej bereits seit mehr als zehn Jahren. Ich bin nicht Teil seiner Organisation, aber einer von tausenden Unterstützern. Als sein Stabschef Leonid Volkov sich bei mit gemeldet hat, war für mich klar, dass ich helfen würde. Sie haben mir die Rechnung geschickt und ich habe bezahlt.

Wie haben Sie Nawalny kennengelernt?
Das erste Mal haben wir uns ins Moskau getroffen. Wir besprachen seine Aktivitäten im Bereich Korruptionsbekämpfung. Ich wollte helfen, also habe ich ihm gesagt, er solle eine Stiftung oder etwas ähnliches gründen, damit ich ihn transparent und legal unterstützen kann. So kam es dann zur Einrichtung der Anti-Korruptionsstiftung FBK. Ich war einer der ersten Spender der Stiftung.

von Julian Heißler, Sascha Zastiral

FBK hat derzeit große Probleme. Die russische Regierung hat die Stiftung zum ausländischen Agenten erklärt. Sie befindet sich in Auflösung...
Wie man sehen kann, existiert sie noch und arbeitet weiter. Ich nehme an, es hat Änderungen in der rechtlichen Struktur gegeben, aber die Aktivitäten, die wir mit FBK verbinden, dauern an.

Was hat Sie dazu gebracht, den russischen Oppositionsführer zu unterstützen?
Oppositionsführer ist leider nicht die passende Bezeichnung für Alexej. Der Begriff legt nahe, wir hätten in Russland ein normales Parlament mit freien Parteien, in dem jemand eine alternative Vision zur Agenda der Regierung formuliert. Aber so ist es nicht. Derzeit gibt es keine Möglichkeit, unseren politischen Willen auszudrücken. Dabei wünschen sich viele Menschen ein anderes Russland als das von Putin und seinen Unterstützern. Alexej ist einer von ihnen. Er gibt ihnen eine Stimme.

Wie würden Sie seine Rolle innerhalb der Opposition beschreiben?
Ich denke, er ist am besten in der Lage, die Sorgen und Gedanken des russischen Volkes auszudrücken. Er ist Politiker – und er sollte wie ein Politiker handeln. Aber das ist kompliziert. Es gibt einen legalen Raum für ihn in Putins System. Ich unterstütze ihn, weil auch ich denke, dass sich unser Heimatland anders entwickeln sollte. Und Alexej denkt das auch. Er ist vermutlich die beste Stimme, um den Forderungen von Millionen Russen nach Veränderung Ausdruck zu verleihen.



Wie sollte sich Russland aus Ihrer Sicht verändern?
Ich will, dass unser Land zu einer normalen Demokratie wird. Im Moment wirkt Russland wie eine Wirklichkeit gewordene sowjetische Karikatur des Westens: Die Polizei geht gegen das Freiheitsstreben der Menschen mit dem Knüppel vor, Geld wird wie ein Götze verehrt und eine extrem reiche Minderheit, die Oligarchen, pressen Milliarden aus dem russischen Volk. So müsste es aber nichts sein.

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