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Branchen Gewinner und Verlierer der Dollarstärke

Der starke Dollar beflügelt deutsche Exporteure, bremst aber Luftfahrt und Verbraucher aus. Auch US-Unternehmen haben das Nachsehen.

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Logo von K+S Quelle: dpa

Mehrere Hundert Meter tief sind die Stollen, aus denen der Düngemittelkonzern K+S seinen Reichtum baggert. Das Dax-Unternehmen mit Sitz in Kassel fördert seine begehrten Salz- und Magnesiumprodukte ausschließlich in deutschen Bergwerken, erzielt aber rund die Hälfte seiner Umsätze in Dollar. Und weil die US-Währung gegenüber dem Euro kräftig aufgewertet hat, zählt das Unternehmen zu den Profiteuren der aktuellen Dollar-Hausse. „Insgesamt gehen wir für die K+S Gruppe davon aus, dass ein um zehn Cent stärkerer Dollar für unser operatives Ergebnis ein Plus von 50 Millionen Euro bedeuten würde“, rechnet ein Sprecher vor.

Doch wo Gewinner sind, gibt es auch Verlierer. Zum Problem wird die Dollar-Hausse für die Luftfahrt. Ihr geht der Preisvorteil beim Kerosineinkauf verloren, weil das eigentlich billiger werdende Öl in aufwertender US-Währung zu zahlen ist. Gleichzeitig sinkt das Interesse heimischer Touristen an Flügen ins außereuropäische Ausland, während sich die vom billigen Euro angelockten Besucher Deutschlands meist von den Fluglinien ihrer Heimatländer befördern lassen.

Das sind die Gewinner und Verlierer der Währungsschwäche

Flugzeugbauer

Auch für die Flugzeugbauer wie den Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus Group oder den Münchner Triebwerkshersteller MTU ist der starke Greenback keine Hilfe. Die Unternehmen hatten sich auf einen fallenden Dollar eingestellt. So hat sich Airbus noch Ende vergangenen Jahres zu einem Kurs von gut 1,30 Dollar pro Euro abgesichert. Die Folge: Beim Verkauf eines Verkehrsflugzeugs vom Typ Airbus A320 zum Listenpreis von 97 Millionen Dollar bekommt Airbus wegen des gesicherten Wechselkurses nur 74 Millionen Euro statt gut 91 Millionen Euro zum aktuellen Kurs. „Wir sind fast vollständig abgesichert bis 2017“, sagt der heutige Finanzvorstand Harald Wilhelm. „Erst danach entlastet uns der stärkere Dollar so richtig.“

Konzernchef Tom Enders reagiert auf die veränderte Währungsrelation, indem er mehr Produktion in den Dollar-Raum verlagert. Auf diese Weise deckt Airbus bereits fast zwei Drittel seiner Dollar-Einnahmen – statt rund 40 Prozent vor gut fünf Jahren. Zudem soll ein Flugzeugwerk im US-Bundesstaat Alabama öffnen und auch das Werk im chinesischen Tianjin mehr Maschinen produzieren.

