Brasilien Prozess um illegale Wahlkampagne beginnt

Inmitten der politischen Querelen um Schmiergelder und Korruption wird es für den brasilianischen Präsidenten immer enger. Jetzt untersucht der Wahlgerichtshof, ob er und Dilma Rousseff illegale Finanzhilfe bekamen.

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Sao Paulo Der höchste Wahlgerichtshof Brasiliens hat begonnen, über eine mögliche illegale Wahlkampffinanzierung um den amtierenden Präsidenten Michel Temer zu entscheiden. Richter Herman Benjamin, der als Sonderermittler in dem Fall eingesetzt ist, trug am ersten Prozesstag am Dienstag seine Ergebnisse vor. Sollte das Gericht entscheiden, dass Temer und seine Vorgängerin Dilma Rousseff illegale Wahlkampfgelder bekamen, könnte das den ohnehin angeschlagenen Temer das Amt kosten. Die Sitzung sollte mehrere Tage dauern.

Der Druck auf Temer, seinen Posten zu räumen, wächst bereits seit mehreren Wochen wegen Vorwürfen der Korruption. Richter Benjamin betonte jedoch, der Prozess beruhe auf Fakten, nicht auf politischen Überzeugungen. Ein Richter des Obersten Gerichtshofs, Gilmar Mendes, der dem Wahlgerichtshof beisitzt, nannte den Prozess gegen Temer eine „großartige Lernerfahrung“.

Der Prozess war von der Partei der brasilianischen Sozialdemokratie (PSDB) angestoßen worden, nachdem deren Kandidat Aécio Neves die Präsidentschaftswahl gegen Rousseff und deren Vize Temer verloren hatte. Seitdem Rousseff im vergangenen Jahr des Amtes enthoben wurde, ist die PSDB eigentlich ein wichtiger Verbündeter von Temer.

Sollte der Wahlgerichtshof entscheiden, dass Rousseff und Temer ihre Kampagne mit illegalen Geldern finanzierten, würde das Mandat Temers annulliert werden. Es wäre das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass ein Präsident wegen einer Entscheidung des Wahlgerichtshofs sein Amt verliert.

Der brasilianische Kongress müsste dann einen Nachfolger bestimmen, der Temers Amtszeit bis Dezember 2018 beendet. Temer, dessen Umfragewerte in der Bevölkerung derzeit bei nur acht Prozent liegen, hatte jedoch bereits angekündigt, in diesem Fall in Berufung zu gehen. Rousseff und Temer wiesen die Vorwürfe bisher zurück.

Für den (heutigen) Mittwoch und Donnerstag sind weitere Sitzungen angesetzt. Die Richter können diese jedoch jederzeit verschieben und weitere Untersuchungen anfordern. Am Mittwoch sollte sich das Gericht mit Aussagen von Mitarbeitern der Baufirma Odebrecht befassen. Die Anwaltsteams von Rousseff und Temer fordern, dass diese für den nun laufenden Prozess aber nicht zugelassen werden. Sie argumentieren, dass die Aussagen im Rahmen einer Untersuchung wegen Schmiergeldern im Zusammenhang mit der staatlichen Öl-Firma Petrobras entstanden und damit über die Untersuchungen gegen Temer und Rousseff hinausgingen.

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