Brasiliens Regenwald Das schmutzige Geschäft mit dem Amazonas-Gold

Der Regenwald im Amazonasgebiet in Brasilien. Damit nach Gold gesucht werden kann, müssen zunächst Flächen im Wald gerodet und abgebrannt werden. Quelle: dpa

Kaum etwas in Brasiliens Regenwald weckt solche Begehrlichkeiten wie das Gold im Boden. Doch die Förderung des Edelmetalls zerstört die Natur und den Zusammenhalt der indigenen Bevölkerung.

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Auf der Travessa Treze de Maio und der Travessa Joao Pessoa wird Gold zu Geld gemacht. Wenn die Garimpeiros – die Goldschürfer – nach Tagen und Wochen in den schlammigen Minen tief im brasilianischen Dschungel nach Itaituba zurückkehren, kommen sie zuerst in die beiden Straßen, um in den kleinen Läden wie Ouro e Joias, Gold Minas und D'Gold zu verkaufen, was sie dem Boden in mühevoller Arbeit entrissen haben.

Auf Postern in einem der Geschäfte werden den Schürfern satte Gewinne versprochen. Ein junger Mann hält dicke Geldbündel in die Kamera. Doch die Arbeit der Garimpeiros ist hart. Mit Wasser lösen sie Erdreich und Steine am Boden des Tagebaus, der Schlamm wird dann über einen Schlauch nach oben gebracht und gefiltert.

„Du wachst morgens um vier Uhr auf und gehst runter in das Loch. Du arbeitest. Du forderst Wasser an – das Wasser kommt. Dann fordern sie mehr Material an. Du machst nie eine Pause“, erzählt ein Mann, der vier Monate lang Hunderte Kilometer von Itaituba entfernt, tief im Bundestaat Pará, nach Gold gesucht hat. „Man arbeitet zwölf Stunden. Dann kommt man aus dem Loch, isst zu Abend, schläft und macht am nächsten Tag wieder das Gleiche.“

Es ist ein raues Geschäft und doch zieht es immer wieder Männer aus dem ganzen Land in das Amazonasgebiet, um in den Minen ihr Glück zu suchen. „Letztendlich ist es so: Es ist der schnellste Weg, um Geld zu machen“, sagt der ehemalige Goldschürfer. Garimpeiros, die mit bloßen Händen in den Löchern arbeiten, erhalten 30 Prozent des Goldes. Die Männer, die mit Maschinen arbeiten, bekommen 16 Prozent. In zwei Wochen könne man in den Minen somit das Gleiche verdienen wie in einem regulären Job in zwei Monaten, sagt der ehemalige Goldschürfer.

Brasilien ist reich an Bodenschätzen. Im größten Land Lateinamerikas gibt es Vorkommen von Eisenerz, Mangan, Bauxit, Kupfer und Zinn. Mit geschätzt 2400 Tonnen verfügt Brasilien über 4,4 Prozent der weltweit noch nicht abgebauten Goldvorkommen. Für Brasiliens rechten Präsidenten Jair Bolsonaro stellen die Bodenschätzen ein enormes wirtschaftliches Potenzial dar. „Unter dem Regenwald liegt Reichtum“, sagte er einmal.

Wenn es um Umweltfragen geht, verbittet sich der schneidige Ex-Militär jede Einmischung aus dem Ausland. Er wittert hinter der Kritik an seiner laxen Naturschutzpolitik finstere Mächte, die sich des Reichtums der Amazonasregion bemächtigen wollen. „Es geht nicht um die Indios oder die verdammten Bäume, es geht ums Erz“, sagte er kürzlich vor Bergleuten in Brasília.

In den indigenen Schutzgebieten ist die Goldförderung meist illegal, eine Genehmigung zu erhalten, ist nach Angaben der Garimpeiros so gut wie unmöglich. „Ich würde meine Mine gerne legalisieren, um ordentlich arbeiten zu können“, sagt der Chef des örtlichen Verbands der Goldsucher, Leo Rezende. „Wenn meine Mine legal wäre, könnte auch das Gold besteuert werden. Das wäre gut für die ganze Region.“

Allerdings ist die Goldförderung auch mit enormen Schäden für die Natur verbunden. Damit die Garimpeiros nach dem wertvollen Edelmetall suchen können, müssen zunächst Flächen im Wald gerodet und abgebrannt werden. Neben den Holzfällern und den Farmern sind die Goldschürfer somit die größte Gefahr für den Regenwald.

„Wenn wir heute über das Amazonasgebiet sprechen, über die Feuer und den illegalen Bergbau, müssen für auch über die Schäden durch Quecksilber sprechen“, sagt der Arzt Erik Jennings, der Indigene in der Region behandelt. Quecksilber wird benutzt, um Goldpartikel aus dem Schlamm zu extrahieren und zu konzentrieren. Allerdings gelangt der giftige Stoff dadurch auch immer wieder in die Umwelt.

Seit den 1990er Jahren kommen immer wieder Patienten zu Jennings, die zittern und deren Körper steif sind. Entweder sie sind in Kontakt mit Quecksilber-Dämpfen gekommen oder haben mit Quecksilber belasteten Fisch gegessen. „Das ist ein ernstes Problem, denn die Bevölkerung hier ernährt sich hauptsächlich von Fisch“, sagt der Neurochirurg.

Das indigene Volk der Munduruku fordert von der Regierung schon lange, dass sie ihr angestammtes Land vor den illegalen Goldschärfern beschützt. Aus ihrer Sicht zerstören die Garimpeiros die sozialen Netzwerke in der Region, weil einige Indigene selbst in dem illegalen Geschäft mitmischen, andere aber dagegen kämpfen. „Die Älteren werden müde und die Jüngeren machen bei der Goldförderung mit“, sagt die Studentin Alessandra Munduruku. „Den Bergbau in die indigenen Territorien zu bringen, bedeutet, Tod zu bringen – für uns und für künftige Generationen.“

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