Mit welchen Maßnahmen Regierungen und Notenbanken Sparer attackieren können
Instrument: NiedrigzinsAusgestaltung: Notenbank kauft (über Banken, die günstig Geld bekommen) Staatsanleihen; Notenbank hält Leitzinsen unten negativ betroffen wären/sind: Konten, Anleihen, Lebensversicherung, Betriebsrenten, Versorgungswerke Eintrittswahrscheinlichkeit: läuft bereits; ••••• wie gefährlich für das Vermögen?: Inflation frisst Zinsen; Sparen lohnt sich kaum; ••••∘ Vorteil für Staaten: niedrige Zinslast auf eigene Schulden historische Vorbilder: USA • = unwahrscheinlich/ sehr niedrige Einbußen; ••••• = so gut wie sicher/ sehr hohe Einbußen Quelle: dpa
Instrument: Inflation zulassenAusgestaltung: Notenbanken schöpfen weiter Geld; Bürger verlieren Vertrauen; Umlaufgeschwindigkeit des Geldes steigt negativ betroffen wären/sind: Bargeld, Konten, Anleihen, Lebensversicherung Eintrittswahrscheinlichkeit: aktuell gering; langfristig wahrscheinlich; •••∘∘ wie gefährlich für das Vermögen?: Hohe Inflation kann sämtliche Geldvermögen entwerten; ••••• Vorteil für Staaten: Schulden werden nicht auf dem Papier, aber real drastisch verringert historische Vorbilder: Deutschland 1923; Frankreich 18. Jahrhundert; Zimbabwe 2009 Quelle: dpa
Instrument: NegativzinsAusgestaltung: Notenbank setzt negativen Leitzins fest; Banken legen negative Zinsen auf die Guthaben von Sparern um oder verteuern Gebühren/Kredite negativ betroffen wären/sind: Konten Eintrittswahrscheinlichkeit: ist bereits in der Diskussion; •••∘∘ wie gefährlich für das Vermögen?: Erspartes leidet nominal durch Negativzinsen und real durch Inflation ••••∘ Vorteil für Staaten: höheres Wachstum durch ausgeweitete Kreditvergabe erhofft historische Vorbilder: Schweiz 1964, 1970er; Schweden; Dänemark Quelle: dpa
Instrument: VermögensabgabeAusgestaltung: Staat schneidet sich von allen Vermögenswerten einmalig ein Stück ab negativ betroffen wären/sind: Konten, Aktien, Anleihen, Immobilien Eintrittswahrscheinlichkeit: wird diskutiert, aber starker Widerstand zu erwarten; ••∘∘∘ wie gefährlich für das Vermögen?: je reicher desto härter; ••••∘ Vorteil für Staaten: kann Schulden sofort drastisch senken historische Vorbilder: Deutschland 1918/19, 1952 Quelle: dpa
Instrument: ZwangsanleiheAusgestaltung: Staat zwingt Bürger, einen Teil ihres Vermögens in Staatsanleihen zu packen; wird (teilweise) zurückgezahlt negativ betroffen wären/sind: Konten, Aktien, Anleihen, Immobilien Eintrittswahrscheinlichkeit: wird diskutiert, aber starker Widerstand zu erwarten; ••∘∘∘ wie gefährlich für das Vermögen?: hängt von Rückzahlungen ab; •••∘∘ Vorteil für Staaten: verschafft Spielraum bis zum Rückzahlungsdatum historische Vorbilder: Deutschland 1914, 1922/23 Quelle: dpa
Instrument: Neue SteuernAusgestaltung: Vermögensteuer, zum Beispiel ein Prozent auf steuerpflichtiges Vermögen (nach Abzug von Freibeträgen) negativ betroffen wären/sind: Vermögen generell Eintrittswahrscheinlichkeit: politische Forderung; ••••∘ wie gefährlich für das Vermögen?: für Vermögende; •••∘∘ Vorteil für Staaten: weitere Einnahmen historische Vorbilder: Deutschland, wurde 1997 abgeschafft Quelle: dpa
Instrument: Neue SteuernAusgestaltung: Transaktionsteuer von 0,1 Prozent auf Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent auf Derivate; fällig für jedes Geschäft negativ betroffen wären/sind: Aktien, Anleihen, Derivate; indirekt auch Fonds und Lebensversicherungen Eintrittswahrscheinlichkeit: politisch herrscht Konsens; ••••• wie gefährlich für das Vermögen?: drückt auch Rendite von Fonds und Versicherungen; •••∘∘ Vorteil für Staaten: weitere Einnahmen historische Vorbilder: Deutschland 1881–1991; Schweden 1985–1992 Quelle: dpa

Chemie und Stahl

Produktionsanlagen in den USA helfen jedoch nicht nur bei der Absicherung. Mit ihnen lässt sich jetzt auch am starken Dollar verdienen. Das macht der Chemieriese BASF aus Ludwigshafen vor, der im amerikanischen Markt den Platz des drittgrößten Chemieunternehmens einnimmt. „Eine ganzjährige Aufwertung des Dollar um einen Cent gegenüber dem Euro steigert bei sonst gleichen Bedingungen das Ergebnis der BASF um etwa 50 Millionen Euro“, sagt ein Sprecher.

Auf ähnliche Weise profitiert auch ThyssenKrupp. Der Stahlkonzern baut Aufzüge in Middleton im US-Bundesstaat Tennessee und managt in Wichita, Kansas, als Dienstleister für den Flugzeugbauer Boeing dessen komplette Lieferkette. Insgesamt 22 große Standorte betreibt das Unternehmen in den USA, fast 15.000 Mitarbeiter erwirtschaften dort einen Umsatz von umgerechnet 6,9 Milliarden Euro, knapp 17 Prozent des Konzernumsatzes. Da das US-Geschäft derzeit profitabel sei, könne sich der Gewinnrückfluss durch einen aufwertenden Dollar erhöhen, hoffen die Essener. Zu Hause in Deutschland profitiert das Stahlunternehmen von der steigenden Nachfrage nach deutschen Autos, schließlich ist die Autoindustrie für ThyssenKrupp der größte Abnehmer von Stahl und Fahrzeugkomponenten.

Inhalt
  • Gewinner und Verlierer der Dollarstärke
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